Rede Filiz Polat: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung

Landtagsplenum am 22.06.2005. TOP 4...

Sehr geehrte Frau/Herr Präsidentin, meine Damen und Herren
Die Landesregierung hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der nach den umfangreichen Änderungen der NBauO im Jahre 2002 das Ziel verfolgt nunmehr – so laut Begründung - die gebliebenen Unstimmigkeiten zu beseitigen.
Unstimmigkeiten und Verfahrensvereinfachungen beseitigen, meine Damen und Herren. Klingt im ersten Moment gut.
Ich möchte Ihnen aber drei Änderungen exemplarisch nennen,
dessen Auswirkungen und negativen Folgen für Mensch und Natur hier nicht nur verharmlost, sondern sogar unter den Teppich gekehrt
werden.
Punkt 1:
Die Erleichterung der Errichtung von Mobilfunkanlagen.
Mit dem Verzicht auf bauordnungsrechtliche Verfahren bei Errichtung von Funksendeanlagen, insbesondere von Mobilfunkanlagen wird den Kommunen die Möglichkeiten nun weitergehend eingeschränkt, im Interesse der Bürger einer gesteuerten Standortplanung gerade in sensiblen Bereichen – wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern – Rechnung tragen zu können.
Deshalb lehnen wir auch die geplante Änderung im Gesetz ab.
Punkt 2:
Die Genehmigungsfreiheit von land- und forstwirtschaftlichen Betriebswegen bis zu einer Breite von 3,50 m mit einer wassergebunden Decke.
Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Holzabfuhrwege so ausgebaut werden, dass sie ganzjährig mit schweren LKWs befahrbar sind.
Bedeutet erhebliche Eingriffe in das Ökosystem Wald.
Damit verkennen sie die vielfältigen Funktionen des Waldes auch als Freizeit- und Erholungsgebiet.
Der Landeswald gehört immer noch den Bürgerinnen und Bürgern Niedersachsens.
Es geht hier auch nicht darum kleinen Waldwegen umfangreiche Prüfungen voranzustellen.
Wir lehnen es aber ab für LkW-Schneisen in unseren Wäldern eine Genehmigungsfreiheit einzuführen.
Punkt 3,
die Sicherstellung in der NBauO für rollstuhlgerechte Wohnungen zu ersetzen durch eine freiwillige Selbstverpflichtung der Wohnungswirtschaft, die nachträglich in den Gesetzesentwurf aufgenommen wurde.
Hier wird nun ein Passus - der vor drei Jahren bei der Novellierung der Bauordnung noch für notwendig und sinnvoll angesehen wurde –außer Kraft gesetzt.
Die Wohnungswirtschaft hat dahingehend argumentiert, diese Vorschrift fallen zu lassen, da die bisherigen Erfahrungen mit der Nachfrage nach rollstuhlgerechten Wohnungen negativ seien.
Meine Damen und Herren,
Wir wollten gerne beide Seiten dazu hören. Sie habe aber eine Stellungnahme des Landesbehindertenbeauftragten im Ausschuss abgelehnt. Warum?
Ich kann es Ihnen sagen:
Weil es keinen Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage gibt.
Wenn sie die Gespräche mit dem Landesbehindertenbeauftragten und den Verbänden aufgenommen hätten, dann wüssten sie das.
Es ist daher absurd, vom Erfolg der freiwilligen Selbstverpflichtung auszugehen, wenn die Anhörung der Betroffenen schon jetzt verweigert wird.
Meine Damen und Herren,
Und fangen sie endlich an den demografischen Wandel ernst zu nehmen und ihre Politik an den Herausforderungen der Zukunft auszurichten.
Wir werden diesem Gesetz nicht zu stimmen,
weil nicht Unstimmigkeiten beseitigt werden, sondern neue geschaffen werden.
Weil Genehmigungsverfahren in diesem Bereich abgeschafft werden die als Instrument der Zivilgesellschaft zu verstehen und notwendig sind.

Die Landesregierung fährt hier wieder einmal nach dem Muster des politischen Aktionismus zugunsten einzelner Interessengruppen.
Das tragen wir nicht mit.
Den Änderungsantrag der SPD halten wir für richtig und notwendig. Wenn trotz Brandschutzaufklärung die Zahl der privaten Haushalte mit Rauchmelder unter 10% liegt,
Und wir aus internationalen Erfahrungen wissen, dass die Zahl der Brandopfer durch eine solche Verpflichtung drastisch gesunken ist, dann müssen wir jetzt handeln.

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