Rede Enno Hagenah: Haushalt 2010 - Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Verkehr Tourismus

Anrede,

der Haushalt 2010 von CDU und FDP dokumentiert in den von Ihnen gesetzten Schwerpunkten Ihren kollektiven Rückzug in die vermeintlich sicheren ideologischen Schützengräben der Vergangenheit.

Sie zeigen sich stark verunsichert durch die offenkundig gewordenen Ursachen und die Wucht der Wirtschaftskrise, die Ihre vormaligen schwarz/gelben Zukunftskonzepte so grundlegend in Frage stellen.

Auch gegenüber der Klimakrise haben sie sich ohne innere Überzeugung nur zum Mitheulen im Rudel entschieden, ohne bereit für die harten Einschnitte zu sein, weil auch das ihrem Weltbild widerstrebt.

Als praktische Politik kommt bei dieser Gemütslage ein nach hinten gewandter Politikansatz ohne Visionen aber vielen verpassten Chancen und Fehlplanungen heraus.

Ich möchte mir dazu einmal etwas genauer eines Ihrer Paradeprojekte vornehmen. Den Innovationsfond - laut Regierungsmeinung eine Art Eier legende Wollmilchsau: - In der Realität erweist er sich als Fehlschlag auf ganzer Linie, zu dessen Beendigung Ihnen im koalitionären Stillstand aber die Kraft fehlt.

Zusahlungen aus der Wirtschaft finden nicht statt. Übrig bleiben bei dieser der Landtagskontrolle entzogenen, Schulden finanzierten Spielwiese des Wirtschaftsministers jährlich 40.000 € Bewirtschaftungskosten plus ca 1% Defizit aus dem Saldo von Zinszahlungen und Festgeldanlage. D.h. bei derzeit 41 Mio € Mittelsbestand erhöht der HH 2010 das jährliche Defizit aus dem Inno-Fond Abenteuer durch die weiteren 20 Mio, die sie dort vergeuden von 450.000 € auf 650.000 €. Eine Summe die durch Auflösung des Fond sofort gespart würde und z.B. zusätzlich in die Verbraucherberatung eingesetzt werden könnte, um dort der wachsenden Beratungsnachfrage in Krisenzeiten nachkommen zu können.

Ebenso verantwortungslos ist Ihre Mittelverschwendung beim Verschenken der EU Millionen aus den derzeit noch gut für Niedersachsen gefüllten Förderprogrammen. Im EFRE müssen wir die einzelbetriebliche Zuschussförderung dringend verändern. Die hat für das Gros der Investoren einen reinen Zubroteffekt.

Nur noch bei herausragenden Innovationsinvestitionen, als Risikokapital oder bei erfolgversprechenden Umstrukturierungsmaßnahmen sind einzelne verlorene Zuschüsse zuzulassen. Statt dessen schlagen wir vor die EFRE Förderung zu 80 % umzustellen auf eine revolvierende Förderung mit stark verbilligten Krediten und Eigenkapitalersatzmitteln, um einen Kapitalstock für den Übergang zur neuen Förderperiode ab 2014 aufzubauen, der die dann deutlich verringerte EU Förderung in Niedersachsen überbrücken hilft.

Wie wichtig hier mehr Zielgenauigkeit und Effizienz wäre, zeigt der blamable 14. Platz unter allen Bundesländern, bei der Investitionsquote, den Niedersachsen beim aktuellen Standortranking der Wirtschaftswoche belegt. Ebenso alarmierend sind die schlechten 10. Plätze beim Produktivi-tätsfortschritt und den Jobchancen. – Ein schlechtes Zeugnis für Sie.

Anrede,

Ausgenommen aus dem revolvierenden Förderregime sind bei unserem grünen Haushaltsantrag aufgrund der besonderen Problemlage nicht nur die Arbeitsförderung und Qualifizierung für den ersten Arbeitsmarkt, die wir nicht wie sie absenken wollen, sondern auch ein Altlastenfond, den wir zu gleichen Teilen mit je 10 Mio € aus EFRE und Abwasserabgabe speisen. Es ist gegen jede Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Vernunft die Kommunen mit den Sünden der Vergangenheit weiter allein zu lassen. Herr Töpfer und andere in der CDU sehen das ja auch so und vielleicht können wir uns in der Einzelabstimmung der Haushalte ja an dieser Stelle einer Mehrheit der Vernunft erfreuen.  -

Zu welchen Ergebnissen politische Unvernunft führt, sehen wir z.B. an dem gescheiterten Tourismusprojekt "Erlebniswelt-Weser-Renaissance" Unglaubliche 9,7 Millionen Euro Fördermittel fordert die N-Bank von der Trägergesellschaft zurück. Dafür trägt diese Regierung die Verantwortung, weil sie ihre Aufsicht in den Gremien der Gesellschaft schlicht nicht wahrgenommen hat.

