Rede Enno Hagenah: Niedersächsisches Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz

Anrede,

Das mit der Föderalismusreform 2006 außer Kraft gesetzte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (kurz: GVFG) war ein reines Investitionsförderungsgesetz zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden im Bereich des ÖPNV und des kommunalen Straßenbaus. Daneben enthält das Gesetz wie auch das nachfolgende Entflechtungsgesetz keine Bestimmung, was denn eigentlich zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse beiträgt. Eine dahingehende  Definition seines Zweckes fehlt bisher.

Seit 2006 fließen diese Mittel den Ländern mit zunächst gleich gebliebener Zweckbindung im Rahmen des so genannten Entflechtungsgesetzes noch bis 2013 unverändert weiter zu. Danach, ab 2014 bis derzeit 2019 werden vom Bund zwar noch die gleichen Geldbeträge jedes Jahr an die Länder überwiesen, aber die die Zweckbindung zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden entfällt. Die Vorgabe des investiven Einsatzes besteht fort.  

Das führt derzeit zu einer zunehmenden Verunsicherung bei Kommunen und Verkehrsunternehmen des ÖPNV. Die Befürchtungen, dass die Landesregierung in Niedersachsen versucht sein könnte, angesichts der klammen Finanzlage des Landeshaushaltes Mittel für andere Investitionen außerhalb des Verkehrsbereiches abzuzweigen, machen die Runde.

Angesichts der rigiden Spareingriffen von Finanzminister Möllring in der Vergangenheit, zum Beispiel in die Regionalisierungsmittel für den Eisenbahnnahverkehr, aus denen diese Landesregierung 25 % zur Finanzierung der Landesaufgabe Schülerverkehr abzweigt, oder beim bei Weitem nicht werthaltigen Verkauf der OHE sind diese Sorgen durchaus nachvollziehbar.

Erste hinhaltende Absagen der Landesnahverkehrsgesellschaft und des hiesigen Verkehrsministeriums wegen der unklaren Fördersituation ab 2014 liegen bei Verkehrsträgern und Kommunen schon vor. In einer berechtigten Torschlusspanik stapeln sich nun Förderanträge.

Die mehr als  120 Mio. EUR Bundesförderung pro Jahr, die ab 2014 ohne die bisherige Zweckbindung an das Land fließen, dürfen aber nicht in Gefahr geraten, tagesaktuellen Sparzwängen zum Opfer zu fallen.

Die Aufgaben der Daseinsvorsorge im demografischen Wandel und der Klimaschutz erfordern in Zukunft eher mehr als weniger Investitionen in den Um- und Ausbau unserer Verkehrsinfrastruktur.

Die knappen Finanzmittel müssen allerdings zukünftig ökonomisch noch effektiver und ökologisch sinnvoller eingesetzt werden.

Statt neuer Umgehungsstraßen geht es zunehmend um eine bessere Verknüpfung von öffentlichem Verkehr und Individualverkehr. Der ÖPNV ist vielerorts noch nicht ausreichend auf Mobilitätsbehinderte vorbereitet und es fehlen häufig noch attraktive ÖV-Angebote, die dringend ausgebaut werden müssen. Das niedersächsische Radverkehrsnetz hat noch viele Lücken und die neuen Chancen, die sich z.B. durch die Entwicklung der Pedelecs für Radschnellwege im Pendlerverkehr der größeren Städte eröffnen, erfordern ganz neue Radwegprofile und Querungsbauten.

Unser Gesetzentwurf enthält eine Vielzahl von förderungsfähigen Vorhaben in den Bereichen ÖPNV, Carsharing und Radverkehr. Damit wird der Umstieg vom motorisierten Individualverkehr unterstützt. Auch Maßnahmen zum Lärmschutz, zur Barrierefreiheit und zur besseren Kundeninformation im ÖV sollen förderfähig sein.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schaffen wir als Landtag eine dringend nötige, modernisierte Rechtsgrundlage für die Förderung von Vorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs und des kommunalen Fahrradwege- und Straßenbaus.

Andere Bundesländer, wie Baden-Württemberg sind den Weg zu landeseigenen Verkehrsförderungsgesetzen zur Zweckbindung der Bundesmittel bereits im vorigen Jahr gegangen. Hier hatten auch CDU und FDP erkannt, dass es im Vorfeld der entfallenden Zweckbindung der Bundesförderung ein klares Bekenntnis des Landes braucht, um eine sachgerechte Weiterentwicklung des kommunalen Verkehrswegebaues zu gewährleisten.

Wir hoffen deshalb auf eine breite Unterstützung für unseren Gesetzentwurf - auch von den Verkehrspolitikern der anderen Landtagsfraktionen.

Die Kommunen und Verkehrsunternehmen in Niedersachsen erhalten mit diesem Gesetz über das Jahr 2013 hinaus verlässliche Förderkriterien für die Finanzierung von Vorhaben des öffentlichen Personennahverkehrs und des kommunalen Straßenbaus. Die ÖPNV-Finanzierung wird damit transparenter und effizienter.

Das Manko der zu allgemeinen Zweckdefinition wird beseitigt. Neben den bisherigen Fördermöglichkeiten können dann auch Radverkehrsanlagen in kommunaler Baulast,  Lärmschutzmaßnahmen an innerörtlichen Straßen und die Erneuerung von Schienenverkehrswegen gefördert werden. Dies ist eine notwendige Anpassung der Förderkriterien an die verkehrlichen Anforderungen im 21. Jahrhundert.

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