Rede Enno Hagenah: Planlos, sprunghaft, unzuverlässig – mit einem Wort Bode”¦

Anrede, Herr Bode,

Ihre ersten 100 Tage sind längst vorbei und es ist höchste Zeit für den Wirtschaftsstandort Alarm zu schlagen. Sicher war es nicht leicht, nach dem erneuten kompletten Austausch von Minister und Staatssekretär in so kurzer Zeit einen geordneten Start hinzulegen, aber was in den vergangenen Monaten in wichtigen Punkten in ihrem Ministerium gelaufen ist, darf so nicht weitergehen:

Das bewusste Überbuchen der einzelbetrieblichen Förderung aus dem letzten Jahr ist zwar noch ihrem Vorgänger Rösler anzulasten. In ihrer Verantwortung liegt jedoch der wirtschaftpolitische Zickzack-Kurs seit Beginn diesen Jahres: Einmal mehr haben Sie die heimischen Unternehmen ins Taumeln gebracht. Wieder wurde den Betrieben ein attraktiver Förderkuchen hingehalten und erneut abrupt weggezogen. Ohne Übergang. - Eigentlich sollte man doch aus Fehlern lernen, Herr Minister?

Da erklärt die NBank zusammen mit ihren Leuten uns Abgeordneten noch im März, die einzelbetriebliche Förderung sei auf einem guten Weg und die Gerechtigkeit bei der Förderung würde optimiert, und kaum zwei Wochen später ziehen Sie die Notbremse, weil plötzlich alle Mittel aus 2010 schon ausgegeben sein sollen.

Im Ausschuss vorige Woche haben Sie diesen Offenbarungseid sogar noch erweitert und erklärt, auch alle EU-Mittel (EFRE) zur einzelbetrieblichen Förderung seien bis 2013 schon vergeben. – Wer so kurzsichtig mit dem von ihm zu verantwortenden Fördergeld umgeht, dem kann man nicht die Wirtschaftspolitik für dieses Land anvertrauen.

Wirtschaftsförderung braucht einen langen Atem, Verlässlichkeit und vor allem dauerhafte, gerechte Kriterien. Deshalb haben wir Grüne schon vor Jahren gefordert die Förderung auf Beteiligungskapital und verbilligte Kredite umzustellen. Dies erst jetzt nachzuvollziehen, wo Sie vorher die Kassen leer geräumt haben, ist zynisch und dilettantisch zugleich. Andere Bundesländer haben längst auf diese nachhaltigen Förderinstrumente umgestellt. Niedersachsen hingegen liegt abgeschlagen mehr als 50 % unter dem durchschnittlichen Beteiligungskapitalanteil in den anderen Ländern.  

Schnelligkeit ist eben kein Wert an sich. Das erweist sich jetzt auch beim Jade-Weser-Port: 8,5 Millionen Euro extra hat die sogenannte Turboprämie die Steuerzahler schon gekostet, damit die Baumfirmen schneller bauen, und jetzt drohen Niedersachsen aus-gerechnet deshalb millionenschwere Ausfallkosten. Weil Eurogate und Maersk an anderen Kaianlagen Überkapazitäten haben, möchten die Wilhelmshaven am liebsten erst Jahre später in Betrieb gehen lassen. –

Herr Bode, sie haben ihre Projektpartner offensichtlich nicht im Griff.

Oder sind die Verträge so schlecht, die Ihr Haus und Ihre JWP-Realisierungsgesellschaft ausgehandelt haben, dass derartige für unser Land extrem schädlichen Forderungen zu Recht gestellt werden? 

Selbst im Bundesverkehrsministerium scheint man nicht mehr an einen termingerechten Betriebsbeginn in Wilhelmshaven zu glauben. Anders sind doch die nur lau von Herrn Ramsauer dementierten Presseberichte über eine erneute Verzögerung des mehrfach fest zugesagten Bahn-ausbaues zwischen Wilhelmshaven und Oldenburg nicht zu erklären. -

Bei soviel aus gebremster Aktivität kann es dem Minister auf seinem Lieblingsverkehrsweg den Autobahnen natürlich nicht schnell genug gehen. - Während seine Vorgänger Hirche und Rösler mehrere neue Tempolimits zur Unfallvermeidung und Kapazitätsverstärkung auf niedersächsischen Autobahnen erlassen haben, überraschten Herr Bode und der Koalitionspartner CDU zu Ostern die Fachwelt mit einer neuen These. Nun will man Tempolimits auf Autobahnen aufheben, weil durch das langweilige, langsame Fahren erst Unfälle provoziert würden. – Das ist wirklich Haarsträubend und Gestrig, mehr will ich dazu heute nicht ausführen”¦

Herr Bode, die wenigen Monate zeigen, Sie handeln zu oft übereilt und das auf Kosten von Gründlichkeit und Verlässlichkeit. –

Da wäre es für Niedersachsen nicht nur auf der Straße, sondern auch in der Landespolitik besser, wenn Sie sich zukünftig ein striktes persön-liches Tempolimit auferlegen würden, sonst geht da noch mehr schief.

Lassen Sie sich nicht über die aktuell noch positiven Strukturdaten hinwegtäuschen, die Niedersachsens Wirtschaft vermeldet. Der relativ günstige Stand bei Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsleistung im Ländervergleich hängt vor allem mit den kurzfristigen Strohfeuern zusammen, die sie mit den zu hastig weggeschenkten Fördertöpfen und Konjunkturmitteln üppig gespeist haben.

Strukturell liegen wir noch hinten. Die Krise, in der wir uns befinden, ist aber leider noch lang, und abgerechnet wird am Schluss. Das dicke Ende steht uns wegen ihrer planlosen und sprunghaften Politik noch bevor.

   

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