Rede Enno Hagenah: LKW-Maut-Ausweichverkehr flächendeckend erfassen und unterbinden

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Anrede,
allen Unkenrufen der CDU/FDP-Koalition hier im Hause zum Trotz - die LKW-Maut auf Autobahnen funktioniert reibungslos und die Einnahmen beim Bund fließen sogar stärker als angenommen.
Ich stelle fest: Die Entscheidung von Rot-Grün im Bund war richtig. Es war richtig, sich über die Bedenken der Opposition hinwegzusetzen, die auf eine veraltete Technik der Nachbarländer zurückgreifen wollte. Es war richtig, trotz der anfänglichen Lieferprobleme von Toll Collect weiter auf innovative Technik und die deutschen Industriepartner zu setzen.
Im Gegensatz zur vernünftigen Bundesverkehrspolitik steht die dilettantische niedersächsische Landespolitik. Minister Hirche kneift bei dem jetzt anstehenden Problem rund um den Maut-Ausweichverkehr. Statt tatkräftig zu handeln, flüchtet er sich in Ausreden, wieso er die Verantwortung für Sperrungen und Nachtfahrverbote auf Ausweichstrecken nicht übernehmen kann. Und das, obwohl er in den Sommerferien selbst drastische Zahlen vorgelegt hat, die deutlich machen, dass viele Bürger in Niedersachsen an Ausweich-Strecken nachts kaum noch ein Auge zu machen und erhöhten Unfallrisiken ausgesetzt sind.
Auf acht Bundesstraßen in Niedersachsen nahm demnach der LKW-Verkehr um mehr als 25 Prozent zu. Auf der Bundesstraße 75 in Sottrum nachts um die Hälfte, am Trelder Berg gar um knapp 90 Prozent.
Zahlen, die für sich sprechen. Zahlen, die zum Handeln drängen. Und Ihr Handeln, Minister Hirche, in den Wochen nach der Pressekonferenz bis heute? Das blieb aus. Stattdessen erklären Sie seither stur, selbst nichts tun zu können. Vor Ort sollen nach Ihrer Meinung die unteren Behörden selbst handeln. Doch das funktioniert nicht. Das sagen Ihnen doch auch die Landräte und bitten Sie eindringlich um Hilfe. Denn die sind überfordert, aus eigenen Kräften die Maut-Flüchtlinge zurück auf die Autobahnen zu drängen. Wie Sie selbst auch wissen, hat dann auch die Bezirkskonferenz Oldenburg/Osnabrück des niedersächsischen Städtetages in der vergangenen Woche ein landeseinheitliches Konzept zur Einschränkung des Maut-Ausweichverkehrs gefordert.
Auf die jüngsten Hilferufe aus den Kommunen reagiert Ihr Verkehrsministerium zurzeit unüberlegt und überhastet. Ihre Antwort auf die Maut-Flucht kürzlich in den Medien: Die Maut-Erhebung soll in den Ballungsräumen ausgesetzt werden. So einfach ist das für Sie: Flucht vor Kosten einfach durch Abschaffung der Kosten unnötig machen. Dass Sie damit das System Maut insgesamt untergraben scheint Ihnen egal zu sein. Nur weil Sie keinen Mumm haben, sich gegen einzelne Vorbehalte vor Ort durchzusetzen und selbst keine Sperrungen anordnen wollen. Was Sie sich selbst nicht zutrauen, empfehlen Sie aber durchaus gern anderen. Wie im Fall Goldenstedts: Da sagten Sie dem Landkreis Vechta, er solle doch ein Nachtfahrverbot für LKWs einführen.
So geht das nicht. Allein schon aus formalen Gründen: Für die meisten Sperrungen muss das Land parallel zu Maßnahmen der Kommune das LKW-Sonntags-Fahrverbot für LKWs auf den betroffenen Autobahnabschnitten aufheben. Außerdem würde in Niedersachsen ein chaotischer Flickenteppich an Regelungen entstehen, wenn Sie die Verantwortung von Durchfahrverboten allein den Kommunen überlassen würden.
Anrede,
dabei müssen Sie doch nur über die Landesgrenzen schauen und das nachmachen, was andere Bundesländer längst in die Tat umgesetzt haben. Dort zeigen Ihre Kollegen, wie die Maut-Flucht in den Griff zu kriegen ist und dass die vorhandene Rechtslage völlig ausreicht. Auf schwer belasteten Ausweichstrecken sperren Hessen, Sachsen und Rheinland-Pfalz auf mehreren 100 Kilometern die Durchfahrt bereits rund um die Uhr für Transit-LKW. So hat z.B. Rheinland-Pfalz die B9 zwischen Worms und Mainz für schwere LKWs gesperrt und in Hessen wurde auf der B27 und der B7 ein generelles Durchfahrverbot für Transit-LKW erlassen.
In Niedersachsen dagegen gibt es nicht mal ein Nachtfahrverbot.
Auch Ihre dritte Ausrede funktioniert angesichts des aktuell dramatisch gestiegenen Ausweichverkehrs nicht: Wenn Sie auf den Bund verweisen schieben sie das Problem in Wirklichkeit auf die lange Bank. Sie wissen genau dass Berlin und Brüssel sich erst irgendwann im nächsten Jahr einigen können, bei welchen Bundesstraßen in Niedersachsen die Maut zusätzlich kassiert werden kann. Und Sie wissen auch, dass dies nur in sehr wenigen Fällen im ersten Anlauf glücken dürfte – das hat rechtliche Gründe und ist von Berlin aus gar nicht allein zu beschleunigen.
So wie Sie sich bei dem Thema wegducken, ist das keine verantwortliche Politikgestaltung im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, Herr Minister. Natürlich müssen wir die Strecken nach Berlin melden, nur hilft das leider jetzt keinem einzigen Bürger an den Ausweichstrecken.
Damit nicht nur die Hessen und Sachsen ruhig schlafen, während durch Niedersachsens Städte noch nachts die LKW donnern, bitten wir um eine zügige Beschlussfassung und beantragen sofortige Abstimmung.

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