Rede Enno Hagenah: Haushalt 2008 - Wirtschaft

 

Minister Hirche ist ein Meister im Verschwenden von Geld. Ihm passiert eine Katastrophe nach der anderen. Mit der Erlebniswelt Renaissance versenkten Sie Millionen. Beim teuren Prestigeprojekt Snow Dome verschleudern Sie öffentliche Gelder. Und im wackelnden Projekt Jade-Weser-Port gipfelt Ihr Missmanagement. Der Tiefwasserhafen kann wegen der dubiosen Vergabepraxis nicht so schnell gebaut werden wie geplant. Wieder werden Millionen Euro an Fördergelder dem Land verloren gehen. Allein 2008 drohen rund 50 Mio EU-Mittel zu verfallen.

Mehr als vier Jahre hat Minister Hirche gebraucht, um den seit 2003 angekündigten Innovationsfonds einzurichten. Nur ist es kein Fonds geworden, sondern nur eine Steuergeld-Vernichtungs-Anlage.

Der Fonds verfügt aktuell über 32 Millionen Schuldenvermögen. 2008 sollen weitere 20 Millionen Euro Landesgeld hinzukommen.

Die Idee, auf Innovationen zu setzen, wäre zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Gerade Neuerungen, die unser Klima schützen, müssen wir unterstützen. Aber Ihr Innovationsfonds hält nicht, was er verspricht. Er ist fast fünf Jahre nach Antritt der CDU/FDP-Regierung noch immer nicht handlungsfähig. Noch kein einziger Euro ist vergeben. Im kommenden Jahr haben wir dann sogar 52 Millionen totes Kapital herumliegen, das jeden Tag Schuldzinsen-Zahlungen verursacht.  

Das führt mich zu der frage: Was verstehen Sie unter guter Wirtschaftsförderung, Herr Hirche? In den vergangenen Jahren haben alte, traditionsreiche Unternehmen in Niedersachsen ihre Sachen gepackt und sind gegangen. Ich erinnere da nur an die Käserei Loose mit ihrem Harzer Roller. Oder an den Helmhersteller Schuberth aus Braunschweig.

Dann wieder hatten Sie, Herr Hirche, offenbar kein Händchen neue Unternehmen zu überzeugen, sich bei uns niederzulassen. Weder die Solarfabrik bei Clausthal-Zellerfeld noch die bereits gefeierte Niederlassung von Ineos in Wilhelmshaven wollte glücken. Was läuft schief in Ihrem Ministerium? Warum laufen Ihnen die Unternehmen weg?

Nur, wenn es ganz viel Steuergeld gibt und an lukrativen Standorten Exklusivrechte von Ihnen vergeben werden wie beim Show Dome oder der Bavaria Alm im Harz können Sie neue Unternehmen halten. Diese Erfolge a la Hirche haben aber weder Glanz noch  Zukunftsperspektive.

Der aktuelle Niedersachsen Monitor zeigt, dass wir mit Ihrer Politik allenfalls mitgeschleppt werden, von der positiven Gesamtkonjunktur in Deutschland, aber leider nicht Schrittmacher sind. 12,6 % mehr Hartz IV Empfänger als 2005, die Bruttolöhne stiegen bei uns so wenig, wie in keinem anderen Bundesland. Unterdurchschnittliche Qualifikation, unterdurchschnittliche Gründungsbereitschaft und ganz weit hinten bei den Erfindungen. Die Negativliste ihrer Bilanz ist lang.

Auch mit der Arbeitsmarktförderung hapert es. Fest steht schon jetzt, dass wir in Zukunft wesentlich weniger ESF-Mittel außerhalb Lüneburgs, also in der Fläche zur Verfügung haben. Wie wollen Sie das Angebot qualifizierter Förderung aufrecht erhalten, wenn für eine große Zahl der Programme das Geld nicht mehr da ist? Bei uns keimt der Verdacht, dass Sie sich einmal mehr nicht ausreichend Gedanken über Veränderungen und eine nötige Anpassung machen.

Bereits heute bleiben aufgrund ihrer Politik viel zu viele junge Leute auf der Strecke und bekommen keinen Ausbildungsplatz. 40.000 Jugendliche, die bundesweit höchste Quote, müssen derzeit in Niedersachsen oft mehrjährige Warteschleifen drehen bevor sie überhaupt einen Ausbildungsplatz bekommen.

Deshalb sind wir bei der Entwicklung der Arbeitslosigkeit im kurzfristigen und langfristigen Trend bei den Erwachsenen und den unter 25 Jährigen unter dem Bundesschnitt. Der positive Bundesdurchschnitt zeigt 19,1 % weniger arbeitslose junge Leute als vor einem Jahr. In Niedersachsen waren das leider nur 17,6 % weniger. Und bei den Arbeitslosen insgesamt verbesserte sich der Bundesschnitt im vergangenen Jahr um 15,4 %, Niedersachsen nur um 14,5 %.

