Rede Gerald Heere zur Einbringung des Haushalts 2014

- es gilt das gesprochene Wort -

 

Sehr geehrter Herr Präsident,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

die rot-grüne Landesregierung hat hier heute einen Haushaltsentwurf vorgelegt, der den Wandel, den die Menschen am 20. Januar dieses Jahres gewählt haben, eindrucksvoll dokumentiert. Vielen Dank dafür!

Wie meine Vorrednerinnen aus dem Regierungslager bereits betont haben, enthält dieser Haushaltsentwurf neue inhaltliche Schwerpunkte verbunden mit einer soliden und v.a. ehrlichen Finanzplanung für die nächsten Jahre. Die vorherige schwarz-gelbe Landesregierung hatte uns einen Haushalt für 2013 hinterlassen, der ein strukturelles Defizit von 1,3 Mrd. Euro aufwies - nach Abgrenzung des Stabilitätsrats. Wir reduzieren dies in einem ersten Schritt schon mal auf 936 Mio. Euro, bei einer Nettokreditaufnahme von 720 Mio. Euro - und wir werden dies weiter kontinuierlich reduzieren, um spätestens – ausdrücklich spätestens - im Jahr 2020 das grundgesetzliche Neuverschuldungsverbot einzuhalten. Und anders als Sie, werden wir unsere Kreditaufnahme auch nicht mehr durch eine hohe Rücklagenentnahme verschleiern. Herr Hilbers hat eben behauptet, die alte Regierung hätte in 2012 nur 230 Mio. Schulden aufgenommen. Verschwiegen haben Sie jedoch, dass Sie in dem Jahr 553 Mio. Euro aus der Rücklage entnommen haben. Dadurch haben Sie eine entsprechend geringere Neuverschuldung vortäuschen können. Wir reduzieren auch dies jetzt auf nur noch 110 Mio. Euro und führen dies bis übernächstes Jahr auf Null. Rot-Grün macht mit all dem vor, was eine realistische und nachvollziehbare Finanzplanung bedeutet.

Sie - meine Damen und Herren von CDU und FDP - haben hier heute wieder das völlig unrealistische Wolkenkuckucksheim aufgebaut, man könne die Neuverschuldung bereits bis 2017 auf Null reduzieren. Was Sie dabei unerwähnt lassen: Sie hatten in ihrer letzten MiPla hierzu einen ungedeckten Scheck vorgelegt. Für 2014 waren dies nicht realisierbare Beteiligungsveräußerungen von 110 Mio. Euro, eine unzureichende Vorsorge für Tariferhöhungen, ein ungedeckter allgemeiner Handlungsbedarf von 139 Mio. Euro sowie zu optimistische Steuerschätzungen. Und das zieht sich fort in die Folgejahre. Außerdem haben wir in ihrem letzten Haushalt diverse Posten vorgefunden, für die Sie in der MiPla keine ausreichende Vorsorge getroffen haben. Wir hingegen bewältigen jetzt all diese unfinanzierten Lücken, die Sie uns hinterlassen haben, und schaffen zugleich neue inhaltliche Prioritäten. Das ist die Leistung von Rot-Grün.

Und wenn Sie vor diesem Hintergrund jetzt trotzdem erneut wiederholen, eine Schuldenbremse 2017 wäre möglich, dann bin ich schon jetzt gespannt auf ihre Kürzungsvorschläge im Haushaltsverfahren. Dann müssen Sie nämlich endlich liefern und den Menschen ehrlich sagen, ob sie eher bei Bildung und Betreuung, bei Krankenhäusern oder der Infrastruktur den Rotstift anlegen wollen. Spätestens dann wird auch dem Letzten klar werden, wer die Zukunftsthemen wirklich anpackt und dies mit einer realistischen Finanzplanung verbindet. Denn das sind SPD und Grüne in Niedersachsen!

