Rede Enno Hagenah: Verbindungen und Einflüsse Carsten Maschmeyers und seines Firmengeflechtes auf Politiker und Politik des Landes Niedersachsen

Landtagssitzung am 01.07.2011

Enno Hagenah, MdL

Anrede,

nach dem Motto "Haltet den Dieb" versuchte die CDU/FDP-Landesregierung anfangs das "System Maschmeyer" vorrangig bei der SPD und deren ehemaligen Ministerpräsidenten Schröder, Glogowski und Gabriel abzuladen. Durch die jetzt vorgelegten Antworten auf die große Anfrage bekommt das Thema eine viel stärker systemische, alle Regierungen, also auch die jetzige von CDU und FDP, betreffende Bedeutung.

Allzu viel Geld ist da immer wieder geflossen und von dieser Landesregierung gern angenommen worden und allzu viele Interessen wurden da offenbar miteinander vermischt. – Dies macht die permanente Gefährdung der politischen Unabhängigkeit von Entscheidungen bei einem strukturell unterfinanzierten Staatswesen deutlich.
Aber noch in anderen Punkten drängen sich durch Ihre Antworten neue Fragen auf:

Warum z.B. haben Sie erst im Mai im Bundesrat - unter dem Eindruck der laufenden Spekulationen um die gezielte Einflussnahme von Herrn Maschmeyer - die Zuständigkeit für die Neuregelungen zum Vermögensanlagenvermittlungsrecht auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht beantragt, wenn Sie uns in der Antwort weiß machen wollen, dass eine Überforderung der bisher für die Kontrolle zuständigen kommunalen Gewerbeaufsichtsämter "mitnichten festzustellen" sei?

CDU und FDP sollten doch so konsequent sein, wenn sie alte Fehler korrigieren, diese doch zumindest im Nachhinein auch einzugestehen. Wir Grüne sind dazu in der Lage und wollen nach den Erfahrungen der Finanzkrise heute weit schärfere Transparenz und Kontrollregeln im Finanz- und Versicherungswesen, als wir sie noch in den rot/grünen Regierungsjahren mitgetragen haben.

Fassungslos macht Ihre Antwort, über die Jahre vor 2003 lägen "wegen des langen Zeitablaufes" keine Personalakten und Sachakten mehr vor. Da uns nicht bekannt ist, dass die Vorgängerregierung diese Unterlagen, wie weiland die Mannschaft um Altkanzler Kohl, systematisch in den Schredder geworfen hat, braucht es hier klare Archivierungsvorgaben von mindestens 20 Jahren, um auch im Nachhinein Zusammenhänge und Systematiken offen legen zu können. 

Das inzwischen erkennbare "System Maschmeyer" mit intensiver Kontaktpflege und umfassendem Sponsoring beschränkt sich nicht auf dieses eine Unternehmen und die bisher genannten Landes- oder Bundesregierungen. Konsequenzen müssen deshalb auch grundsätzlicher gezogen werden, um das politische "Kavaliersdelikt" der gezielten Einflussnahme gepaart mit "Sponsoring-Insentives" auf den Index zu setzen.

Erster Schritt dazu ist ein umfassendes Transparenzgebot bei den Industriekontakten und eine deutlich strengere Grenzziehung für Sponsoring, was die Höhe und die Zwecke angeht.

Die grüne Fraktion brachte dazu schon vor mehr als einem Jahr, im März 2010, einen Entschließungsantrag zur Eingrenzung des Sponsorings und zur Neuregelung der Parteispenden in den Landtag ein. In einer schriftlichen Anhörung des Innenausschusses von "Transparency International" ausdrücklich gelobt, wartet dieser neue Verhaltenskodex, der den Unterschied zur Bananenrepublik rechtssicher festschreiben würde, allerdings bis heute auf seine abschließende Behandlung im Parlament.

Ziele sind die unverzügliche Veröffentlichungspflicht für Sponsoring, eine stärkere Begrenzung der jährlich möglichen Parteispenden und eine engere Fassung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung (§108 e StGB).

Es bleibt zu hoffen, dass die ernüchternden Antworten auf die Große Anfrage den Entscheidungsprozess jetzt positiv befördern werden und auch bei CDU und FDP ein Nachdenken darüber beginnt, endlich mehr Selbstverpflichtungen festzulegen.

Als weitere Konsequenz aus dieser Erfahrung sollten Sie auch darüber nachdenken, ob Unternehmen und Einzelpersonen mit viel Kapital nicht demokratiefester durch eine gerechte Steuerreform stärker an der Finanzierung des Allgemeinwohles beteiligt werden sollten, als über die Umwege Sponsoring und Spenden ihre Verantwortung dafür beweisen zu müssen.  Wir meinen, das würde auch viele Probleme lösen.   

Zurück zum Pressearchiv