Rede Hans-Joachim Janßen: Aktuelle Stunde (CDU) zur Goldenstedter Wölfin

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

schön, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie bereits alles wissen und insbesondere so sicher sind, dass tatsächlich effiziente Wolfsabwehrmaßnahmen durchgeführt wurden. Das vereinfacht die Sache ungemein, auch dass Sie sich augenscheinlich nicht die Mühe machen, die Voraussetzungen, die für die Entnahme oder Tötung eines Wolfes vorliegen müssen, mal nachzulesen. Die Tötung des Wolfes als streng geschützter Tierart bedarf einer Ausnahmegenehmigung nach §45 Absatz 7 des Bundesnaturschutzgesetzes. Diese Ausnahme kann erteilt werden nach §45 Absatz 7 Ziff. 1 Bundesnaturschutzgesetz unter anderem zur Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden. Das ist wohl der Passus, der hier am ehesten zutrifft. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend zu machen, dürfte eher schwierig sein. Dass die Schäden erheblich sind, kann man insgesamt unterstellen, allerdings ist die tatsächlich nachgewiesene Zahl an Schafsrissen deutlich geringer als von Ihnen genannt und immer wieder kolportiert, sie dürfte unter 50 liegen.

Eine Ausnahme darf aber auch nur dann zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind. Da stellt sich die Frage, was denn zumutbar ist? Zumutbar ist in der Regel die Errichtung eines wolfsabweisenden Zaunes. Stellt sich die Frage, wie hoch er denn sein muss, um noch zumutbar zu sein? Das muss im Einzelfall betrachtet werden: stationärer oder mobiler Zaun zum Beispiel. Bei einem stationären Zaun wären auch mehr als 1,60m zumutbar, bei einem mobilen Zaun wird es schwierig mit dem Handling. Dann aber stellt sich die Frage, ob eine Änderung der Haltungssysteme zumutbar ist, wie z.B. nächtliche Stallhaltung. Auch das kann nur im Einzelfall beurteilt werden.

Und schließlich: sind Herdenschutzhunde als Auflage zumutbar?

Auch das ist wieder eine Frage des Einzelfalls: für einen Berufsschäfer mit 500 oder 1000 Schafen wird das eher zumutbar sein als für den Nebenerwerbsschäfer mit 50 Schafen. Wegen des völlig unverhältnismäßigen Aufwandes wird der Einsatz von Herdenschutzhunden eher nicht zumutbar sein. Oder juristisch ausgedrückt: Nach Auffassung des BVerwG darf eine Alternativlösung auch dann als unzumutbar verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (BVerwG Urteil vom 12.03.2008 (9A-3.06).

Wie Sie sehen, eröffnet sich hier ein weites Feld unterschiedlicher Einschätzungen. Was den wirtschaftlichen Schaden betrifft, wird er durch Zahlungen des Umweltministeriums für die Betroffenen begrenzt – weil die Mehrheit dieser Gesellschaft den Schutz und die Rückkehr des Wolfes im Wert höher ansiedelt. Ich gebe aber durchaus zu, dass immer auch ein seelischer Schaden entsteht, der nicht zu kompensieren ist.

Fakt ist: Zumindest einmal hat die Wölfin von Goldenstedt einen Zaun von 1,05m Höhe übersprungen, über den eine Litze gespannt war. Die übrigen Fälle waren nicht oder nicht ausreichend geschützte Schafbestände. Hier kann bislang von regelmäßiger Überwindung ausreichend herdenschützender Maßnahmen bislang nicht die Rede sein. Aber wir kommen auch an eine Grenze des Zumutbaren.

Möglicherweise kann noch nachgerüstet werden – z.B. bei der Höhe der Zäune, beim Einsatz von Herdenschutzhunden dort, wo es zumutbar ist und bei der Frage der Haltungsart. Sollte die Goldenstedter Wölfin aber auch dann so optimal geschützte Tiere anfallen, ist aus meiner Sicht die Entnahme rechtlich zulässig, weil ohne zumutbare Alternative und dann auch unumgänglich. Ob das dann tatsächlich so ist, werden abschließend Gerichte klären: Eine fehlerhafte Genehmigung kann  einen Straftatbestand darstellen und mit Sicherheit wird nach Entnahmezulassung jemand Strafanzeige stellen. Auch deshalb ist sorgfältiges Abwägen und Beachtung der Rechtsgrundlagen erforderlich.

Meine Damen und Herren,

die nds. Landesregierung handelt im Übrigen hier nicht anders als die sächsische schwarz-rote Landesregierung beim Milkener Rudel: erst durch Zaunerhöhungen und durch den Einsatz von Herdenschutzhunden konnte dieses Rudel von den damals in der Region gehäuft auftretenden Schafsrissen abgebracht werden konnte.

Insofern handelt die CDU hier wohlfeil: Sie steht nicht in der Verantwortung und kann munter populistische Forderungen erheben. Kommen Sie mal zurück auf den Teppich.

 

Vielen Dank

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