Rede: Filiz Polat: Zweite Beratung Haushalt 2009 – Integration

Frau /Herr Präsidentin, meine Damen und Herren,

obwohl die Gestaltung unserer Migrationsgesellschaft eine der größten Herausforderungen unserer Zukunft ist, finden wir in diesem Haushalt 2009 nichts, was dem nur ansatzweise gerecht werden könnte.

Wir haben Lust auf Zukunft – heißt es in einer Pressemitteilung aus der Staatskanzlei und des Finanzministeriums zum Haushalt 2009.

Meine Damen und Herren - wir bekommen da eher Frust.  

"Gemeinsam wollen wir das Land bewegen – für ein modernes, weltoffenes und menschliches Niedersachsen", heißt es in der Pressemitteilung weiter.

Mal ganz ehrlich - Herr Biallas -, das glauben Sie doch selber nicht.

Und vor allem spiegelt sich das im Haushalt nicht wieder.

Sie stricken Modellversuche, was das Zeug hält.

Mal fördern Sie ein bisschen HauptschülerInnen mit Migrationshintergrund, mal ein bisschen Frauen mit Migrationshintergrund, demnächst Hebammen mit Migrationshintergrund.

Ich weiß, ich bin etwas ketzerisch, aber mensch könnte meinen, Integration findet bei Ihnen im Labor statt.

Nur das Ihre Versuche an dieser Stelle leider das gewünschte Ergebnis nicht erzielen.

Wir brauchen keine Modellversuche mehr.

Wir brauchen keine projektfinanzierte Symbolpolitik.

Anrede,

Sie setzen lächerliche 30.000 Euro für die Fortbildung von Hebammen mit Migrationshintergrund ein, statt die so wichtigen Familienhebammen nach der Modellphase flächendeckend zu finanzieren.

Sie setzen 30.000 Euro ein zur Integration von jugendlichen Migranten in der Jugendverbandsarbeit, verschweigen aber, dass sie das an anderer Stelle weggekürzt haben.

Das Modellprojekt Übergang von der Schule in die Berufsbildung wird von Ihnen wie im letzen Jahr mit demselben Haushaltsansatz versehen.

Meine Damen und Herren,

es ist wichtig in die Bildung zu investieren – nur fragen wir Sie – wenn Sie doch so mutig sein und neue Wege gehen wollen, warum investieren Sie nicht flächendeckend in unser niedersächsisches Bildungssystem?

Ein Bildungssystem, das immer mehr Kinder und Jugendliche auf der Strecke lässt.

Die Herabsenkung der Abbrecherquote von derzeit 20 Prozent bei Migrantenkindern werden Sie mit diesem Gieskannenprinzip nicht lösen.

Das ärgert uns, das ärgert zunehmend die Menschen in unserem Land und auch die Zugewanderten, deren Kinder immer häufiger auf die Förderschulen abgeschoben werden.

Zu Recht hatte der UN-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht auf Bildung 2006 von einem zutiefst diskriminierenden Bildungssystem gesprochen, was sich insbesondere auf Migrantenkinder und Kinder mit Behinderungen auswirke. 

Anrede,

heute am 60. Geburtstag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte möchte ich darauf aufmerksam machen, dass die hier lebenden Flüchtlinge wie in den Jahren zu vor finanziell keine Unterstützung mehr durch diese Landesregierung erhalten.

Erst gerade wurde so ein wichtiger finanzieller Antrag zur institutionellen Förderung eines Netzwerkes für traumatisierte Flüchtlinge abgelehnt.

Der Niedersächsische Flüchtlingsrat bekommt schon seit Antritt der Landesregierung keine Förderung mehr.

Kinder und Jugendliche, die in den zentralen Lagern in Niedersachsen aufwachsen müssen und dort zum Teil auch geboren sind - existieren für diese Landesregierung nicht.

Menschen, die ohne Papiere im Schatten dieser Gesellschaft leben, wird der Zugang zu Bildungs- und Gesundheitssystemen verwehrt.

Wie aktuell und unverzichtbar eine glaubwürdige Menschenrechtspolitik ist und wie dringend eine bessere Durchsetzung der Menschenrechte weltweit ist - in Deutschland und in Niedersachsen wissen wir insbesondere seit Antritt dieser Landesregierung.

Wir haben eine Landesregierung, die Lust auf die Zukunft hat und dabei nicht merkt, dass die Menschen Niedersachsen in Scharen verlassen.

Noch niemals in der Geschichte Niedersachsens waren die Auswanderungszahlen so hoch wie unter Schwarz-Gelb.

Noch nie in der Geschichte des Landes Niedersachsens hatten wir ein negatives Wanderungssaldo.

Meine Damen und Herren,

erstmals in der Geschichte sind wir Auswanderungsland in der Altersgruppe der 18- 30 Jährigen.

Good Bye Niedersachsen – kann mensch dazu nur feststellen –bei Deutschen mit und ohne Migrationsgeschichte.

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