Rede Filiz Polat: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aufnahmegesetzes

Landtagssitzung am 09.11.2011

Rede von Filiz Polat (Bündnis 90/Die Grünen)

Anrede,

der vorliegende Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht vollkommen ungenügend, denn er beschränkt sich im Wesentlichen auf die Erhöhung der Kostenerstattungspauschale. Die Landesregierung hat hiermit ein Rudiment eines Gesetzentwurfes vorgelegt.

Sie berücksichtigt in keiner Weise die Forderungen der LAG der Freien Wohlfahrtspflege, des Flüchtlingsrates, internationale Konventionen oder die Anforderungen europäischer Richtlinien.

Sie ignoriert vollkommen die Proteste im Land gegen die menschenunwürdige Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschafts- oder  Obdachlosenunterkünften.

Meine Fraktion hat bereits im Juni 2010 einen wesentlich umfänglicheren Gesetzentwurf zur Änderung des Aufnahmegesetzes eingebracht, um endlich angemessene Rahmenbedingungen für die Unterbringung von Menschen in Niedersachsen zu schaffen.

Anrede,

was wir wollen, ist ein grundlegend anderes System. Ein System, das die dezentrale Unterbringung in Privatwohnungen zur Regel macht und Abschied nimmt von zentraler Unterbringung in Asylbewerberheimen und Gemeinschaftsunterkünften (GU) sowie von einem verfassungswidrigen Asylbewerberleistungsgesetz.

Ein Anfang ist gemacht – immer mehr GUs werden geschlossen; im Rahmen unserer Bereisung "Endstation Asylbewerberheime – Nein Danke!" zeigen wir, dass es auch anders geht und die Kommunen, die Flüchtlinge dezentral unterbringen, über mehr Geld in der Kasse verfügen.

Wir wollen Menschen, die zu uns flüchten, so schnell wie möglich die Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen und auf diese Weise ihre Integration voran bringen, denn das fördert Eigeninitiative, Selbstvertrauen und den Spracherwerb. Und sie sollen raus aus immer noch vorhandenen Containern, schimmeligen Gebäuden und überfüllten Zimmern, denn die Menschenwürde ist unantastbar.

Es kann nicht sein, dass es in Niedersachsen Standards zur Unterbringung gibt, die der Tierschutz-Hundeverordnung von 6 qm Bodenfläche entsprechen.

Personen mit besonderen Bedürfnissen wie unbegleitete Minderjährige, Menschen mit Behinderung, Schwangere, Alte oder Traumatisierte, sollten schon gar nicht in solchen Einrichtungen untergebracht werden.

Wir haben diese Gruppen in unserem Gesetzentwurf ausdrücklich festgeschrieben – und orientieren uns hier unter anderem an die Anforderungen der Aufnahmerichtlinie der EU.

Bei der Verteilung auf die Kommunen wollen wir flexiblere Zuweisungsregelungen, die familiäre Bindungen, muttersprachliche Betreuungs- und Behandlungsmöglichkeiten sowie weitere integrationsfördernde Aspekte berücksichtigen. Das alles lässt der Gesetzentwurf der Landesregierung vermissen.

Lediglich die Pauschalen sollen erhöht werden. Das reicht nicht aus und das werden wir in der weiteren Debatte auch deutlich machen.

Zurück zum Pressearchiv