Rede Hans-Albert Lennartz: Hilfspolizei gescheitert! – Die Sicherheit im Land wird allein durch die niedersächsische Polizei bestens gewährleistet

Anrede,

am Montag dieser Woche haben Sie, Herr Innenminister, Ihr Konzept des "freiwilligen Ordnungs- und Streifendienstes" vor Vertretern von Kommunen präsentiert.

Das war ja nun nicht der Auftakt sondern das war eine Art "Lüchow-Dannenberg-zum-Zweiten". In Sachen Lüchow-Dannenberg hatten Sie einen Gesetzentwurf präsentiert, den Sie zurückzogen haben um dann eine wesentlich abgeschwächte Form erneut als Gesetzentwurf zu präsentieren. Der ist inzwischen beschlossen.

In Sachen Hilfspolizei haben Sie im Frühjahr 2005 einen ersten Vorstoß unternommen. Das damalige Konzept sah vor, dass ehrenamtliche Hilfspolizisten quasi polizeiliche Befugnisse übertragen bekommen: Ausweiskontrollen, Ingewahrsamnahmen, Platzverweise etc. Nachdem dieses Konzept erfreulicherweise wegen des Widerstands auch der FDP keine Mehrheit finden konnte, haben Sie nun eine "Hilfspolizei-light" vorgeschlagen. In Ihrer Präsentationsrede haben Sie gesagt, dass die Landesregierung mit der Umorganisation der Polizei deren Arbeit verbessert habe. Dann stellt sich die Frage: warum dann zusätzlich noch eine Hilfspolizei?

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Herr Witthaut, prognostiziert, dass bei Realisierung dieses Konzepts die Polizeipräsenz in der Fläche nicht verbessert werde und dass man anschließend auf das Modell der Hilfspolizei verweisen werde, um das subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken. Das ist ein entscheidendes Muster Ihrer Argumentation. Sie feiern die steigenden Aufklärungsquoten, wenn Sie die Kriminalstatistik vorstellen. Sie wissen, dass es eine massive Diskrepanz zwischen subjektivem Sicherheitsgefühl, insbesondere älterer Menschen, und der objektiven Sicherheitslage gibt. Sie bedienen mit dem Projekt einer Hilfspolizei eine wichtige Zielgruppe Ihrer Wählerinnen und Wähler. Das ist in unseren Augen der Kern Ihres Antriebs.

Interessanterweise haben kürzlich bei einer Podiumsdiskussion mit den Spitzenkandidaten zur Oberbürgermeisterwahl in Hameln auf Einladung des Hamelner Frauenverbands diejenigen, die sich gegen ein solches Konzept ausgesprochen haben, und das waren alle mit Ausnahme des CDU-Vertreters, deutlichen Beifall erhalten und das überwiegend von Frauen zwischen 50 und 65 Jahren. Solche Erfahrungen empirischer Art sollten Sie sich vielleicht auch einmal vergegenwärtigen.

Sie argumentieren widersprüchlich: Die Hilfspolizei soll Jedermann-Rechte haben, beispielsweise Straftäter bis zum Eintreffen der Polizei festhalten könne. Ein solcher Einsatz werde aber immer nur der Ausnahmefall sein, sagen Sie in Ihrer Präsentationsrede. Kurz zuvor sagen Sie in dieser gleichen Rede "Ich würde es gern sehen, wenn wir den freiwilligen Ordnungs- und Streifendienst mit  - eng begrenzten – hoheitlichen Befugnissen ausstatten könnten."

Was sind solche hoheitlichen Befugnisse? Platzverweise, Bußgeldbescheide, die Ausübung unmittelbaren Zwangs.

Die Hilfspolizei soll mehr sein als eine Sammlung engagierter ehrenamtlicher Bürger. Sie sollen gezielt auf Fehlverhalten oder Missstände reagieren. Die Ausbildung von 30-40 Stunden unter Einbeziehung der Polizei ist Bestandteil des Konzepts. Das entspricht dem Umfang einer Ausbildungswoche der Polizeianwärter. Warum dauert dann eine Ausbildung für Polizeianwärterinnen und -anwärter 3 Jahre? Und zwar mit gutem Grund.

Kein Wort sagen Sie zur Aufwandsentschädigung, die Sie planen. Ich kann auch verstehen warum, denn das löst sichtliche Irritationen, insbesondere im Bereich der Feuerwehren aus. Die Feuerwehrleute erhalten ja bekanntlich keine Aufwandsentschädigung, warum sollen Ehrenamtliche, die Polizeifunktionen wahrnehmen oder, wie Sie sagen, Jedermann-Rechte wahrnehmen, Aufwandsentschädigungen erhalten?

Wir fordern die Landesregierung mit unserem Entschließungsantrag auf die Bemühungen einzustellen ein solches Konzept der freiwilligen Hilfspolizei zu gründen, weil

  1. die Notwendigkeit einer Hilfspolizei in den Kommunen nicht besteht,
  2. die öffentliche Sicherheit Sache der Polizei bleiben muss,
  3. polizeiliche Fußstreifen und Kontaktbeamte den Bürgerinnen und Bürgern schon jetzt Sicherheit bieten und außerdem hohe Akzeptanz finden,
  4. durch die Zahlung einer Aufwandsentschädigung für die Angehörigen der Hilfspolizeieinheiten eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu den Angehörigen der freiwilligen Feuerwehren installiert werden würde.

Wer macht denn nun mit? Hannover? Braunschweig? Lüneburg? Hameln? Achim?

Ihre Leute haben ganz schön zu tun um in CDU-regierten Gemeinden Unterstützung und Bereitschaftserklärungen abzufordern.

Anrede,

wer sich so aus dem Fenster hängt, darf sich nicht wundern, wenn die Liste der Misserfolge und Patzer größer wird. Als jüngstes Beispiel sei noch einmal die Notbremse in Sachen Lüchow-Danneberg-Gesetz genannt. Dem folgt wahrscheinlich demnächst die Konzeption der bunten Leitstellen.

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