Rede Enno Hagenah: Chancen des Fahrradtourismus besser nutzen:

...

Eigentlich hatte sich die Regierungskoalition vorgenommen, gerade auch auf den Fahrradverkehr zu setzen. - Eigentlich. -
Aber Verkehrsminister Hirche plündert nicht nur die Kassen des öffentlichen Nahverkehrs für seine Straßenbauprojekte, er macht auch in dem vorgeblichen Handlungsschwerpunkt Fahrradverkehr bisher genauso wenig, wie die von ihm kritisierte SPD Vorgängerregierung in der Schlussphase.
Unser Antrag zum Fahrradtourismus ist deshalb nötig und ergänzt unseren seit März letzten Jahres vorliegenden Grundsatzantrag "Masterplan Fahrrad", der leider erst kommenden Monat zur Anhörung kommt.

Die Voraussetzungen zum Durchstarten sind positiv:
In den letzten fünfzehn Jahren wurde das Radwegenetz in Niedersachsen sukzessive ausgebaut. Land, Kommunen und Tourismusverbände haben gemeinsam an einer attraktiven Infrastruktur für den Fahrradtourismus gearbeitet. Die von Jahr zu Jahr steigende Resonanz ermutigt. Die Angebote mit Radfernreisen, Ausflugsrouten und Themen orientierten Routen nehmen die Gäste auch an. Aber die Potenziale dieses Marktes sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft in Niedersachsen. Flossen 1990 noch 16 Mio € Landesmittel in den Radwegebau, waren es 2002 noch 5 Mio €, ebenso wenig, wie jetzt in 2004.

Wir können bisher keine eigenen Impulse dieser Landesregierung zur Förderung des Fahrradtourismus erkennen. Sie schmücken sich noch mit fremden Federn aus den Anfangsjahren der Vorgängerregierungen.
Und verschonen Sie uns mit Ihrer angeblichen Fahrradförderung durch Verzicht auf Ausgleichsmaßnahmen beim Bau. Das ist nichts weiter als ein trojanisches Pferd zur Aushöhlung des Umweltrechtes. Wir gehen Ihnen da nicht auf den Leim.

Das Niedersachsennetz wird zu langsam umgesetzt und wenn Sie abfeiern, dass Sie die Förderung des Radwegebaus wieder in den Haushalt aufgenommen haben, dann ist das nichts als dreiste Schönfärberei. In Wirklichkeit ist kein Cent der Mittelfristigen Finanzplanungd der SPD Regierung hinzugefügt worden.
Wenn man den Fahrradtourismus in diesem Lande voranbringen will, reichen die 2004 zur Verfügung stehenden fünf Millionen Euro bei weitem nicht aus.

Der Radtourismus kann sich auch in Niedersachsen zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickeln. Die Fahrradbranche boomt. Wir wissen, Fahrradtouristen geben mehr Geld aus, als Pauschaltouristen, sie reisen oft außerhalb der Hauptsaison und sind gerade für die Tourismusbetriebe im ländlichen Raum ein wichtiger Einnahmefaktor.
Wer über Niedersachsens Grenzen hinausschaut, muss feststellen, dass andere Bundesländer, mit denen wir konkurrieren, in den letzten Jahren kräftiger in die Infrastruktur und Werbung für den Fahrradtourismus investiert haben. Wir müssen aufholen und besser werden, um den Anschluss nicht zu verpassen.

Unser Antrag zielt auf Lücken im Angebot, die wir schnellstens schließen müssen: Die kundenfreundliche An- und Abreise des klassischen Fahrradtouristen mit der Bahn, die Beförderung der Räder weiter im Nahverkehr zwischen den touristischen Zielen und eine überzeugende Vermarktung.
Um konkurrenzfähig mit anderen deutschen Ferienregionen sein zu können, sollte die Radbeförderung im ÖPNV kostenlos sein. Denn hier geht es um eine Dienstleistung die Gäste anlockt, also um Tourismusförderung. Bayern und Baden-Württemberg setzen die Maßstäbe, hinter die wir nicht zurückfallen dürfen.
Wir brauchen ein Angebot, dass die Gäste sofort verstehen, weil es landesweit einheitlich und klar ist. - Deshalb sollten wir wie andere Bundesländer die Dienstleistung kostenlose Fahrradmitnahme mit den Bahnanbietern vereinbaren.

Wir wollen flächendeckend für Niedersachsen die kostenlose Fahrradmitnahme bei allen Bahnverkehren, die vom Land bestellt werden, zumindest außerhalb der Pendlerverkehrszeiten. Dazu gehört auch, dass entsprechende Züge mit Mehrzweckabteilen zur Fahrradbeförderung zur Verfügung stehen.
Der Landtag hat gegen Ende der letzten Legislaturperiode einstimmig die Initiativen der Grünen-Fraktion zur Förderung des naturnahen Tourismus beschlossen. Wichtiger Punkt: Förderung des Mountainbike-Tourismus im Harz. Mit diesem Angebot verbindet sich für den Harz, dass neue, junge Gäste ein attraktives Angebot vorfinden und die Tourismusstrukturen gestärkt werden. Dafür müssen aber die Mountainbiker in den norddeutschen Ballungsräumen und Universitätsstädten im wahrsten Sinne des Wortes "abgeholt" werden.

Ein gutes Tourismusangebot braucht aber noch mehr:
In Bayern gibt es z.B. zwei so genannte Fahrradzüge auf den Strecken Ulm-Passau und Hanau-Regensburg. Sie verkehren von Mai bis September an Wochenenden und Feiertagen.
Wir wollen, dass die Landesregierung gemeinsam mit den anderen betroffenen Akteuren prüft, ob auch in Niedersachsen solche saisonalen Fahrradzüge eingesetzt werden können.

Nicht alles können wir auf Landesebene regeln:
Leider hat die DB AG ihr Angebot zur Fahrradmitnahme im Fernverkehr in den vergangenen Jahren durch die Umstellung auf die eng vertakteten ICE-Verkehre stark eingeschränkt. - Ich möchte an dieser Stelle auf die beliebte öffentliche Bahnschelte verzichten und will es bei dem Appell des Landtags an die DB, wie er im Antrag formuliert ist, belassen.

Da, wo sich die Bahn zurückzieht, ist das Land gefordert, eigene Initiativen zu entwickeln, selbst zu handeln. Da setzt unser Antrag an.
Ein besserer Verbund zwischen Bahn, Bus und Fahrrad ist eine notwendige Voraussetzung, um den Radtourismus in Niedersachsen weiter nach vorn zu bringen.
Wir hoffen auf eine konstruktive Debatte in den Ausschüssen.
- es gilt das gesprochene Wort -

Zurück zum Pressearchiv