Rede Enno Hagenah: Einzelbetriebliche Investitionsförderung nach Kassenlage gefährdet den Wirtschaftsstandort Niedersachsen

Anrede,

bis zum 27. September letzten Jahres haben Niedersachsens CDU und FDP der heimischen Wirtschaft den Mund wässrig gemacht. Die Landesregierung warb zur Bundestagswahl offensiv um Stimmen in niedersächsischen Unternehmen für die Berliner Kollegen. Und zwar mit der Ankündigung üppiger Wahlgeschenke: Fast ein Drittel der Betriebsinvestitionen sollte die öffentliche Hand als Förderung übernehmen. Doppelt so viel wie in den Jahren zuvor. Wer da nicht anbiss, war selber Schuld.

Das dachten sich Wirtschaftsförderer und Unternehmen in vielen Kommunen – und griffen zu. Viele von ihnen allerdings ins Leere. Denn der Fördertopf war schon früh völlig überzeichnet. Fast die Hälfte der Anträge mit einem Fördervolumen von über 65 Millionen Euro wurde inzwischen unerledigt nach 2010 geschoben. Mehr sogar, als GWR-Mittel in 2010 überhaupt zur Verfügung stehen! - Das aber offenbarte die Landesregierung natürlich erst weit NACH der Bundestagwahl.

Das ist ein klassischer Fall von Wählertäuschung, was die Regierung Wulff hier betrieben hat. Wer bis zum Jahresende einen Fördertopf bewirbt, obwohl längst klar war, dass alle Mittel ausgegeben sind, der hält andere bewusst zum Narren mit dem Ziel, seinen eigenen Vorteil aus der Täuschung zu ziehen.

Was also bleibt? Ein erneuter Vertrauensverlust in die Politik. Und die Wirtschaft muss sich darauf einstellen, dass in diesem Jahr kein Geld mehr für aktuelle Anträge zur Verfügung steht. Das ist bitter. Aber Fakt.

In dieser Analyse stimmen wir dem SPD Antrag voll zu. Das folgende Forderungspaket in ihrem Antrag ist aber weder seriös zu finanzieren noch durchdacht.

Sie wollen im Grunde genommen den Fehler aus 2009 wiederholen: Die Mittel und Fördersätze verdoppeln – ohne an die zusätzliche Anträge zu denken, die bei so einem lukrativen Angebot gestellt werden. Genau das hat doch zur Überzeichnung geführt. Dabei vernachlässigen Sie, dass schon jetzt rechnerisch 65 Millionen Euro durch Altanträge aus 2009 belegt sind.

Weil wir nun einmal keinen Goldesel haben, müssen wir auch aus der Opposition die Wirtschaftsförderung an die gegebenen Realitäten anpassen: Tatsache ist, wenn es keine kontraproduktiven Steuererhöhungen geben soll, dass wir mit den begrenzten Mitteln auskommen müssen, die in den kommenden Jahren eher weniger als mehr werden. –

Seit Jahren schon fordern wir Grüne deshalb, wie der Landesrechnungshof, die Wirtschaftsförderung in Niedersachsen zu modernisieren. Wie beispielsweise in NRW wollen wir auch für Niedersachsen erreichen, dass keine Geschenke mehr im großen Stil verteilt werden, sondern dass die Mittel sinnvoll und nachhaltig an die Betriebe verliehen werden, die das Geld dann später bei florierendem Geschäft wieder in die Staatskasse zurückzahlen. Ein Kreislauf der Wirtschaftsförderung, statt rasch verglühender Strohfeuer, erhöht die Effizienz der Mittel und langfristig sogar das zur Verfügung stehende Volumen.

Wir brauchen auch ein Qualitätsmanagement, damit nicht passiert, was zurzeit bei der EFRE- und ESF-Förderung wohl Gang und Gäbe ist: Ohne Sinn und Verstand verschleudert die Landesregierung immer wieder Geld für volkswirtschaftlich zweifelhafte Projekte. Da liest man in den Listen von einem Friseurladen, der sich ein neues Logo zulegen will. Oder von Autohäusern, die ihr Image aufpolieren und sich einen Marktvorteil gegenüber ihren Konkurrenten verschaffen wollen.

Und wir brauchen ein klares Bekenntnis zur Förderung in Zukunftsbranchen. Die Bio- und Effizienz-Wirtschaft werden z.B. allen Studien zufolge boomen. Wir sollten unseren Standortvorteil nutzen und verstärkt Firmen unterstützen, die sich auf Umwelttechnik spezialisiert haben. Denn das bringt sichere Arbeitsplätze und steigende Umsätze für morgen.

Aus unserer Sicht ist ein Bewusstseinswandel bei der Wirtschaftsförderung überfällig. Das Desaster bei der einzelbetrieblichen Förderung hat es jetzt noch einmal deutlich gemacht: Statt Wahlkampf auf Kosten der Steuerzahler zu betreiben, brauchen wir eine ganzheitliche und verantwortungsbewusste Förderpol
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