Rede: Enno Hagenah: Niedersächsisches Landesvergabegesetz

Anrede,

die von der FDP lange geforderte Abschaffung des Landesvergabegesetzes ist vom Tisch. Immerhin. Leider sind Sie auf halber Strecke im Parteienkompromiss stecken geblieben. Nur einen Papiertiger haben sich CDU und FDP in den vergangenen Monaten zusammengebastelt. Mehr nicht.

Immer mehr Branchen drohen ins Lohndumping abzugleiten. Immer mehr Menschen können trotz Vollzeitstelle sich ihr Leben nicht leisten. Gerade auch das Verkehrsgewerbe und viele Dienstleister sind gefährdet, in einen Wettbewerb um Niedrigstlöhne zu geraten.

Gleichzeitig wird die finanzielle Not der Kommunen größer. Wegen des Wirtschaftsabschwunges ist mit massiven Gewerbesteuerausfällen zu rechnen. Die Versuchung ist also groß, bei Vergaben dem billigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen und nicht so genau hinzusehen, wie die Billigangebote zustande kommen.

Anrede,

Wenn wir wirklich Wettbewerbsverzerrungen entgegenwirken wollen und wenn auch die Mehrheitsfraktionen es ernst meinen mit dem Vorbildcharakter der öffentlichen Hand, dann brauchen wir ein Gesetz, das sich nicht umgehen lässt und das alle gefährdeten Branchen umfasst:

  1. Wir brauchen rechtsverbindliche Sanktionen, sowohl gegenüber Unternehmen als auch gegenüber den Kommunen. In einigen Branchen wird mit harten Bandagen ums nackte Überleben gekämpft. Da bewirken wir keine Verhaltensänderung, wenn wir bei Gesetzverstößen nur seichte Rügen aussprechen. CDU und FDP haben an dieser Stelle den Entwurf weich gespült. Beim alten Gesetz mussten Unternehmen noch Strafen zahlen, jetzt gilt nahezu Narrenfreiheit.
  2. Angesichts leerer Kassen müssen wir die Kommunen in die Pflicht nehmen, die Einhaltung der Vorgaben auch zu kontrollieren. Gerade weil die kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung ihre distanzierte Haltung zum Vergabegesetz verdeutlicht haben, ist doch absehbar wie wenig sie sich auf freiwilliger Basis künftig für die Einhaltung einsetzen werden.  
  3. Im Baugewerbe wie auch in vielen anderen Bereichen zerren Unternehmen inzwischen um kleinste Auftragshäppchen und bekämpfen ihre Konkurrenz auch mit unsauberen Mitteln. Deswegen bedauern wir außerordentlich, dass CDU und FDP den Geltungsbereich für das Gesetz nicht von 30.000 Euro auf 10.000 Euro gesenkt haben. So hoch können viele kleine niedersächsische Handwerksbetriebe nicht pokern.

Die aktuelle Statistik der Bundesagentur für Arbeit macht doch klar, wie wichtig wirksame Instrumente sind, um Lohndumping zu bekämpfen. Trotz der im ersten Halbjahr diesen Jahres noch brummenden Konjunktur und obwohl die Gesamtzahl der Hartz-IV-Empfänger abgenommen hat, hatten wir erneut einen Anstieg bei den so genannten Aufstockern um 65.000 auf 1,35 Millionen bundesweit. - Menschen, die von ihrem Arbeitslohn ihr Leben nicht bestreiten können und die deswegen zusätzlich ALG-II beantragen.

Ein wirksames Landesvergabegesetz könnte an dieser Stelle die ungewollte Staatssubvention für Lohndumpingfirmen korrigieren. Es muss aber ein Instrument sein, das alle gefährdeten Branchen umfasst und mit dem wir den Wildwuchs den Nährboden entziehen.

Der vorliegende Papiertiger von CDU und FDP schafft das keinesfalls.

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