Die rot-grüne Landesregierung zeigt mit diesem Entwurf, dass wir nicht einfach nur mehr Geld ausgeben, sondern dass wir auch vor Umschichtungen und schmerzhaften Kürzungen nicht zurückschrecken. Dazu gehört sicher die verzögerte Auszahlung der Gehaltsanpassungen für Beamtinnen und Beamte erst zum Juni 2014. Ich könnte da auch noch diverse Beispiele in allen Einzelplänen nennen. Die größte Öffentlichkeitswirkung haben aber sicher die Sparbeschlüsse zur Umsetzung des ambitionierten Bildungsprogramms. Hierzu soll die Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrerinnen und -lehrer um eine Stunde erhöht und eine weitergehende Altersermäßigungen für alle Lehrkräfte ausgesetzt werden. Für diese Einsparungen müssen wir insbesondere von den Betroffenen viel Gegenwind aushalten - und das wird sicher auch nicht der letzte Sparbeschluss sein, der nicht überall auf Begeisterung stoßen wird. Dennoch sind alle diese Maßnahmen finanzpolitisch richtig, denn wir wollen nach zehn schwarz-gelben Haushaltsjahren trotz begrenzter Finanzmittel endlich grundsätzlich umsteuern. Und wenn man etwas grundsätzlich ändern will, dann muss man auch die Kraft finden, selbst unpopuläre und schmerzhafte Maßnahmen durchzusetzen. Diese rot-grüne Landesregierung hat die Kraft dazu.

Ich will an dieser Stelle auch auf ihren Vorwurf eingehen, wir hätten die höchsten Steuereinnahmen der Geschichte und müssten daher mehr tun. Sie unterschlagen, dass wir bislang nur Zwischenmeldungen haben - auf das Gesamtjahr gesehen ist das Ende noch nicht absehbar und mögliche negative Veränderungen bei Zuweisungen und Finanzausgleich sind auch noch nicht eingerechnet. Und selbst wenn dann wieder ein neuer Höchststand der Steuereinnahmen herauskommt, dann ist das der Normalzustand seit Bestehen dieses Landes - mit ganz wenigen Ausnahmen. Stellen Sie sich mal vor, die Einnahmen würden standardmäßig schrumpfen - dann hätten wir hier alle gemeinsam sofort gigantische Probleme mit der Finanzierung dieses Landes. Sie unterschlagen außerdem jährliche Lohnsteigerungen, die Inflationsrate, die Abnutzung (= Wertverlust) von Landesstraßen und Brücken, für deren Instanthaltung wir eigentlich noch deutlich mehr Geld ausgeben müssten, oder die Abnutzung der Landesliegenschaften, der wir jetzt mit dem Ende des Baumoratoriums ein Stück weit begegnen. Soll heißen: nur für die Aufrechterhaltung des Status Quo brauchen wir jedes Jahr zusätzliche Steuereinnahmen - zugleich müssen wir aber die Neuverschuldung reduzieren und wollen auch noch politisch handlungsfähig sein. Vor diesem Hintergrund sollten Sie sich Ihren populistischen Verweis auf die vermeintlichen Rekordsteuereinnahmen sparen und den Menschen da draußen keine falschen Fakten vorspielen. Der Wahlkampf ist vorbei

Herr Hilbers und Grascha haben auch noch auf vermeintliche Kostenausweitungen beim Personal verwiesen. Da wäre das MF mit dem Baumanagement – Sie konnten heute in der HAZ nachlesen, dass dem auch höhere Einnahmen entgegenstehen. Oder die neuen Finanzanwärter – ebenfalls vollständig gegenfinanziert durch höhere Einnahmen bei der Steuererhebung. Oder beim LAVES – ebenfalls finanziert, durch die Erhebung von Gebühren.

Und dann wäre da noch die Staatskanzlei: Nach dem Klamauk, den Sie - meine Damen und Herren von der Opposition - zum Thema Regionalförderung bereits in den vergangenen Plenarsitzungen, bei diversen Fragestunden, veranstaltet haben, war ich nicht sonderlich überrascht über ihre heutige Kritik am Einzelplan der Staatskanzlei. Aber auch hier schießen Sie - wieder mal - deutlich über das Ziel hinaus. Die Neuaufstellung der Staatskanzlei im Bereich der Regionalförderung ist inhaltlich richtig und wird haushalterisch ausgewogen umgesetzt.

Inhaltlich kann es doch eigentlich gar keine zwei Meinungen geben, dass Regionalförderung nicht nach dem reinen Wettbewerbsprinzip stattfinden darf, sondern konzeptionell gesteuert werden muss. Sie haben aber zehn Jahre bestenfalls mit der Gießkanne gehandelt - und, was ist herausgekommen? Da wo finanzstarke Kommunen mit starken Partnern aus der Privatwirtschaft zusammenarbeiten, dort ist viel Geld hängen geblieben. Und die finanzschwachen Kommunen, die sich nicht mal die Kofinanzierung leisten konnten? Die haben Pech gehabt. Das war ihr Prinzip und mit diesem Prinzip brechen wir jetzt! Dafür braucht es neben der richtigen Förderkulisse einen handlungsfähigen Stab in den Regionen, vor Ort, der Konzepte entwickelt, der Gespräche führt und die lokale Entwicklung - gerade auch strukturell schwächerer Regionen - zielgerichtet voran bringt. All das wird diese Landesregierung mit ihrem Konzept schaffen.

