Rede Gerald Heere - Aktuelle Stunde (FDP) „Die 10 Prozent mit den höchsten Einkommen erbringen 52 Prozent des Aufkommens der Einkommensteuer..."

- es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr verehrte Damen und Herren,

insbesondere der FDP,

Sie beehren uns hier heute in der Aktuellen Stunde im Landtag mit einem drei Jahre alten Zitat eines Bundespolitikers. Ihre Absicht ist absolut durchschaubar und lässt sich mit einem Gegenzitat Ihres aktuellen FDP-Spitzenkandidaten belegen. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich Rainer Brüderle aus der Zeitung Die Zeit: "Ich halte neoliberal nicht für ein Schimpfwort, sondern für einen Ehrentitel". Genau im Sinne dieser Ideologie wollen Sie suggerieren, dass der Staat sowieso zu viel Geld hat, dass die Steuerverteilung absolut gerecht ist und dass die hohen Einkommen mehr als genug zur Finanzierung des Staates beitragen. Haben Sie eigentlich gar kein Unrechtsbewusstsein? Hören Sie endlich auf, den Menschen in diesem Land steuerpolitisch Sand in die Augen zu streuen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man die Zahlen richtig nennt, dann muss doch jedem klar sein, dass wir bei den Steuereinnahmen ein Gerechtigkeitsproblem haben. Dieses Gerechtigkeitsproblem wollen wir mit unseren Grünen Steuerplänen jedenfalls abstellen!

Sie verweisen hier auf die untersten 20% der Einkommen und ihrem geringen Anteil an der Staatsfinanzierung. Sie haben mit keinem Wort erwähnt, dass die untersten 40 Prozent der Einkommen zuletzt inflationsbedingte Reallohnverluste hinnehmen mussten. Oder nehmen wir die Vermögen: Das reichste 1 Prozent der Bevölkerung besitzt 35 Prozent der Vermögen, die untersten 50 Prozent hingegen nur 1% der Vermögen - die untersten 25 Prozent haben sogar mehr Schulden als Vermögen. Und jetzt sagen Sie uns mal ehrlich, wer soll diesen Staat finanzieren? Die 25%, die nichts haben, oder diejenigen, die über nennenswerte Einkommen und Vermögen verfügen.

Sie haben mehrfach behauptet, dass wir Politik gegen die Mitte machen, und haben das einfach so in den Raum gestellt, ohne es zu belegen. Ihre Behauptung stimmt einfach nicht und das ist mehrfach bewiesen worden.

Nehmen wir einmal den Punkt Einkommensteuer. Sie haben gesagt, wir würden die Facharbeiter belasten. Das ist Unsinn. 90% der Einkommensbezieher werden nicht von unseren Steuerplänen belastet. In den Faktenchecks von Zeit und dem ZDF ist belegt, dass diese Aussage richtig ist. Mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49% belasten wir die obersten 7% der Einkommen. Das ist gerecht.

Sie haben vom Splitting gesprochen. Auch hier fehlt Ihnen die Kenntnis. Unsere Pläne sehen nicht vor, das Ehegattensplitting abzuschaffen, sondern es abzuschmelzen. Wir werden zunächst den Grundfreibetrag erhöhen. Wenn nur eine Person Einkommen bezieht, dann wird man den Grundfreibetrag des Ehepartners übertragen können. Außerdem wollen wir den weiteren Splittingvorteil auf 1500 Euro im Jahr begrenzen. Das bedeutet, dass Ehepaare mit geringem Einkommen von diesem Plan nicht belastet werden. Das ist die Wahrheit und erzählen Sie nicht so einen Unsinn über unsere Pläne.

Sie haben behauptet, dass wir Mittelstand und Familienunternehmen belasten würden. Wieso schauen Sie nicht ordentlich in die Pläne? In unserem Konzept steht ganz klar, dass wir Betriebsvermögen mit einem Freibetrag von 5 Millionen Euro belegen wollen. Das heißt, dass 90% der Unternehmen nicht betroffen sind. Das ist auch richtig so.

Ich komme zu Vermögen. Wir müssen auch über die Abgeltungssteuer sprechen, mit der alle Kapitalerträge nur mit 25% belastet werden. Ist das gerecht? Nein, wir wollen sie genau so belasten wie Einkommen, weil Leute, die hohes Vermögen haben, davon auch etwas abgeben sollen.

Wir machen hier eine gerechte Finanzierung und machen es nicht so, wie Frau Merkel, die jetzt diverse Wahlversprechungen macht und dafür kein Konzept zur Gegenfinanzierung hat. Wir sagen ehrlich, wo wir es hernehmen.

Und abschließend: es ist mir völlig egal, was Herr Steinbrück 2010 in seinem Buch vertreten hat - Taten zählen mehr als Worte. Und sie können sicher sein: wenn wir Grüne nach dem 22. September gemeinschaftlich mit der SPD die Bundesregierung stellen, dann werden Taten folgen. Dann werden wir gemeinsam eine rot-grüne Steuerpolitik umsetzen, die gerechter ist und die den Staat endlich wieder in die Lage versetzt, in die Zukunft auch unseres Landes zu investieren - in Bildung, in Infrastruktur und in Chancengleichheit. Wir machen das!

Vielen Dank.

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