Rede G. Langhans: Umorganisation der Landesaufnahmestellen für Asylbewerber

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Anrede,
aus dem Migrationsbericht der Ausländerbeauftragten des Bundes Marieluise Beck, geht hervor, dass immer weniger Menschen nach Deutschland einwandern. Nicht nur die Zahl der Asylanträge sank im Vergleich zu den Vorjahren um ca. 29%, auch der Zuzug von Spätaussiedlern und jüdischen Emigranten hat sich in den letzten Jahren deutlich verringert.
Und, was in diesem Zusammenhang entscheidend ist: die Prognosen aller Fachleute signalisieren - aufgrund der Drittstaatenregelung und der Abschottungspolitik der EU - einen weiteren Rückgang der Zahlen.
Diese Entwicklung zu ignorieren und nicht zu handeln wäre kurzsichtig und haushaltspolitisch geradezu unverantwortlich.
Neue Realitäten erfordern Konsequenzen. Nach unserer Auffassung ist eine Neukonzeption, und damit verbunden ein Rückbau von Landesaufnahmestellen für Asylsuchende, Spätaussiedler und jüdische Emigranten, unabdingbar.
Auch der Landesrechnungshof hat in seinem Bericht über die Organisations- und Wirtschaftlichkeitsprüfung der Aufnahmestellen auf erhebliche Mängel in den jeweiligen Einrichtungen hingewiesen.
Anrede,
die Reaktion auf diesen Mängelbericht, die Zahl der Plätze für Asylbewerber im Lager Bramsche auf 550 zu erhöhen und die Spätaussiedler und jüdischen Emigranten in Friedland unterzubringen zeigt einmal mehr: es geht der Landesregierung nicht um das Schicksal von Menschen auf der Flucht. Es geht Ihnen um Zahlen und Plätze, die für eine Rentabilität der zu großen Einrichtungen belegt werden müssen.
Die enorme Kapazität der Einrichtungen im Land, angesichts des stark zurückgehenden Einwandererzahlen beizubehalten, ist nicht nur finanzpolitischer Unsinn, sondern es ist, wenn es wie hier um menschliche Schicksale geht, abzulehnen.
Denn damit ist zwangsläufig verbunden, dass Flüchtlinge mehr noch als bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt zentral kaserniert werden.
Aus flüchtlingspolitischer Sicht und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen führt die Unterbringung von Menschen auf engstem Raum in Lagern zu lagertypischen Erkrankungen und Auffälligkeiten und zu Isolation und Stigmatisierung.
Langeweile und Isolation führen in der Tat zu Auffälligkeiten. Die Sorgen und Bedenken der Bevölkerung in Bramsche- Hesepe angesichts der künftigen Belegung des Lagers sind sehr ernst zu nehmen. Diesen Sorgen ist sicher nicht mit flankierenden Maßnahmen, wie einer erhöhten Polizeipräsenz, zu begegnen.
Das kann anders gelöst werden.
Anrede
der Landesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass die zentrale Unterbringung von Asylsuchenden ca. dreimal teurer ist, als die Pauschale, die das Land den Kommunen noch für die Aufnahme der Asylbegehrenden zahlt.
Das neue Landesaufnahmegesetz sieht hier bereits Kürzungen vor und es lässt eine weitere Verschärfung im Umgang mit Flüchtlingen befürchten, denn menschenunwürdige Gemeinschaftsunterkünfte werden zukünftig eher die Regel als die Ausnahme werden.
Anrede,
Menschen, die nach Flucht und Verfolgung Zuflucht in Niedersachsen suchen, haben Anspruch auf eine menschenwürdige Unterbringung, Versorgung und Betreuung. Die Unterbringung in Lagern ist diskriminierend und inhuman und sie ist falsch, weil sie kaserniert und nicht integriert.
Anrede,
die Verringerung der Aufenthaltsdauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen von derzeit 4 Wochen auf 10 Tage – wie es auch der Landesrechnungshof angeraten hat - die daran anschließende Unterbringung der Flüchtlinge in Städte und Gemeinden, öffnet den Weg für eine humane und Kosten sparende Unterbringung.
Als Folge davon müssen die jetzt schon bestehenden Überkapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen abgebaut werden. Wir fordern daher auch die Schließung der Landesaufnahmestelle Bramsche. Asylsuchende sollen in den Kommunen untergebracht werden.
Wir wollen diese dezentrale Unterbringung unabhängig von dem jeweiligen Aufenthaltsstatus. Abschiebungen meine Damen und Herren erfolgen auch aus der Kommune heraus, wir erleben das häufig genug.
Anrede,
frühzeitige Integration erleichtert die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, denn die Dauer des Aufenthalts korrespondiert in vielen Fällen, und in Niedersachsen trifft das auf ca. 20.000 Menschen zu, nicht mit dem Aufenthaltsstatus.
Ich bleibe dabei, der Übergang von der Duldung in ein Aufenthaltsrecht bleibt dringend reformbedürftig. Wir sind uns darin mit Flüchtlingsverbänden, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und auch mit vielen Menschen aus der Bevölkerung einig. Es kann nicht angehen, dass Menschen die auf Dauer hier leben und Teil dieser Gesellschaft sind, keinen umfassenden Schutz vor Ausweisung genießen.
Hier bewegt sich offensichtlich auch die Landesregierung, wenn auch nur minimal. Im Vermittlungsausschuss zum Zuwanderungsgesetz hat der Innenminister zumindest in der Härtefallregelung Kompromissbereitschaft signalisiert. Leider hat er nicht weiter ausgeführt, wie eine Härtefallregel nach seinem Dafürhalten ausgestaltet sein muss.
Niedersachsen braucht angesichts der sinkenden Zahlen keine 5000 Plätze zur Unterbringung von Flüchtlingen. Das Vorhalten dieser Plätze ist zu teuer und unnötig.
Anrede,
den vollmundigen Ausführungen der Landesregierung, Niedersachsen sei ein Land gelebter Integration müssen endlich Taten folgen. Sperren Sie Asylsuchende nicht weiter in Lagern ein, sondern geben Sie ihnen die Chance, sich in das gesellschaftliche Leben in den Kommunen zu integrieren.
Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit und bürgerschaftliche Mitverantwortung sind Grundwerte unserer Gesellschaft. Sie müssen für alle Menschen Geltung haben, die dauerhaft in Niedersachsen leben werden.

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