Rede Enno Hagenah: Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit und Lehrstellenmangel

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

seit Jahren haben wir uns von den Regierungsfraktionen Lobenshymnen anhören müssen, dass die Jugendlichen in Niedersachsen bei der Berufsausbildung besonders gut versorgt sind. Für die Tausenden Jugendlichen, die alljährlich leer ausgingen oder in Warteschleifen verharrten, hatten CDU und FDP nur Achselzucken parat: Die übrig gebliebenen seien ausbildungsunfähig oder –unwillig und selber Schuld.

Ob Berufsbildungsbericht, Ausbildungszahlen der BA oder aktuell eine UN-Studie –alle sagen uns dagegen: Die Situation ist dramatisch.

Jeder sechste Jugendliche zwischen 20 und 29 Jahren hat keinen Berufsabschluss in diesem Land. Tendenz steigend. Und das liegt oft nicht an schlechten Zensuren: Unter den Ungelernten haben 38 Prozent einen besseren Notendurchschnitt als 3,0 – Und das bei einem absehbaren Fachkräftemangel. 

Inzwischen landet jeder zweite Hauptschüler trotz Abschluss in der Warteschleife, jeder dritte Hauptschüler findet auch 15 Monaten keine Lehrstelle. Wie wird das erst mit dem doppelten Abiturjahrgang werden?

Wir geben 4 Milliarden Euro bundesweit aus, um uns teure Übergangssysteme mit zum Teil zweifelhaftem Erfolg und hohem Stigmatisierungspotenzial zu leisten. Fakten, die das Bundesinstitut für Berufsbildung so kommentiert: Das hat weniger etwas mit den schwachen Leistungen der SchulabgängerInnen zu tun, als vielmehr mit den nicht ausreichenden Lehrstellen. Das BIBB rät: Das Geld besser einzusetzen – und zwar in zusätzlicher beruflicher Vollausbildung.

Seit Jahren vertrauen CDU und FDP hierzulande allein auf ihren Ausbildungspakt als Patentrezept aller Probleme. Tatsächlich haben Jugendliche in Niedersachsen mit größeren Problemen zu tun wie ihre Altersgenossen bundesweit. Weit unter Bundesdurchschnitt (-16 Prozent) ging im wirtschaftlichen Aufschwung des vergangenen Jahres die Zahl der junger Arbeitslosen mit nur 9 Prozent zurück und stagniert damit erneut auf hohem Niveau.

Das Berufsbildungssystem hat versagt, wenn trotz zunehmenden Fachkräftebedarfs ein großer Teil der Jugendlichen auf der Straße oder in Warteschleifen landet oder als "Generation Praktika" strandet.

Wir halten den Antrag der Linken dazu für einen gut gemeinten Beitrag. Das heißt aber nicht gut gemacht. Das Potpourri der Forderungen kann die strukturellen Probleme nicht beheben. Die Erfahrungen in Berlin und Brandenburg überzeugen  uns nicht

Wenn wir nicht weitere Generationen sich selbst überlassen wollen, dann müssen wir das Ausbildungssystem grundlegend reformieren. Wir setzen deshalb auf den Ausbau überbetrieblicher Ausbildungsstätten. Zusammen mit Berufsschulen und Betrieben schaffen wir damit zusätzliche Ausbildungsplätze nach dem dualen System.

Für lernschwache Jugendliche wollen wir das Angebot der Produktionsschulen ausweiten. Hier können Mädchen und Jungen ihren Schulabschluss nachholen und sie werden professionell in die Berufsbildung begleitet.

Wir wollen uns mit einer "Generation Praktika" nicht abfinden. Deswegen muss die Bundesregierung die EU-Initiative gegen prekäre Jobs und unfaire Praktika zügig in der nationalen Politik umsetzen. Wir brauchen eine europäische Qualitätscharta.

Anrede,

wer Fachkräftemangel beklagt, muss jungen Menschen einen Ausbildungsplatz und nach der Ausbildung einen guten Berufseinstieg anbieten und nicht endlose Warteschleifen, Praktika und Arbeitslosigkeit.

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