Rede Filiz Polat: Entwurf eines Gesetzes über die Pflegekammer Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Anrede,

nachdem das Kabinett in der letzten Woche den Gesetzentwurf zur Errichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen beschlossen hat, hagelte es wie zu erwarten Pressemitteilungen: die FDP unterstützt die Kritik von Arbeitgebern und Gewerkschaften, ver.di selbst spricht von breiter gesellschaftlicher Kritik und auch die CDU moniert, dass die Landesregierung die Pflegekammer gegen den Wiederstand von Arbeitgebern, Gewerkschaften und Kommunen durchsetzen will.

Anrede,

ich verstehe diese Kritik nicht. Da entscheiden sich Pflegekräfte und ihre Berufsverbände bewusst für eine starke und einheitliche Interessenvertretung in Form einer Pflegekammer, also für ein Organ, das ausschließlich sie selbst betrifft, und plötzlich kommen Gewerkschaften und Arbeitgeber, in einer beispiellosen Allianz zusammen und versuchen, den Pflegekräften ihre Entscheidung mit aller Vehemenz wieder auszureden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Eine starke Interessenvertretung der Pflege ist angesichts der vielen Herausforderungen -demografischer Wandel, Fachkräftemangel und schlechte Arbeitsbedingungen, um nur einige zu nennen-  dringender denn je notwendig, zumal gerade die Kritikerinnen und Kritiker der Pflegekammer es in den letzten Jahren versäumt haben, diese Herausforderungen anzugehen.

Häufig wird kritisiert, die Pflegekammer könne die tatsächlichen Probleme in der Pflege nicht lösen. Das ist vollkommen richtig. Es wäre vermessen zu propagieren, dass eine einzelne Institution das geringe gesellschaftliche Ansehen, die familienunfreundlichen Arbeitszeiten, die schlechte Bezahlung, die hohe Arbeitsbelastung, die begrenzten Einflussmöglichkeiten und den Fachkräftemangel im Alleingang beheben kann. Wir sind uns alle einig, dass in der Pflege dringend etwas passieren muss. Die Pflegekammer wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Doch all die strukturellen Probleme werden nur in enger Kooperation aller Beteiligten zu lösen sein. Was wir brauchen, ist ein starker Dreiklang aus Pflegekammer, Berufsverbänden und Gewerkschaften, der dafür eintritt, dass pflegerisches Handeln nicht länger nur als Kostenfaktor gesehen wird, sondern als elementarer  Bestandteil in der Versorgung alter und kranker Menschen; der dafür eintritt, dass Empathie und Lebensqualität ebenso bedeutsam für die zu Pflegenden sind, wie Diagnostik und Therapien; der für aufgeklärte und fachlich kompetente Pflegekräfte eintritt, die mit anderen Gesundheitsfachberufen auf Augenhöhe kommunizieren, und der dafür eintritt, das Pflege wieder zu einem attraktiven Beruf wird.

Anrede,

die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen in Niedersachsen wird bis 2030 von derzeit etwa 300.000 auf über 400.000 steigen. Die Pflege ist mithin die wichtigste Akteurin im Gesundheitswesen. Wir haben es mit diesem Gesetzentwurf in der Hand, der Pflege mit einer berufsständischen Kammer die Bedeutung zukommen zu lassen, die ihr angesichts dieser Zahlen gebührt. Wir haben es in der Hand, sie zu mehr Beteiligung zu befähigen und ihr im gesamtgesellschaftlichen Diskurs den Rücken zu stärken. Lassen Sie uns diese Chance nutzen!

Vielen Dank.

Fragen und Antworten zur Pflegekammer finden Sie in unserem Themenspecial "Pflegekammer" unter gltn.de/pflegekammer

 

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