Rede Filiz Polat: Haushaltsberatungen 2016 - Schwerpunkt Inneres und Sport

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

das Thema des Einzelplans 03 ist unbestritten die Aufnahme von Flüchtlingen. Der dramatische Anstieg der Zugangszahlen insbesondere seit dem 5. September 2015 stellt auch unser Land vor enorme Herausforderungen.

Und so möchte ich in Erinnerung rufen, dass am 5. September die Kanzlerin Dr. Angela Merkel erklärt hat, zur Abwendung einer humanitären Katastrophe in der Europäischen Union und an den Grenzen des Schengen Raumes das Dubliner Abkommen außer Kraft zu setzen, begleitet von der Rechtfertigung „Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land."

Die rot-grüne Landesregierung hat ein freundliches Gesicht gezeigt, mit angepackt Frau Kanzlerin gemeinsam mit tausenden Menschen in diesem Bundesland:

Zwei Tage später am 7.9.2015 um 18:05 Uhr wurden die wurden die Einsatzformationen in den Alarmzustand: Alarmwarnung versetzt.

Minister Boris Pistorius und Ministerpräsident Stephan Weil haben immer darauf hingewiesen, dass die Flüchtlingskrise eine gesamt-staatliche, eine nationale Aufgabe ist. Aber warum war es dem Bund erst im September dieses Jahres möglich, binnen zwei bis drei Wochen 40.000 zusätzliche Plätze für die ankommenden Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen? Weil seit dem die Kanzlerin die Grenzen geöffnet hat?

Bundesverteidigungsministerin Frau Dr. Ursula von der Leyen antwortete im „Morgenmagazin“ auf die Frage, wie viel Personal sie zur Unterstützung des BAMF und der Länder abordnen könne im September 2015, verblüfft: Da gibt es keine Grenze nach oben. Warum erst im September und wo sind diese Abordnungen jetzt Frau Dr. von der Leyen?

Damit das klar ist: Das löst formal und kurzfristig nur die logistische Herausforderung mit Blick auf die Menschen, die an den vergangenen Monaten zu Zehntausenden gekommen sind.

Aber, meine Damen und Herren, welche Lösungen wurden jenseits dessen vorgeschlagen, angeboten, um den Menschen zu helfen, die sich noch auf den Weg machen oder schon unterwegs sind? Die unsägliche Debatte um Obergrenzen wurde endlich beendet. Und auch Sie, meine Damen und Herren von der CDU, müssen endlich einmal sagen, was Ihre Antwort ist, ob Sie der legalen Einreisemöglichkeiten für diese Menschen zustimmen oder sich weiterhin abschotten wollen. Und sie müssen ihre unsägliche Politik zur Einschränkung des Familiennachzugs beenden. Dazu erwarten wir von Ihnen ein klares Bekenntnis.

Das Land Niedersachsen hat seit September mehr als 80 000 Flüchtlinge aufgenommen. Umgehend hat die Landesregierung mit einem zweiten Nachtragshaushalt reagiert und rund eine halbe Milliarde zusätzlich zur Verfügung gestellt, davon als Soforthilfe für die Kommunen knapp 177 Mio. Euro. Der Landeshaushaltsentwurf vom Juni wurde mit der Technischen Liste – Flüchtlinge Ende November entsprechend nachjustiert.

2013 betrugen die Haushaltsansätze für die Flüchtlinge im Kapitel 03 26 zuzüglich der Ansätze für die Landesaufnahmebehörde im Kapitel 03 28 rund 118,7 Millionen Euro. 2014 stiegen sie auf rund 144 Millionen Euro.

Der vom Landtag beschlossene Haushalt für 2015 wies - ohne die beiden Nachträge – bereits rund 208,5 Millionen Euro aus.

Die Prognose von 200 000 Flüchtlingen für das Jahr 2015, auf der der Haushaltsplan 2015 basierte, wurde, wie Sie wissen, im Laufe des ersten Halbjahres, im Mai, auf 400 000 korrigiert. Dem hat die Landesregierung durch die Einbringung des ersten Nachtrages zum Haushalt 2015 Rechnung getragen.

Das Haushaltsvolumen für die Flüchtlinge stieg auf über 315 Millionen Euro. Das ist fast eine Verdreifachung gegenüber 2014.

Diese inzwischen wieder veraltete Prognose des Bundes war zugleich auch die Grundlage für den ursprünglichen, nämlich den im Juli vom Kabinett verabschiedeten Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2016.

Denn einen Monat später korrigierte die Bundesregierung ihre Prognose auf 800 000 Flüchtlinge in 2015. Aber auch darauf haben die Landesregierung und der gesamte Landtag gemeinsam reagiert und den zweiten Nachtrag für 2015 im Oktober beschlossen.

Nunmehr sind über 694 Millionen Euro für 2015 im Wesentlichen für die Kostenerstattung der Kommunen und die Ausgaben der Landesaufnahmebehörde veranschlagt. Das ist fast eine Versiebenfachung gegenüber den Ansätzen von 2014.

Unter Berücksichtigung dieser Rahmenbedingungen wurden Unterbringungskapazitäten sukzessive ausgebaut.

Derzeit verfügt das Land über rund 24 000 Not- und Behelfsunterkunftsplätze in über 69 verschiedenen Liegenschaften.

Das Personal der Landesaufnahmebehörde wurde entsprechend aufgestockt und wird weiterhin aufgestockt.

Nachdem in 2014 noch knapp 290 Vollzeiteinheiten zur Verfügung standen, ist für 2016 bisher geplant, das Personal der Landesaufnahmebehörde knapp 604 Vollzeiteinheiten aufzustocken. Bei diesem Mehrbedarf wurde zugrunde gelegt, dass bis zu fünf Erstaufnahmeeinrichtungen entstehen (Braunschweig, Bramsche und Friedland als Bestand, in 2015 neu Oldenburg und Osnabrück sowie mindestens drei weitere Standorte). Sobald weitere Erstaufnahmeeinrichtungen in Betrieb genommen werden, erhöht sich der Personalbedarf pro neuer Erstaufnahmeeinrichtung um mindestens weitere 30 Vollzeiteinheiten.

Diese personelle Ausstattung wird auch zu einer gewissen Entlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LAB NI führen, die in den letzten Monaten Großartiges geleistet haben.

Im Übrigen möchte ich hinzufügen, dass ich mir wünsche, dass die Mitarbeiter*innen des BAMF mehr Unterstützung bekommen. Das würde die Verfahren deutlich beschleunigen. Nichts anderes brauchen wir.

Anrede CDU,

mit Ihrem Änderungsantrag, mit dem Sie alle Maßnahmen unserer Politischen Liste global, also 42 Mio. EUR, streichen, um dann einzelne davon wieder hineinzunehmen, und zudem 25 Mio. EUR „Globale Mehrausgabe für Flüchtlinge“ umschichten, entzaubern sie ihre unseriöse  Flüchtlings- und Haushaltspolitik. Sie schreiben lapidar in Ihren Änderungsantrag „auf eine titelscharfe Darstellung wurde verzichtet“. So geht keine fundierte Zukunftsplanung im Land Niedersachsen, meine Damen und Herren von der CDU!

Zurück zum Pressearchiv