Rede Gabriele Heinen-Kljajic: Neuordnung der Kulturförderung

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Meine Damen und Herren von CDU und FDP,
Ihr Antrag bricht mit allen Prinzipien moderner Kulturpolitik und erteilt gleichzeitig der Idee des aktivierenden Staates eine Absage. Sie wollen uns in Ihrem Antrag weismachen, der Staat könne eigentlich doch alles am besten.
Dieser Ansatz, meine Damen und Herren, ist so abwegig, dass darüber die gesamte bundesrepublikanische Fachwelt in Wallung geriet und zwar über alle parteipolitischen Grenzen hinweg.
Diese Kritik ernten Sie zu Recht, denn Ihre Argumente bleiben unbelegt. In Ihrem Antrag behaupten Sie noch immer, 400.000 Euro könnten in Projektmittel umgewidmet werden. Diese Behauptung meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, konnten Sie nicht im Ansatz mit Fakten unterfüttern.
Oder: Sie beklagen bei der freien Kultur aufgeblähte Apparate und eine angeblich schlechte Relation zwischen Verwaltungsaufwand und Summe der zu vergebenden Mittel. Gleichzeitig installieren Sie über die Landschaften ein regionales System mit 14 Verwaltungsstellen, die insgesamt über eine Million Euro verfügen, im Schnitt also gerade mal 71500 Euro zu vergeben haben. Den Effizienzbeweis sind Sie schuldig geblieben.
Anrede,
Sie rühmen sich als die großen Verwaltungsreformer, die unnötige Strukturen abschaffen und Personal abbauen. Tatsächlich holen Sie Aufgaben wie die Förderung der Soziokultur oder der Kunstschulen wieder ins Ministerium zurück und schaffen dort neue Stellen. Wenn es eines Musterbeispiels für unnötigen Mehraufwand bei der Kulturförderung bedurft hätte, dann wäre Ihr Modell erstklassig geeignet.
Ich möchte Ihnen das an einem Beispiel darstellen: Ein Förderantrag aus dem Bereich Soziokultur über 10.000 Euro nimmt nach Ihrer Vorstellung zukünftig folgenden Weg: Der Antragsteller wendet sich an eine Beratungsstelle der LAGS, deren Beratung Voraussetzung für eine Antragstellung ist. Die LAGS-Stelle gibt eine Stellungnahme zu dem Projekt ab. Damit muss der Antrag dann bei der regionalen Landschaft eingereicht werden. Diese nimmt ihrerseits Stellung. Jetzt landen ein Antrag und zwei Stellungnahmen im MWK. Bevor das aber über den Antrag entscheidet, tagt jetzt noch mal die Fachkommission Soziokultur, die LAGS und gibt eine Empfehlung ab. Dann endlich entscheidet das MWK und übernimmt Projektabwicklung und Prüfung der Mittelverwendung.
Meine Damen und Herren, vier Instanzen und drei Stellungnahmen, um über einen Förderantrag zu entscheiden – aufgeblähter geht es wohl kaum. Wenn ich aber dann auch noch in der Begründung von CDU und FDP lesen muss, Ziel der Umstrukturierung sei "eine Effektivitätssteigerung durch Wegfall unnötiger Verwaltungswege" die dem Prinzip "one face to the customer" folgt, dann fühle ich mich regelrecht veralbert. Meine Kollegen von CDU und FDP, Sie haben sich offensichtlich in den Sümpfen der Hydra verirrt, der bekanntlich für jeden abgeschlagenen Kopf zwei nachwuchsen. Genauso funktioniert Ihre Neuordnung.
Anrede,
aber auch der Sinn Ihres Säulenmodells bleibt im Verborgenen. Die Heterogenität der Verbände lässt größere Synergien kaum zu. Die Säulenzuordnung ist beliebig. Warum sollen die Säulen "Musikland Niedersachsen" und "Kulturelles Erbe" ihre Mittel selbst verwalten, die "Kulturelle Bildung" aber nicht? Zwar haben Sie eingesehen, dass Sie nicht den Zusammenschluss von Verbänden verordnen können, aber das reicht nicht.
Wir tragen die Re-Verstaatlichung der Kultur und die Zerschlagung bewährter Strukturen nicht mit und lehnen Ihren Antrag deswegen ab.

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