Rede Enno Hagenah: Kürzung der Regionalisierungsmittel ausgleichen

Anrede,

Der Kuhhandel im Bundesrat vom vergangenen Freitag - Mehrwertsteuererhöhung gegen Nahverkehrs-Kompromiss - geht voll zu Lasten der Kunden im ÖPNV.

Die Reduktion der angedrohten Kürzung von 2,3 Mrd € auf nun 1,8 Mrd € sehen wir angesichts der auch damit verbundenen harten Einschnitte nicht als Erfolg.

Wenn kein Ausgleich zu den vom Bund nun durchgesetzten Kürzungen gefunden wird drohen entweder Fahrpreiserhöhungen von 15 bis 20 % oder es kommt zu einer erheblichen Verringerung im Angebot. Ebenso einzukalkulieren sind der Wegfall oder die erhebliche Verzögerung von überfälligem Angebotsausbau, wie z.B. bei der Regiostadtbahn Braunschweig, der neuen Bremer S-Bahn, dem Ausbau der Heidebahn, oder der neuen S-Bahn Verbindung Hildesheim Hannover.

Die niedersächsische Landesregierung trägt im doppelten Sinne Mitverantwortung an Steinbrücks erfolgreichem Raubzug bei den Bahn Regionalisierungsmitteln der Länder im Windschatten des Großkoalitionären MWST Coup`s.

Zum einen diente gerade auch die besonders hohe Zweckentfremdung der Regionalisierungsmittel in Niedersachsen für die Finanzierung der Schülerbeförderung dem Bundesfinanzminister als politische Legitimation für seine Forderungen. Zum anderen wurde die Chance zur Korrektur des Haushaltsbegleitgesetzes durch Anrufung des Vermittlungsausschusses auch von Niedersachsen nicht ergriffen.

Das bedeutet, dass Ihre Abstimmungsenthaltung am letzten Freitag Herr Ministerpräsident faktisch als stillschweigende Zustimmung zum schmutzigen Deal "MWST Anteile gegen Kürzungen im ÖV" zu werten ist, und wir deshalb von Ihnen  für den Verkehrsbereich mit Fug und Recht einen Ausgleich für den angerichteten Schaden einfordern. - Einen Ausgleich, den z.B. die Saarländische Regierung schon bei den Kürzungen im Zuge von Koch/Steinbrück übernommen hat, während dieser sogen. Subventionsabbau in Niedersachsen zu 100 % von den Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen geschultert werden musste. 

Formal wäre für den Ausgleich der jetzt anstehenden Kürzungen von rund 50 Mio € pro Jahr schon die von uns seit langem geforderte Rückkehr zur korrekten Finanzierung der Schülerbeförderung aus dem originären Landeshaushalt ab dem nächsten Haushaltsjahr mehr als ausreichend.

Diese Korrektur ist auch strategisch jetzt geboten, denn die von einigen Bundesländern weiter betriebene Revision der Regionalisierung wird nach dem klaren Urteil der meisten Fachleute ohnehin Schluss machen mit ihrer derzeitigen Umfinanzierung der Schülerbeförderung aus den Regionalisierungsmitteln.

Es ist zwar mittlerweile Konsens dass Bahnhöfe und selbst Busverkehre aus dem Topf bezahlt werden können, aber nur solange es sich jeweils um Verbesserungen des vorherigen Angebotes im ÖV handelt. Das kann man von der Daueraufgabe Schülerverkehr aber nun sicher nicht behaupten, das es sich dabei um eine Verbesserung des bisherigen Angebotes handelt”¦

Anrede,

die Entscheidung im Bundesrat führt zu einer massiven Verunsicherung der Verkehrsträger und schadet bereits der positiven Weiterentwicklung des Nahverkehrs in Niedersachsen. Die Aufgabenträger und Kunden müssen mit Fahrpreiserhöhungen und Angebotsverlusten rechnen, insgesamt also einer erheblichen Qualitätsverschlechterung

Herr Ministerpräsident, helfen Sie Verkehrsminister Hirche bei der Hauhaltsaufstellung 2007 den nötigen Mittelausgleich mit Herrn  Möllring herbeizuführen, damit der ÖPNV in unserem Bundesland und damit die Mehrzahl der VerbraucherInnen nicht noch zusätzliche Belastungen zur ohnehin kostentreibenden Mehrwertsteuererhöhung im nächsten Jahr aufgeladen bekommen.

Neben eigenen Anstrengungen zum Ausgleich im Haushalt kann einen Beitrag das Angebot der VDV Betriebe zur stetigen, aber verlässlichen prozentualen Kürzung für die Schülerverkehrsbeiträge des Landes bringen. Ein weiterer Beitrag könnte durch Umschichtungen im Zuge der vom  Bund zugesagten höheren Straßenbaumittel ab 2007 gewonnen werden.

Die Landesregierung ist in der Verantwortung hier in der Summe einen Gesamtausgleich zugunsten des ÖPNV zu erarbeiten. Die drei Punkte Mehrwertsteuer und die weiter steigenden Energiekosten treiben dort den Rationalisierungsdruck und die Fahrpreise ohnehin schon für viele Kunden in Grenzbereiche. Wir erwarten Ihre Vorschläge jetzt.

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