Bei den vielen Misserfolgen ist ein Weiter so nicht das richtige Rezept. Auch mit Ihren immer wieder gern verkündeten Autobahnbauprojekten locken sie schon lange keinen Investor mehr hinter dem Ofen hervor. Wir müssen auch hier dringend neue Wege gehen.

Wir brauchen endlich eine zielgenaue Wirtschaftsförderung. Eine, die auf wirkliche Zukunftsbranchen setzt. Eine, die sich den Schutz unseres Klimas zum wesentlichen Leitkriterium nimmt. Das sind die Märkte der Zukunft. Dazu gehört auch, die Fördermittel nicht zu verschenken, sondern jeden Euro in einem Kreislauf mehrmals einzusetzen. Wir wollen deshalb einen Klima-Innovations-Fonds einsetzen. In einem ersten Schritt wollen wir 40 Millionen Euro für Klimaschutzinvestitionen bereitstellen, für kleine und mittlere Unternehmen. Für Handwerksbetriebe, die Häuser besonders intelligent energetisch auf Vordermann bringen. Für neue Entwicklungen im Bereich Erneuerbare Energien.

Noch weniger scheint Ihnen die Verkehrspolitik  zu liegen, Herr Hirche.

Da hilft ihnen auch nicht, dass CDU- und FDP-Fraktionen im Wahlkampffieber 10 Millionen Euro mehr Geld für Straßen- und Radwegebau einstellen wollen. Dabei können wir durchaus ihre Argumente nachvollziehen, dass die Straßen zu verfallen drohen. Was wir aber nicht verstehen ist, dass das, was für Straße gilt, offensichtlich bei Schiene keine Anwendung finden soll.

Auch hier haben wir einen massiven Investitionsstau. In den vergangenen drei Jahren haben die Langsamfahrstrecken laut der Gewerkschaft Deutscher Bundesbahnbeamten (GDBA) um ein Drittel zugenommen. Dennoch sorgt diese Landesregierung dafür, dass unser Schienennetz weiter verkommt:

  • Auch ohne Ihr last-minute-Wahlgeschenk für die Straßen bestand schon im Haushalt ein Missverhältnis  zwischen Straße und Schiene. Während in den Asphalt 60 Prozent der Investitionsmittel fließen sollen, sind es bei den Gleisen nur 40 Prozent der Haushaltsmittel nach dem GVFG.
  • Diese Landesregierung bricht auch das Abkommen zwischen Bund und Ländern zur ausreichenden Finanzierung des Schienenverkehrs. Die Mehreinnahmen des Landes durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer sollten nach dem Wunsch des Bundes zum Teil dafür verwendet werden, die Kürzung der Regionalisierungsmittel auszugleichen. Das war der Deal, so wie Frau Merkel Ihnen das auch ins Stammbuch geschrieben hat. Tatsächlich wollten CDU und FDP in Niedersachsen zunächst keinen Cent zusätzlich herausrücken. Nach vielen Protesten schnürten sie dann endlich ein Paket von 30 Millionen Euro verteilt auf zwei Jahre. Trotzdem fehlen allein 2008 weiterhin fast 50 Millionen Euro. In den kommenden Jahren wird das Finanzloch noch größer.

Der von Ihnen damit verstärkte Investitionsstau führt natürlich in den kommenden Jahren zu explodierenden Kosten und damit zu noch mehr Leistungsabbau. Wir sind auch für den Erhalt der Straßen. Aber wir treten ebenso dafür ein, das Schienennetz nicht ausbluten zu lassen. Deswegen wollen wir 30 Millionen Euro zugunsten der Schiene im Haushalt 2008 umschichten.

Geld ist allerdings nicht das einzige, das an dieser Stelle fehlt. Noch immer haben Sie und Ihr Ministerium es versäumt, zusammen mit der Bahn ein bedarfsgerechtes Konzept für den Hafenhinterlandverkehr zu entwickeln. Schon heute rollt mehr Güterverkehr auf die Schiene, als unser Netz noch verkraften kann. Wenn der Jade-Weser-Port eines Tages dann einmal tatsächlich fertig gestellt sein sollte, kollabieren spätestens dann die Verkehrswege im Hinterland völlig.

Herr Hirche, Sie hätten Ihre Hausaufgaben in den vergangenen vier Jahren anständig machen sollen. So geht's jedenfalls nicht. Und vor allem darf es so nicht weitergehen. Gut, dass die Menschen in Niedersachsen in sechs Wochen erneut die Wahl haben!  

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