Rede Enno Hagenah: Für den Erhalt der IC-Verkehre auf der Leinetalstrecke

Anrede,

ich finde es gut, dass sich die SPD zumindest hier in Niedersachsen für den Erhalt eines attraktiven Intercity-Angebots auf der Strecke Hannover-Göttingen stark macht. Ja, meine Damen und Herren von der SPD – und von der CDU  -, auf Bundesebene lassen Sie dies Engagement leider vermissen. Die von der SPD entgegen dem Beschluss Ihres Parteitags mitgetragene Bahnprivatisierung führt nun genau zu den Einsparungen, vor denen wir gewarnt haben und die Sie nun regional abzuwehren versuchen. Wir Grünen unterstützen Sie trotzdem dabei, aber Sie hätten das alles uns, Ihnen selbst und vor allem den Bahnkunden in Alfeld, Elze, Kreiensen, Northeim und der umliegenden Region ersparen können. Alle haben gewusst was kommt”¦

Anrede,

erst vor zwei Monaten habe ich meine letzte kleine Anfrage zu den Absichten der Bahn zur Schließung von IC Haltepunkte aus privatisierungsbedingter Rationalisierung gestellt. Wir haben es hier mit den ersten Auswirkungen zu tun, die ab 2010 umgesetzt werden sollen. Sie werden von der Bahn mit der Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Intercity-Linie und der Entlastung der ICE-Linie zwischen Hannover und Göttingen begründet. Was bleiben wird auf der Leinetalstrecke, ist ein einziger Intercity am Morgen in Richtung Hannover und ein einziger, der am Abend zurück fährt. Alle anderen Intercitys werden dann zwischen Hannover und Göttingen nicht mehr halten. Sie werden dadurch auch entsprechend schneller sein und ich befürchte, meine Damen und Herren, dass es dann nicht lange dauern wird, bis die Bahn sagt: Nun haben wir eine so schnelle Verbindung nach Göttingen; da braucht der ICE ja in Göttingen nicht mehr zu halten. Das wäre keine neue Diskussion. Die hatten wir schon mal.

Meine Damen und Herren in den Koalitionsfraktionen, Sie verweisen bei kritischen Nachfragen regelmäßig auf das Fernverkehrssicherstellungsgesetz, das die Länder im Bundesrat auf den Weg gebracht haben. Ob Sie damit das Ruder herumreißen können, das die Große Koalition bereits in eine ganz andere Richtung gedreht hat, ist leider zweifelhaft. Wenn das nicht gelingt, werden ohnehin strukturschwache Regionen in Südniedersachsen, darunter auch der Harz und das Weserbergland, buchstäblich vom Fernverkehr abgekoppelt werden und auf der Strecke bleiben. Und dabei hat Herr McAllister noch vor kurzem gesagt: "Die Züge sollen da fahren, wo die Menschen sind." Ich habe das so verstanden, dass die Züge da, wo die Menschen sind, nicht nur fahren, sondern auch mal anhalten.

Wir stimmen deshalb dem SPD Antrag aus voller Überzeugung zu, aber wir kommen nicht umhin Sie daran zu erinnern, dass Ihre Bundespartei Teil des Problems und nicht Teil der Lösung ist. Da haben Sie noch eine Menge zu klären, damit derartige Initiativen auch die nötige Erfolgsaussicht und Glaubwürdigkeit bekommen, die ihnen zu wünschen ist.

Anrede,

DIE LINKE hat hier ebenfalls einen Antrag vorgelegt, in dem einige durchaus vernünftige Kritikpunkte zur Bahnreform durch deutlich zu viel ideologische Soße verdorben werden. Korrekt ist jedoch die Kritik an der Art und Weise der aktuellen Privatisierungsbeschlüsse mit den bereits angesprochenen negativen und vorhersehbaren Konsequenzen.

Auf ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren wurde aus machtstrategischen Gründen verzichtet. Die Länder wurden bewusst ausgebootet, um beim Netzerhalt nicht in die Pflicht genommen zu werden.

Auch wirtschafts- und arbeitspolitisch ist die Kritik berechtigt. Da Netz und Transport nicht getrennt werden, besteht die Gefahr eines personellen und organisatorischen Verschiebebahnhofs zur Renditemaximierung der Privatinvestoren und zu Lasten  der Allgemeinheit.

Wegen der im Antrag der Linken allerdings ebenfalls enthaltenen ideologisch und wirtschaftlich völlig verirrten Nostalgie, die einem Zurück zum alten Staatsmonopolbetrieb gleich käme, ist er in Gänze aber nicht zustimmungsfähig.

Anrede,

denn nur, wenn die Züge auch anhalten, kommen da, wo die Menschen sind, auch neue Menschen hinzu und wandern nicht noch weitere ab. Und nur, wenn die Züge auch anhalten, benutzen die Menschen die Züge statt ihrer Autos, und nur das ist klima- und umweltfreundlich. Sie wollen doch jetzt so umweltfreundlich sein, meine Damen und Herren von der CDU. Dann muss auch mal was kommen – nämlich Züge. Die Umsteiger aus Harz und Weserbergland brauchen ein attraktives Angebot. Das ist nicht nur für die Pendler, sondern auch für die Tourismuswirtschaft erforderlich. Der Tourismus ist ein starkes Standbein der Region. Von seiner Entwicklung hängt enorm viel ab und er darf nicht geschwächt werden.

Stattdessen hat die Große Koalition lediglich einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der die Privatisierung begrüßt. Dabei wird darin auf einen Antrag der Koalition vom November 2006 verwiesen, in dem es klipp und klar heißt, dass die Bahnprivatisierung mit einem Privatisierungsgesetz erfolgen soll. Selbst die Debatte des Länder-Gesetzentwurfs zu wesentlichen Regelungsinhalten der Bahnprivatisierung wurde nicht mehr abgewartet. Die Koalitionsfraktionen haben damit der Bahnprivatisierung zugestimmt,

erstens: ohne den Beteiligungsvertrag zwischen Bund und Deutscher Bahn AG zu kennen, der die Privatisierung im Detail regelt,

zweitens ohne genau zu wissen, wie es um den Zustand des bundeseigenen Schienennetzes tatsächlich bestellt ist

und drittens: ohne den fertig verhandelten Vertrag beschlossen zu haben, der den jährlichen Zuschussbedarf von jährlich 2,5 Milliarden Euro regeln soll.

Denn nicht mehr rentable Arbeitskräfte aus den Transportgesellschaften können in die rein staatlichen Infrastrukturgesellschaften verschoben werden. Die Trennung von Netz und Betrieb sah ein von den Grünen, der FDP und auch der CDU im Hessischen Landtag angenommener Antrag vor, der aber von der CDU im Bundestag abgelehnt wurde. Meine Damen und Herren von der CDU, sie können sich also damit trösten, dass nicht nur Sie hier in Niedersachsen allein auf Bundesebene nicht ernst genommen werden. Ihr ehemaliger niedersächsischer Parteivorsitzender Wulff hat daraus ja bereits die Konsequenzen gezogen.

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