Rede Enno Hagenah: Schienenverkehrsausbau für Niedersachsen vorausschauend planen und umsetzen

Anrede,

der globalisierungsbedingt stark angewachsene Seefrachtverkehr bietet für die norddeutschen Seehäfen und das Hinterland eine wichtige wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeit. Die zwei Jahre alten Wachstumsprognosen zum Fracht- und Containeraufkommen in den Seehäfen in Hamburg, Bremerhaven und demnächst auch in Wilhelmshaven, sind für die kommenden 20 Jahre, trotz der aktuellen Rückgänge, weiterhin als Planungsgrundlage heranzuziehen, um den daraus möglichen wirtschaftlichen Nutzen nicht zu gefährden.

Dies gilt jetzt insbesondere, angesichts der verbesserten Schienenanbindung der Mitbewerber aus den Häfen Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam, die mit der neu erstellten Betuwe Linie über eine zweigleisige Güterbahn durch die gesamten Niederlande als Hinterlandanschluss verfügen. Dieser Konkurrenz müssen wir uns stellen!

In den Boomjahren 2007 und 2008 hat sich gezeigt, dass wegen der gestiegenen Kosten und der unkalkulierbaren Engpässe auf der Straßenanbindung überproportional die Güterbahn genutzt wurde. Dies ist aus Klimaschutzgründen eine unterstützenswerte Entwicklung, die allerdings schon mit den auch dort erreichten Kapazitätsengpässen zu kämpfen hatte.

Zunehmende Konflikte mit dem Personenfern- und –Nahverkehr sowie mit Anliegern vielgenutzter Güterstrecken machen den Ausbaubedarf auch deutlich. Bereits im Status Quo kann in Bremen wegen der Überlastung der Trassen mit Güterverkehr, können die S-Bahnen nicht überall im gewünschten 15 Minuten Takt fahren.

Und auf Hamburg rollen durch neue Bestellungen jetzt täglich 30 zusätzliche Nahverkehrszüge zu, während sich die Fertigstellung des dritten Gleises Lüneburg/Stelle inzwischen laut Bahn bis 2015 verzögert.

Wir haben angesichts der Engpässe auf Norddeutschlands Schienen durch die "krisenbedingte Verschnaufpause" jetzt die Chance aber auch die Verpflichtung ein zukunftsgerechtes Gesamtkonzept für den Infrastrukturausbau zu entwickeln, das zugleich den verschärften Anforderungen durch den Klimawandel gerecht wird.

Unser Ziel muss sein, in Zukunft einen deutlich höheren Anteil des Güterverkehres auf der Schiene abwickeln zu können. Dafür ist es nötig einen 24 Stunden Betrieb mit deutlich lärmreduzierten Güterzügen im bedarfsgerechten Umfang zu ermöglichen.

Außer den bescheidenen Bemühungen, eine Umfahrung des Knotens Bremen für einen Teil der Schienengüterverkehre aus und nach Bremerhaven zu ermöglichen, existiert als Lösungsansatz bisher nur die Wiederaufnahme der alten Personenschnellverkehrsplanung für eine Y-Trasse.

Ob das eine realistische Option ist, die tatsächlich am Ende vom Bund auch finanziert wird, lasse ich heute für meine Begründung zu unserem Antrag mal außen vor; auch die Frage wann die, auch nach Auskunft der Bahn, für das Güterverkehrswachstum insgesamt viel zu geringen zusätzlichen Kapazitäten dann zur Verfügung stehen. Darauf kommt es für den Antrag gar nicht an.

Denn auch Sie haben ja nie allein auf dies Projekt gesetzt, sondern immer gesagt, das sei Baustein einer größeren Verkehrs-Gesamtlösung!

Für alle drei in unserem Antrag beschriebenen großen Anforderungen:

Güterverkehrswachstum aus den Häfen, Güterverkehrswachstum aufgrund der Transeuropäischen Güterverkehrsnetze und zunehmende Konflikte mit dem Personenverkehr und lärmgeplagten Anwohnern, für alle diese Fragen muss noch eine stimmige politische Antwort aus einem Guss erarbeitet werden

Über das bisher von der Landesregierung Geplante hinaus ist es erforderlich, zusätzliche Gleise an vorhandenen Strecken, Kurven zum Ersatz von Kopfbahnhöfen, Ortsumgehungen, Lückenschlüsse und neue Verbindungen zwischen vorhandenen Gleisen mit jeweils entsprechendem aktiven und passiven Lärmschutz alternativ zu prüfen und zu sinnvollen Umsetzungspaketen in einer norddeutschen Gesamtkonzeption für den Schienenausbau zusammen zu führen.

Ganz wichtig sind dabei die im Bundesverkehrswegeplan  seit langem enthaltenen Projekte zweigleisiger elektrifizierter Ausbau der Strecke Rothenburg/ Verden und der Amerikalinie von Landwedel nach Stendal.

Im Zuge einer sorgfältigen Abwägung von Varianten müssen wir dafür sorgen, dass die effizienteste, kostengünstigste und verträglichste Gesamtkonzeption zum Schienenausbau möglichst schnell zur Umsetzung kommt.

Andernfalls drohen erhebliche wirtschaftsschädliche Verzögerungen mit vermeidbarem zusätzlichem Güterverkehrsdruck auf das Straßennetz, sowie immerwährender unproduktiver Streit um Teilprojekte, die für sich genommen alle nicht ausreichen können. 

Es wäre unverantwortlich für die Zukunft der Hafenwirtschaft und des Wachstumspotenzials des Schienen-Logistikbereiches allein auf das dafür ungeeignete Projekt Y-Trasse zu setzen. Unterstützen sie deshalb unsern Antrag. 

Dazu ist festzuhalten:

1. Bisher werden jährlich in Deutschland 1,2 Mrd. € in den Ausbau des Schienennetzes investiert. Bei den derzeit vielen halbfertigen und begonnen Projekten der DB bis 2025 werden somit kaum genügend Mittel für ein neues Großprojekt wie die Y-Trasse (im bisherigen alten Ansatz ohne erweiterte Nutzung im Mischverkehr und ohne Baukostensteigerung 1,6 Mrd. € teuer) zur Verfügung stehen.

2. Durch die Entlastungswirkung der Y Strecke werden, selbst wenn sie in der geplanten Zeit fertig würde, keine ausreichenden Kapazitäten für den prognostizierten Schienengüterverkehrsbedarf geschaffen. Es wären erhebliche zusätzliche und vor allem schneller wirksame Maßnahmen erforderlich, weil das Y erst nach Fertigstellung ein wenig Nutzen bringt.

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