Und auch haushalterisch kann dabei von Mittelverschwendung keine Rede sein. Von den 62,5 Vollzeitstellen bei den vier Landesbeauftragten sind 30,5 aus dem MI verlagert worden und erzeugen somit keine Zusatzkosten. Und von den restlichen 32 Stellen, die den Aufbaustab bilden, haben 27 einen kw-Vermerk und werden bis spätestens Ende 2015 entweder hier oder an anderer Stelle eingespart. Hinzu kommen dann noch ein paar neue Stellen im direkten Stab der neuen Abteilung Regionalförderung in der Staatskanzlei, die übrigens auch ganz überwiegend durch Verlagerungen aus anderen Ministerien gespeist wird. Vor dem Hintergrund dieser Fakten und der skizzierten Mammutaufgabe einer zielgerichteten Regionalförderung sollten Sie bitte endlich mal wahrnehmen, dass Aufwand und zu erwartender Ertrag in einem angemessenen Verhältnis stehen.

Unredlich finde ich übrigens den Hinweis von Herrn Hilbers, dass wir die Aufregung des Landkreistags zur Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) in Folge der höheren Kompensationen des Bundes für die Grundsicherung zu verantworten haben. Schauen Sie sich dagegen die Pressemitteilungen von Gemeindebund und Städtetag an, dann wissen Sie dass es hier um einen Verteilungskonflikt innerhalb der kommunalen Gliederungen geht. Und was ist die Grundlage dafür: Ein Gutachten zur Neugliederung des KFA aus 2012, dass Sie unter Ihrer Regierungszeit als Grundlage für dessen Neuordnung genutzt haben. Insofern sollten Sie sich hier heute auch Ihrer Verantwortung für diese Aufregung stellen.

Zum Schluss: Mit dieser Finanzplanung unterwirft sich Rot-Grün nicht ausschließlich dem betriebswirtschaftlichen Diktat der Vorgängerregierung - stattdessen ist ab sofort mehr volkswirtschaftliches Denken angesagt. Jeder Euro, den wir durch die realistischere Umsetzung der Schuldenbremse mit dem Zieljahr 2020, jetzt zusätzlich in Bildung und Betreuung stecken können, kommt diesem Land in ein paar Jahren doppelt und dreifach zu Gute. Daher ist es richtig und notwendig, dass die Regierung ein so großes Bildungsprogramm u.a. für Ganztagsschulen und die Umsetzung der Inklusion aufgelegt hat. Und auch die von unserer Ministerin umgesetzte Abschaffung der Studiengebühren ist in diesem Sinne ein konsequenter Schritt. Nur falls Ihnen das noch nicht aufgefallen sein sollte, meine Damen und Herren der Opposition, dies haben in Deutschland auch schon einige ihrer Parteifreunde in den Ländern verstanden! Aber hier in Niedersachsen verschließen Sie sich diesem intellektuellen Fortschritt und bestehen weiter auf dieser Bildungshürde. Verstehen Sie endlich: Deutlich höhere Anstrengungen für Bildungs- und Chancengerechtigkeit sind nicht nur ein Ausdruck der sozialen, sondern eben auch der finanzpolitischen Vernunft.

Ich würde mir daher wünschen, dass auch die neue Bundesregierung (wie auch immer sie aussehen wird) diesen Zusammenhang erkennt und die Länder als Träger der Bildung mit zusätzlichem Geld ausstattet. Wir als Land leisten unseren Beitrag, aber für Bildung kann man nicht genug Geld ausgeben und da ist auch der Bund gefragt. Diese Landesregierung hat jedenfalls die Bedeutung der Bildungsgerechtigkeit für die Zukunft dieses Landes erkannt und handelt danach.

Auch wenn die Landesregierung mit diesem Haushaltsentwurf 2014 eine überzeugende Vorlage geliefert hat, gilt natürlich: nichts ist so gut, dass man es nicht noch irgendwo besser machen kann! Das wird unsere Aufgabe in den nächsten Monaten sein. Daher freue ich mich auf die Haushaltsberatungen in den Ausschüssen. Vielen Dank!

Zurück zum Pressearchiv