Rede Enno Hagenah: Raus aus der Kreditklemme

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Die Situation für kleine und mittlere Unternehmen in Niedersachsen ist dramatisch. Sie haben wenig Eigenkapital und bekommen immer weniger Kredite von den Banken. Das bestätigen verschiedene Umfragen und leider auch steigende Insolvenzzahlen – allein im Jahr 2003 gab es einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Niedersachsen um 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Gründe kennen wir alle: Die Banken richten die Vergabe der Kredite schon jetzt nach den strengen Basel-II-Vorgaben aus, durch ihre eigenen Verluste in den letzten Jahren sind sie restriktiver geworden oder haben sich ganz aus dem weniger profitablen Mittelstandsgeschäft zurückgezogen.
Es trifft immer mehr ansonsten wirtschaftlich gesunde mittelständische Unternehmen, die allein durch Zahlungsverzögerungen ihrer Auftraggeber in den Ruin getrieben werden. Die herkömmliche Kreditbeschaffung reicht nicht mehr aus. Alternativen sind dringend nötig. Und zwar sofort. Wir müssen jetzt handeln und nichts, aber auch gar nichts auf morgen verschieben! Und wir müssen NEUE Wege der Wirtschaftsförderung gehen. Das ist kein frommer Wunsch, sondern durchaus realisierbar. Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass es alternative Förderinstrumente gibt, die andere Bundesländer längst erfolgreich einsetzen.
Wir waren keine Freunde der NBank-Gründung, dass ist hier allen bekannt. Aber jetzt haben wir die NBank nun einmal und jetzt müssen wir sie auch so optimal wie möglich einsetzen, um dem Mittelstand erfolgreich unter die Arme zu greifen. Doch diese Landesregierung mit diesem Wirtschaftsminister nutzt die Chancen bisher nicht, die ein solches Instrument bietet. Das sagen nicht nur wir von den Grünen. Auch die CDU hat aufgemerkt, nachdem unser Antrag letzte Woche vorlag. Wir fühlen uns mit unsere Initiative bestätigt, nachdem die Kollegen Dinkla und Stumpf nun auch erste Kritik am bisherigen NBank Konzept geäußert haben.
Wenn jedes vierte Mittelstandsunternehmen in diesem Land kein Eigenkapital hat oder sogar verschuldet ist, dann bleibt kein Platz und keine Zeit für parteipolitische Profilierung und Gezänk. Damit volle Auftragsbücher in Niedersachsen wieder abgearbeitet werden können und Aufträge nicht an fehlender Finanzierung scheitern, müssen wir alle an einem Strang ziehen.
Wir müssen mehr auf alternative Eigenkapitalmittel setzen und die Beratung über andere Finanzierungsarten für Mittelständler ausbauen. Die NBank hat mit dem Programm "Bonus" schon einen Schritt in die richtige Richtung getan. Doch das genügt noch lange nicht! Von der stillen bis zur direkten Beteiligung muss die NBank mit dem Wirtschaftsministerium neue Programme und Instrumente entwickeln.
Darüber hinaus ist es unerlässlich, dass die NBank künftig nicht nur dazu dient, Geld von der EU- und Bundesebene durchzuleiten. Die niedersächsische Förderbank sollte wie die Förderbanken anderer Bundesländer auch selbst über einen Kapitalstock verfügen, den sie einsetzen kann, um in begrenztem Rahmen auch selbst auf Finanzierungsengpässe des Mittelstandes zu reagieren.
Außerdem muss die Abwicklung von Darlehen und Bürgschaften von Seiten des Landes dringend in einer Hand gebündelt werden. Die NBank ist doch ins Leben gerufen worden, weil DORT die unübersichtliche Wirtschaftsförderung Niedersachsens durchschaubar und gebündelt werden sollte?! Es kann doch nicht sein, dass wir uns eine teure Förderbank leisten und trotzdem weiter verschiedene Ministerien und noch dazu externe Stellen darüber befinden, wann wer welche Förderung oder Bürgschaft erhält. - Hier muss konsequent bis zu Ende gedacht und gehandelt werden. Wer eine schlagkräftige Förderbank will, der muss ihr auch die nötige Kompetenz abgeben.
Mit Blick nach Brüssel müssen wir dringend aufholen, was andere Bundesländer schon längst vormachen. Sonst läuft uns nämlich die Zeit weg. Wenn Frau Dr. Johannsen als Geschäftsführerin der NBank ankündigt, dass sie beginnen will, darüber nachzudenken, wie Investitionszuschüsse auf Darlehns- und Beteiligungsprogramme umzulenken sind, dann geht uns das zu langsam. Wir können es uns angesichts der dramatischen Haushaltslage nicht länger leisten, den noch verbliebenen Rest der insgesamt rund 250 Millionen Euro Fördermittel aus Brüssel für kleine und mittlere Unternehmen im Förderzeitraum bis 2006 als Zuschuss im Land zu verschenken. Das haben die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Berlin und Brandenburg längst erkannt. Seit knapp zwei Jahren werden beispielsweise in NRW die EFRE-Mittel in einem Fonds gebündelt. Unternehmen, die daraus unterstützt werden, zahlen das Geld zu einem vereinbarten Zeitpunkt wieder zurück. Damit kann NRW auch NACH dem Auslaufen der Ziel-2-Förderung seinen Mittelstand mit dem Finanzstock weiter fördern.
Auch von Niedersachsen muss umgehend ein Antrag dazu bei der Kommission in Brüssel gestellt werden und ein revolvierender Fonds eingerichtet werden, damit wir nach 2006 nicht gänzlich mit leeren Händen dastehen.
Meine Damen und Herren, es gibt viel zu tun, um Niedersachsens Mittelstand über die Kreditklemme hinweg zu helfen. Das ist unsere gemeinsame Verpflichtung. Der Mittelstand in Niedersachsen hat es nötig!

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