Es reicht eben nicht aus, Entwicklungspläne und Masterpläne als Grundvoraussetzung für staatliche Förderung von den Tourismusregionen zu verlangen. Sie haben versäumt mit den Mitteln aus Brüssel und den Mitteln aus den Konjunkturprogrammen eine zukunftsfähige Struktur aufzubauen. Es reicht nicht aus, jetzt einige Schilder "Staatlich anerkannter Kurort oder Erholungsort" abzuschrauben – das führt nach nicht zu mehr Qualität und Profil.

Bisher erweisen sie sich als nicht fähig, die nötige Ausrichtung auf neue Zielgruppen zu initiieren. Der Harz ist da das Musterbeispiel des Versagens schwarz/gelber Tourismuspolitik.

Wir fordern deshalb eine bessere finanzielle Ausstattung der TMN, der Tourismus Marketing Niedersachsen. Die TMN ist auf einem guten Weg, aber sie kann nur mit halber Kraft diese Aufgabe bewältigen. Andere Destinationen in Deutschland betreiben eine viel systematischere Stärkung der Tourismuswirtschaft. Das könnten wir hier auch schaffen.

Anrede,

Bildhaft dokumentiert wird ihr blindes Abtauchen in die ideologischen Schützengräben im Verkehrsbereich mit dem Projekt Ith-Tunnel. Oberirdisch fehlt ihnen zwar das Geld um eine normale Straße ordentlich instand zu halten, aber für einen in Bau und Betrieb um das vielfache teureren Tunnel soll es nun da sein, weil zwei Minister nicht mehr hinter dem Berg leben wollen. Wenn die Bayern oder Hessen mit derartigen Kriterien an die Straßenplanung gingen, wäre dort angesichts der Topografie mindestens eine Verzehnfachung der Tunnelstrecken nötig.

Bei solchen Symbolträchtigen Projekten, für die sie allenfalls die Planungsmittel binden, aber kaum noch das Geld aufbringen müssen, um Bau und Betrieb zu finanzieren, ist diese Regierungskoalition groß. Autobahnneubauplanungen in allen Landeswinkeln. Mehr als drei Milliarden Baukosten würden sich da summieren. – Was ist das schon, wenn man den Leuten vor Ort weis macht, der Bund würde die Zeche zahlen. Im finanziell überzeichneten Bundesverkehrswegeplan stehen für Niedersachsen zwar nur einige hundert Millionen Euro zur Verfügung für Autobahnbau. Aber das blenden Sie aus. - Im Verkaufen von heißer Luft sind Sie ganz groß.

Auch Ihre Festlegung auf die Y-Trasse ist kurzsichtig und führt zur Gefährdung des Wirtschaftsstandortes und der öffentlichen Finanzen.

Herr Minister Bode, ohne ein Gesamtkonzept für den norddeutschen Schienenverkehr im kommenden Jahrzehnt vorweisen zu können klopfen Sie auf Kosten der Steuerzahler vorschnell Milliardenausgaben fest.

Wer jetzt diese drei bis fünf Milliarden Euro teure Idee aus dem vergangenen Jahrhundert für schnellen Schienenpersonenverkehr festschreibt, verbraucht das ganze Geld, das der Bund für den nord-deutschen Schienenausbau in den nächsten zehn Jahren einsetzen kann.

Damit würde aber nicht einmal für die Hälfte der Nachfrage nach zu-sätzlichem Schienengüterverkehr aus den Häfen Kapazitäten geschaffen.

Klimaschutz wird zum Lippenbekenntnis, wenn nun doch der Straße die Hauptlast des Güterverkehrswachstums aufgezwungen wird.

Zur Förderung des klimaschonenden Schienenpersonenverkehrs schichten wir Grüne dagegen Geld von der Straße um auf die Schiene. Wir wollen die mehr als 1 Mio Zugkilometer pro Jahr, die durch die Kürzung der Regionalisierungsmittel bei uns weggefallen sind, zurückzuholen und damit dauerhafte Angebotsverbesserungen im ÖPNV erreichen.

Mit einer umfassenden Radverkehrsoffensive, nicht nur mit deutlich mehr Investitionen, sondern besonders auch durch mehr Werbung, Kooperation und einheitliche technische Vorgaben wollen wir bei uns die Verdopplung des Radverkehrsanteiles innerhalb der kommenden 10 Jahre erreichen.

Sie hingegen sind bereit das für all diese Dinge nötige Geld zu vergeuden, nur um im schwarz/gelben Schulterschluss im Bundesrat dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz zustimmen, das allein zum beschleunigten Schuldenwachstum führt. - Und in falsch verstandener Parteiraison sehen sie Frau von der Leyens Zerstörungsplänen bei den endlich funktionierenden Jobcentern fast tatenlos zu. -

Kommen sie endlich raus aus ihrem ideologischen Schützengraben, überwinden sie ihre Schockstarre durch die Wirtschaftskrise, die sie so verunsichert und streiten sie mit uns für niedersächsische Interessen. –

Die Bürger erwarten das zu Recht von der Regierung:

Erst kommt das Land dann die Partei!

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