Rede Hans-Joachim Janßen: Antrag (FDP) zur Agrarpolitik

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Herr Grupe, Ihre agrarpolitische Sicht der Dinge hat mit der Wirklichkeit absolut gar nichts zu tun, das zeigt dieser Antrag in aller Deutlichkeit.

Ihre These, der Weltmarkt werde es schon richten, ist von der aktuellen Entwicklung bei den Milchpreisen definitiv widerlegt. Ihr Ansatz ist blanker Unsinn.

Sie fabulieren von einer aktuellen Nachfrageschwäche im Handel mit China. Das ist aber keine aktuelle Nachfrageschwäche, sondern eine Normalisierung der Situation: Die Chinesen hatten einen Milchpulver-Skandal und haben daraufhin verstärkt Milchpulver in Europa eingekauft und jetzt sind die Lager voll. Wenn Sie den Bauern weiß machen wollen, das sei nur eine augenblickliche Schwäche und das werde sich alles schon wieder beruhigen, dann streuen Sie ihnen bewusst Sand in die Augen. Glauben Sie denn ernsthaft, wir könnten in Deutschland zu einem Preis Milch produzieren, der mit China konkurrieren kann? Das kann ich mir nicht vorstellen.

Anrede,

Sie und auch Teile des Landvolks wollen mit den Hinweisen auf China und Russland nur von einer völlig falschen Politik gegenüber den Bäuerinnen und Bauern ablenken. Der Preisverfall ist überwiegend eine unmittelbare Folge des Wegfalls der Milchquote. Im Zuge des Wegfalls der Quote ist die Milchmenge erheblich ausgeweitet worden (14% in 4 Jahren zugenommen in Nds) und das drückt gewaltig auf den Preis, weil die Nachfrage nicht entsprechend reagiert. Es trinkt nun mal keiner mehr Milch, nur weil die jetzt 5 Cent billiger ist. Ihnen als angeblicher Marktwirtschaftspartei dürfte klar sein: Steigende Menge bei stagnierender Nachfrage heißt sinkende Preise. Und so einfach ist dann auch die Lösung: Die Menge muss runter, sie muss der Nachfrage – und zwar der Nachfrage im europäischen Binnenmarkt – wieder angepasst werden. Dann steigen auch die Preise wieder.

Wenn wir keine geordnete Mengenreduzierung vornehmen, sinkt die Menge langfristig auch: die großen Betriebe schlucken die kleinen, bäuerliche Betriebe bleiben auf der Strecke, die kapitalkräftigsten Betriebe überleben.

Da von China, vom Russland-Embargo und von internationalen Absatzmärkten zu fabulieren ist nur noch zynisch gegenüber den bäuerlichen Familienbetrieben, die sich Sorgen um ihre Existenz machen. Erklären Sie den Menschen endlich Ihre wahren agrarpolitischen Absichten.

Meine Damen und Herren von der FDP, aber auch von der CDU,

Ihr grundlegender agrarpolitischer Ansatz ist meines Erachtens falsch. Landwirtschaft ist kein marktwirtschaftliches System wie Sie meinen. Landwirtschaft hängt zu über 50% von staatlichen Transfers ab. Flächenprämien und Ausgleichszahlungen sind aber kein Naturgesetz, sondern Ergebnis politischer Entscheidungen. Und diejenigen die das bezahlen, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler fragen nach, wofür die Steuern ausgegeben werden. Diese Frage wird von einer Gesellschaft gestellt, die mehr Tierschutz fordert, die nicht mehr bereit ist, die Umweltauswirkungen der Massentierhaltung hinzunehmen und die nicht mehr bereit ist, die Landschaft ihrer Umgebung als pure Maiswüsten zu erleben.

Anrede,

und wenn wir ihre Antwort geben, meine Damen und Herren von der FDP: Mehr Weltmarkt, bloß nicht rein reden in eine angebliche Marktwirtschaft die keine ist, bloß keine Kritik an den agrarindustriellen Auswüchsen: dann ist ziemlich schnell die gesellschaftliche Akzeptanz und auch ziemlich schnell das Geld weg. Agrarsubventionen sind Ausdruck eines gesellschaftlichen, eines politischen Willens, Leistungen der Landwirtschaft zu fördern, die über die bloße Produktion von Nahrungsmitteln hinausgehen.

Mangelnde gesellschaftliche Akzeptanz der Agrarwirtschaft liegt übrigens weder am Minister Meyer noch an uns Grünen insgesamt: Wir haben Landwirte zu keiner Zeit pauschal diffamiert, wie Sie immer behaupten. Das ist ihre üble Nachrede. Wir nehmen gesellschaftliche Trends auf und versuchen auf eine Landwirtschaft hinzuwirken, die gesellschaftliche Akzeptanz erfahren kann – damit Landwirtschaft und insbesondere Tierhaltung auch in 20 Jahren in Deutschland noch möglich ist.

Anrede,

es ist eben nicht alles gut in der Landwirtschaft: wir haben örtlich zu hohe Düngermengen auf den Feldern, Antibiotikaresistenzen sind eine Gefahr und die Nutztierhaltung ist eben nicht immer artgerecht. Die Menschen in unserem Lande wollen Tierschutz, sie wollen Kühe die auf der Weide grasen und keine Riesenställe mit Tausend oder mehr Kühen, wo Weidegang nicht mehr möglich ist.

Wir setzen die öffentlichen Mittel gezielt dafür ein, die öffentlichen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern zu honorieren. Das machen wir mit den Tierprämien im ELER und mit einem deutlichen Ausbau der Agrarumweltprogramme statt undifferenziert in Stallbaumaßnahmen oder in Flurbereinigungen alten Stils zu fördern. Deshalb treten wir für eine stärkere Umschichtung der Gelder aus der ersten Säule ein, die immer mehr zu einer Landbesitzerprämie wird. Deshalb treten wir dafür ein, die Milchmenge politisch gesteuert zu reduzieren, statt einen Wettbewerb darüber zu organisieren, wer die ruinösen Preise am längsten durchhält.

Anrede,

Ihre Politik meine Damen und Herren von der FDP, führt große Teile der Landwirtschaft in Niedersachsen in den Ruin. Das wollen wir und das werden wir verhindern.

Vielen Dank

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