Rede Enno Hagenah: Alleen schützen – Verkehrssicherheit verbessern

Anrede,

der Straßenverkehr ist in den vergangenen Jahrzehnten sicherer geworden. Dennoch gibt es immer noch zu viele vermeidbare Verkehrstote und Verletzte. Es muss unser aller Bestreben sein, hier kontinuierlich der Vision ohne Verkehrstote näher zu kommen.

Es viele Wege die zum Ziel führen können. Zum Beispiel noch konsequentere Alkoholverbote, schärfere Tempolimits, verstärkte Kontrollen oder passive und aktive Sicherheitsmaßnahmen an den Fahrzeugen und verbesserte Verkehrschulung.

Bund und Land haben in den vergangenen Jahren aber einen anderen vorgeblichen Hauptfeind des motorisierten Verkehrs auf unseren Straßen identifiziert. Mit verschiedenen Richtlinien (ESAB 2006 und nach bisheriger Meinung hier im Land auch die RPS 2009) soll den "Problem"-Bäumen am Straßenrand ein Ende gemacht werden.

Bäume sind aber keine Unfallursache, wie es auch im CDU/FDP Antrag steht. Da fängt doch die schiefe Wahrnehmung der Verkehrsplaner gegenüber dem geschmähten "Straßenbegleitgrün" schon an. –

Ein Unfall entsteht, wenn ein Fahrer/eine Fahrerin durch zu hohe Geschwindigkeit oder andere Einflüsse die Kontrolle über Auto oder Motorrad verlieren. Dabei kann es je nach Situation zu einer Kollision mit einem Haus, einem Laternenpfahl, einem Verkehrsschild und natürlich auch einem Baum oder einem Graben kommen.

Niemand kommt nun auf die Idee Häuser oder Laternenpfähle abzureißen, weil eine Straße zu nah daran vorbei führt. Auch Gräben an Straßen werden nicht generell zugeschüttet und Kurven werden nicht verboten, weil sie eine Gefährdung darstellen.-

Noch gefährlicher als die Bäume ist mit über 35 % der Verkehrstoten der Gegenverkehr, aber eine generelle Vorgabe nur noch Einbahnstraßen zuzulassen schlagen die Verkehrssicherheitsplaner auch nicht vor”¦

Bäume hingegen werden jetzt als offenbar verzichtbares Hindernis von den Verkehrssicherheitsplanern zur Disposition gestellt. Kein Fördergeld mehr vom Land bei Straßenumbauten oder Neubauten wenn Bäume zu nah dran an der Fahrbahn stehen. –

Das Niedersächsische Verkehrsministerium will sich unkritisch und besonders eifrig bei der Straßenbaufinanzierung auf die "Straßenbäume bedrohenden neuen Vorgaben" des Bundesverkehrsministeriums einlassen. Das wurde uns von Minister Bode im Verlauf des vergangenen Jahres Stück für Stück aufgrund von mehreren Anfragen hier aus dem Parlament offen gelegt.

Allein bei acht der derzeit 43 angemeldeten Bauprojekte an niedersächsischen Kreisstraßen droht aktuell bereits unter dem Vorwand der Verkehrssicherheit der massive Einsatz der Kettensäge. Und das ist nur der Anfang, denn langfristig wären bei unveränderter Gültigkeit und Anwendung der neuen Vorgaben alle niedersächsischen Straßenbäume, die außerhalb von Ortschaften weniger als 7,5 m von der Straße entfernt stehen, für die Motorsäge frei gegeben.

Dort wo das bereits bekannt geworden ist, reagiert die Öffentlichkeit zu Recht mit großem Unverständnis auf diese phantasielose Radikallösung der Sicherheitsbürokraten.

Anrede,

Das können und wollen wir in Niedersachsen nicht zulassen. - Dabei ist nach Auskunft des BMU (Bundesumweltministerium) ein flexibleres, Baum schonendes Umgehen selbst vom Bund gedeckt. Wir bekamen dort aktuell die Auskunft, dass zumindest die RPS (Richtlinie für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme) nicht für Bäume und Alleen gilt, sondern nur für technische Hindernisse. Anders als Minister Bode in seinen jüngsten Auskünften dargelegt hat, sieht die Bundesregierung in Abstimmung von Umwelt- und Verkehrsministerium nur die ESAB (Empfehlung zum Schutz vor Anprall auf Bäume, 2006) als relevante Richtlinie für Straßenbäume und Alleen an.

Anrede,

wir fordern deshalb hier und heute die Landesregierung auf die RPS nur in diesem eingeschränkten Maß anzuwenden und eine verträglichere Umsetzung der ESAB in Niedersachsen zu etablieren. Das ist mit den vorgeschlagenen Maßnahmen unseres Antrages noch Herausforderung genug, um den Erhalt der Straßenbäume zu ermöglichen, aber es geht.

Immerhin wird dadurch das Entfernen der Bäume nur noch als letzte Möglichkeit, nachdem alles andere versucht wurde, eingeschränkt. Neue Bäume können auch ohne Schutz bis 4,5 m an die Straße heran gepflanzt werden, mit Schutz bis auf 3 m. In bereits vorhandenen Alleen können Lücken sogar im bestehenden Abstand nachgepflanzt werden.

Zusätzliche Verkehrssicherheit lässt sich mit unserem Antrag durch angemessene Tempolimits oder wo das nicht geht, durch gezielt gepflanztes Buschwerk oder Leitplanken vor den Bäumen erzielen.

Unser Ziel muss es sein, mehr Verkehrssicherheit und zugleich den Schutz der Landschaftsprägenden Alleen in Niedersachsen zu ermöglichen.

Alleebäume sind ein wertvoller Bestandteil der niedersächsischen Kulturlandschaft, nicht nur in touristischen Regionen, sondern überall wo es sie gibt. Sie filtern Staub und Abgase aus der Luft und tragen zum Klimaschutz bei. Alleen verbinden in unseren landwirtschaftlich geprägten Regionen Naturräume miteinander und bieten einen wichtigen Schutz vor Erosionen. Gemeinsam können wir sie erhalten!

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