Rede Gerald Heere: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Verfassung (Schuldenbremse)

- es gilt das gesprochene Wort - 

 

Sehr geehrtes Präsidium,

sehr geehrte Damen und Herren,

es ist gerade mal 4 Monate her, dass der Antrag von CDU und FDP zur Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung hier in diesem Hause nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit gefunden hat. Und man muss nicht groß rechnen können, um zu wissen, dass auch heute, nach der Wahl, weder die Regierungskoalition noch die Opposition über eine solche Mehrheit verfügen. Doch ohne vorher das Gespräch gesucht zu haben, bringen Sie - liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition - Ihre ollen Kamellen nun wieder ein. Ein ernsthafter Gestaltungswille setzt aber Gesprächsbereitschaft voraus - das müssen Sie wohl noch lernen.

Sehr geehrte Damen und Herren, für ernsthaften Gestaltungswillen müssen Sie zudem aus Ihrem Wolkenkuckucksheim herunter steigen und die finanzpolitischen Realitäten endlich zur Kenntnis zu nehmen. Realitäten übrigens, die Sie uns hinterlassen haben. Sie sind in 10 Jahren Regierungszeit dem Ziel, ohne neue Schulden auszukommen nicht einen Schritt näher gekommen. 18 Milliarden Euro neue Schulden haben Sie angehäuft, 1,8 Milliarden pro Jahr. Und bei dieser Summe stehen wir im laufenden Jahr 2013 fast schon wieder - wenn man mal ehrlich rechnet. Und genau das tun wir jetzt endlich.

SPD und Grüne haben sich in ihrem Koalitionsvertrag dafür ausgesprochen, die Schuldenbremse im niedersächsischen Landesrecht zu verankern - möglichst auch in der Verfassung. Damit verbinden wir das durch und durch grüne Ziel, Nachhaltigkeit nun auch in der Finanzpolitik durchzusetzen und kommende Generationen finanziell nicht unnötig zu belasten. In der Vergangenheit wurde regelmäßig nach wirtschaftlichen Krisenphasen, in denen die Schatulle zur Ankurbelung der Wirtschaft weit geöffnet wurde, nicht wieder ausreichend konsolidiert. Gerade in ökonomischen Boomphasen muss das Geld aber wieder in den Landeshaushalt zurückfließen. Genau dabei haben Sie, liebe abgewählte schwarz-gelbe Koalition, versagt. Auch heute noch erklären Sie den hohen Schuldenberg mit der zurückliegenden Krise. Aber in den letzten zwei Jahren hatten wir keine Krise mehr, sondern sprudelnde Steuereinnahmen. Und was haben Sie daraus gemacht? Nichts!

Sehr geehrte Damen und Herren, die Ausführungen von Finanzminister Schneider (im Haushaltsausschuss) haben uns allen die Dramatik der gegenwärtigen Haushaltslage vor Augen geführt. Während CDU und FDP stets von neuen Schulden in 2013 in Höhe von 620 Millionen Euro geredet haben, liegt das tatsächliche Defizit Ihres Haushalts 2013 bei ca. 1,2 Milliarden Euro. Denn die Entnahmen aus Rücklagen und Vermögensveräußerungen, die ja in Wahrheit nichts anderes als Schulden sind, muss man dazu rechnen. Und es geht noch weiter: Sie haben viel zu optimistische Annahmen getroffen und sich die Welt schön gerechnet. Die Erwartung einer ungebremsten Konjunktur und dauerhaft hoher Steuereinnahmen zeigt sich inzwischen als unrealistisch. Gleiches gilt - wie man gerade sehen konnte - auch für die Annahme, dass bei den Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst nur eine zurückhaltende Lohnerhöhung herauskommt. Dies alles macht zusammen noch mal rund 500 Millionen Euro Deckungslücke, die Sie nicht einbezogen haben. Und Ihre Schönfärberei bei der Haushaltsaufstellung setzt sich auch in der Mittelfristigen Finanzplanung fort. Wir werden diese Schönfärberei jetzt endlich beenden.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund wäre es verantwortungslos, dem Antrag der CDU zu folgen und die Neuverschuldung schon innerhalb von drei Jahren vollständig auf Null zu fahren. Im Grundgesetz ist die Übergangsfrist nicht umsonst bis 2020 festgelegt worden. Diese längere Frist ist richtig, weil die Bundesländer eine besondere Verantwortung für die Zukunft Deutschlands haben: die Verantwortung für die Bildung, für die Köpfe unseres Nachwuchses, für Kompetenzen und Innovationen. Dieser Verantwortung wollen wir gerecht werden.

Meine Damen und Herren, es geht um mehr Quantität und Qualität in der Kinderbetreuung, mehr echte Ganztagsschulen, die Umsetzung der Inklusion und endlich Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Das sind die Herausforderungen der nächsten Jahre. Wer wie Schwarz-Gelb einen Abbaupfad der Neuverschuldung bis 2017 fordert, wird bei diesen zentralen Herausforderungen Abstriche machen müssen. Das ist aber nicht die Politik der neuen Landesregierung. Wir wollen daher die Spielräume des Grundgesetzes ausnutzen, damit Niedersachsen für die Zukunft gut aufgestellt ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir werden im weiteren Gesetzgebungsverfahren hierzu konkrete Vorschläge machen. Und die Opposition kann ich nur auffordern: Machen Sie endlich Schluss mit dem Wahlkampf, sehen Sie den finanzpolitischen Realitäten ins Auge und zeigen Sie Gesprächsbereitschaft zur gemeinsamen Umsetzung der Schuldenbremse. Vielen Dank.

 

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