Rede Hans-Albert Lennartz: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Gemeindeordnung und anderer Gesetze

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Anrede,
der vorliegende Gesetzentwurf wurde vom Kabinett am 16.2.2005 beschlossen. Die Einbringung erfolgte am 23. 2., im Innenausschuss fand am 6.4. eine umfangreiche Anhörung statt.
Worum geht es?
Zum ersten soll mit dem Gesetzentwurf die kaufmännische Buchführung, verpflichtend für alle niedersächsischen Kommunen, bis 2012 eingeführt werden. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen.
Aber niemand sollte glauben, dass damit die finanzwirtschaftlichen Herausforderungen der Kommunen in Niedersachsen gelöst werden können. Die hohe Verschuldung der Kommunen lässt sich nur über eine Verbesserung der Einnahmeseite lösen. Wir warten mit Spannung auf die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen in Berlin. Dann können wir beurteilen, ob es der geplanten großen Koalition gelingen könnte, dazu einen Lösungsansatz zu liefern. Wir sind allerdings eher skeptisch, was diese Frage angeht. Die Einführung der kaufmännischen Buchführung ist ein wichtiges Steuerungsinstrument.
Allerdings enthält das konkrete im Gesetzentwurf vorliegende Paket einige gravierende Schwächen:
Insbesondere die Einheitlichkeit ist für Niedersachsen nicht gewährleistet, wenn Kommunen, die bereits die Doppik eingeführt haben, in punkto Vermögensbewertung und/oder Vermögensspaltung anders verfahren können, als die Kommunen, die es in Zukunft tun werden.
Schließlich sind die Kosten der Einführung der Doppik und die Frage, wer sie zu tragen hat, ein Problempunkt. Die kommunalen Spitzenverbände weisen zu Recht darauf hin, dass mit dem Gesetzesvorhaben erhebliche zusätzliche Kosten anfallen werden. So musste beispielsweise die Modellkommune Uelzen für die Einführung der Doppik innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren etwa 1,1 Mio. Euro aufbringen.
Es ist für meine Begriffe kein Zufall, dass Sie die Konnexität noch immer nicht in der Verfassung verankert haben. Denn wäre sie bereits verankert, so würden die Einführung der Doppik und die dadurch entstehenden Kosten tatsächlich unter die Konnexitätsregelung fallen. Auch deswegen haben Sie es mit der Durchsetzung dieses Gesetzentwurfes so eilig.
Anrede,
damit komme ich zum zweiten, dem wichtigsten und problematischsten Punkt, nämlich der Änderung des § 108 Abs. 1, Satz 2, Nr. 3. Es geht um die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen. In der jetzt geltenden Bestimmung heißt es, dass die Kommunen sich wirtschaftlich dann betätigen können, wenn "der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann". Ihre vorgesehene Änderung sieht vor, dass die Kommunen sich nur dann wirtschaftlich betätigen können, wenn "der öffentliche Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann".
Unser Antrag, in den Gesetzentwurf die bisher geltende Regelung wieder aufzunehmen, wurde im Innenausschuss abgelehnt.
Die Notwendigkeit dieser Änderung wurde in der Begründung nicht dargetan.
Es handelt sich um einen gravierenden Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Kommunen bei der Auswahl der geeigneten Form zur Erfüllung öffentlicher Zwecke einen Vorrang privater Dritter beachten müssen.
Würde es die beabsichtigte Regelung schon jetzt geben, so wäre die Bildung der landesweit als Erfolgsmodell zur starken Reduzierung der Arbeitslosigkeit bekannt gewordene Wolfsburg-AG nicht möglich gewesen.
Ich verstehe die CDU nicht. Sie unterwerfen sich der "Private-First"-Ideologie der FDP. Ihre Landräte und Oberbürgermeister knirschen mit den Zähnen. Die aus wirtschaftlicher Betätigung möglichen Gewinne (und Konzessionsabgaben) werden in Zukunft nur unter erschwerten Bedingungen noch fließen.
Wie Sie das angesichts der Verschuldung der niedersächsischen Kommunen vertreten wollen ist uns rätselhaft.
Anrede,
Sie handeln absolut unverantwortlich.
Ihr Geschäft mit der FDP ist bizarr. Damit die FDP Ihr durchgepauktes Studienmodell unterstützt, verkaufen Sie die Interessen niedersächsischer Kommunen.
Ihre "neue Vertrauenskultur gegenüber den Kommunen" ist aufs brutalste konterkariert. Diesem Gesetz können wir unsere Zustimmung nicht geben.

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