Rede Enno Hagenah: Kahlschlag beim ÖPNV verhindern – Kürzung der Regionalisierungsmittel durch Landesgelder ausgleichen

Anrede,

seit mehr als 6 Monaten sind die dramatischen Folgen, die sich aus der Kürzung der Regionalisierungsmittel ergeben, bekannt. Keine und keiner auf der Regierungsbank und in den Regierungsfraktionen behaupten, davon nichts gewusst zu haben. Schließlich wird schon seit Sommer letzten Jahres darüber berichtet.

Die Verkehrsunternehmen, die Aufgabenträger und auch die Landesnahverkehrsgesellschaft haben klar gesagt, welche Strecken und Angebote zur Disposition stehen, wenn die Kürzungen in Niedersachsen nicht mit den Mehreinnahmen der Mehrwertsteuer abgefedert werden. Der Bund hat zwar bei den Nahverkehrsmitteln gestrichen, dem Land aber den 10fachen Betrag aus den Mehrwertsteuermehreinnahmen zugewiesen. Ganz bewusst, um den Ländern selbst einen Ausgleich zu ermöglichen.

Andere Landesregierungen haben das inzwischen gemacht. In Niedersachsen dagegen haben die Fraktionen von CDU und FDP die Haushaltsplanberatungen für 2007 verstreichen lassen, ohne auch nur einen Finger krumm zu machen, um die Folgen der Mittelkürzung für den ÖPNV abzufedern.

Offenbar dachten Sie die drastischen Kürzungen der bestellten Zugkilometer von 9% in der Region Braunschweig, die Kürzung der Verkehrsleistung von 0,9% im restlichen Niedersachsen würden schnell vergessen sein. Wie kann man aber glauben, dass die Tatsache, dass ganze Landstriche, wie zum Beispiel der Harz vergessen wird. Wie kann man den Wegfall von Verstärkerzügen und Abendangeboten ignorieren, wenn kurz darauf klar wird, dass das nur der Anfang einer viel weitergehenden Kürzung ist.

Die Anhörung in der vorletzten Woche zum grünen Antrag gegen diesen Kahlschlag im ÖPNV hat das drohende Ausmaß der Einschränkungen transparent gemacht. Keiner kann noch sagen, davon nichts gewusst, das so nicht gewollt zu haben.

Noch einmal 6 Prozent weniger Zugangebot in der Region Braunschweig bedeuten für 2008 dort dann insgesamt 15 % weniger Leistung für die Fahrgäste als noch 2006. Bis zu sieben ein halb Prozent weniger bestellten Verkehr wird es ab kommendem Jahr landesweit bei der LNVG geben. Eine Mischung aus gekürzten wichtigen Zug- und Busverbindungen mit zusätzlichen kommunalen Lasten in Millionenhöhe droht bei der Region Hannover, die ohnehin unter den Soziallasten und Hartz IV finanziell stark belastet.

Diese Kürzungen werden überall wehtun, Frau Rühe, sehr weh. Als Vorsitzende der Parlamentarier Gruppe Bahn hier im Landtag werden Sie besonders gefordert sein, das zu erklären. Ganze Anschlüsse brechen weg. Viele, gerade erst über verbesserte Angebote, mühsam für den ÖPNV hinzugewonnene Menschen steigen wieder um. Ehemalige Bahnkunden werden wieder mit dem Auto fahren, oder müssen ihre Mobilitätsbedürfnisse zukünftig schlicht einschränken.

Dies ist gerade auch deshalb völlig unnötig, weil in den Anhörungen klar geworden ist, dass der ÖPNV in 5 bis 6 Jahren wegen der dann vollständig umgesetzten Ausschreibung im ganzen Land tatsächlich mit einem etwas geringeren Budget für ein gutes Angebot auskäme. Vorher ist die Kürzung beim besten Willen von den Verkehrsträgern nicht ohne massive Angebotseinschränkungen zu verkraften. Ausschreibungen brauchen ihre Zeit und viele Verkehrsverträge haben noch einige Jahre Laufzeit.

Wenn das Land jetzt das bestehende Angebot für die kommenden Jahre stützen würde, könnte diese Durststrecke überbrückt werden. Die bereits gewonnenen Kunden könnten gehalten, neue würden bei weiter gutem Angebot hinzukommen. Tut man das aber nicht, beginnt eine Abwärtsspirale und auch die Erfolge der Vergangenheit gehen dabei verloren.

Ich bin sicher dass nach dem heutigen Antrag der SPD und unserer Initiative vom vorigen Jahr über Kurz oder Lang auch CDU und FDP hier noch ein Entgegenkommen zeigen werden. Der Ärger über die Kürzungen beginnt sich in der Bevölkerung erst langsam aufzustauen. Bei weiteren Einschnitten wird das schnell ungemütlich. Und sie können sicher sein, das wir dafür sorgen werden, dass die Betroffenen auch wissen wer Schuld an der Misere trägt.

Wir unterstützen uneingeschränkt den Antrag der SPD und schlagen vor, aus den darin niedergelegten Forderungen und unserem bereits vorliegenden Antrag eine gemeinsame Beschlussfassung in den Ausschussberatungen zu formen, um unsere Kräfte für eine Korrektur der Fehlentscheidungen der Landesregierung zu bündeln.

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