Rede Elke Twesten: Wasserstraßen in Niedersachsen ausbauen und nicht abhängen

Anrede,

zunächst meinen herzlichen Dank an die SPD für diesen Antrag, der uns Gelegenheit gibt, dieses wichtige Thema zu debattieren, welches von Seiten der Landesregierung bisher leider nicht die Aufmerksamkeit erfahren hat, die erforderlich wäre, wenn man, wie Christian Wulff bereits im Rahmen des Niedersächsischen Hafentages 2009 in Brake die Potenziale der Wasserstraßen in Niedersachsen erkannt und die Bedeutung des Zusammenspiels von Schiene, Wasserwegen und Straßen für die Bewältigung des Seehafenhinterlandverkehrs dementsprechend bewertet hätte.

Dieses Jahr begann mit hektischen Aktivitäten in Berlin zu einem ungewohnten Bereich der Verkehrspolitik: das BMVBS legte dem Haushaltsausschuss des Bundestages einen Bericht zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung vor.

Der Inhalt hat zwar für viel Aufregung gesorgt, war aber im Grunde nicht überraschend. Es gibt von verschiedenen Seiten hohe Ansprüche an das Wasserstraßennetz – wenn auch aus unterschiedlichen Motiven. Diesen Ansprüchen steht eine Realität gegenüber, die gekennzeichnet ist von einem hohen Investitionsbedarf in Unterhaltung und Ausbau des Wasserstraßennetzes - dazu aber fehlt das Geld.

Fest steht, dass alle Bundesregierungen diesen unbefriedigenden Zustand seit Jahren verschleppt haben, weil die Politik nicht in der Lage war, einige grundlegende Entscheidungen zu treffen. Die wichtigsten sind:

Es muss ein Seehafenkonzept her, damit die Doppelfinanzierung von Hafeninfrastrukturen durch Steuergelder endlich aufhört.

Es kann doch nicht sein, dass für 500 Millionen ein Tiefwasserhafen in WHV gebaut wird und gleichzeitig die Elbe für Hamburg für 400 Millionen Euro vertieft werden soll und sehe mich nicht in der Lage, den SteuerzahlerInnen diesen offensichtlichen Widerspruch zu erklären.

Bei den Binnenwasserstrassen müssen klare Prioritäten gesetzt werden, die sich an den Entwicklungsmöglichkeiten der Binnenwasserstraßenverbindungen und nicht  an zweifelhaften Verkehrsprognosen orientieren. Und wir müssen den Mut zu Lösungen haben, mit denen die Gewässer, die keine Bedeutung für den Güterverkehr haben, als Bundeswasserstrassen entwidmet werden. Und hier meine Damen und Herren, sind insbesondere die Bundesländer gefordert,  sich an der Lösung dieses Problems zu beteiligen.

Eine Politik des Aktionismus, wie sie die Bundesregierung gerade betreibt, ist nicht zielführend. Es ist schlicht nicht einzusehen, warum es notwendig sein sollte, dass das BMVBS per Erlass die weitere Vergabe von Bauaufträgen stoppt.

Hier wird mit quietschenden Reifen eine Vollbremsung hingelegt, die zwar viel Lärm macht, in der Sache selbst jedoch kontraproduktiv ist.

Nach Auskunft der WSD sind derzeit sogar die Voruntersuchungen für die Planung einer Schachtschleuse am ESK bei Scharnebeck gestoppt, der Weiterbau der Schachtschleuse in Minden stockt. 

Es ist nicht erkennbar, warum dieser Stopp von Auftragsvergaben notwendig sein sollte. Man fragt sich, hat das Ministerium seine eigene Verwaltung nicht im Griff?

Anrede

Der Antrag der SPD greift leider etwas kurz. Er ist getragen von dem Bestreben, möglichst alles so zu belassen wie es ist, die strukturellen Probleme aber, die sich ja auch nicht leugnen lassen, werden in diesem Antrag nicht angesprochen.

Ich erwarte von der Landesregierung, dass sie nicht auf den Bund wartet, der ja zum 15. April sein Konzept zur Modernisierung der WSV vorstellen wird, sondern dem zuständigen Ausschuss dieses Landtags in Kürze ein eigenes Konzept vorlegt. Wir möchten insbesondere wissen, welche Bedeutung die LR der Binnenschifffahrt beimisst und wie sie diese Zielvorstellungen umsetzen will.

Wir wollen Vorschläge für den Ausbau der Binnenwasserstrassen, aber auch für den Rückbau, die Renaturierung von Flüssen, die nicht länger als Bundeswasserstrassen zu halten sind.

Für uns Grüne ist der Verzicht auf den Ausbau der mittleren Elbe dabei genauso wichtig, wie eine Ertüchtigung der Wasserstrassen, auf denen schon heute Containerlinienverkehre abgewickelt werden, vor allem mit Blick darauf, welche weiteren Entwicklungschancen dieser Sektor hat.

Mit Blick auf das Ende des Ölzeitalters und den Klimawandel müssen gerade auch Wasserstrassen in ihrer Substanz erhalten werden, um sie bei Bedarf in späteren Zeiten reaktivieren zu können.

Und in eben diesem Sinne wünsche ich mir die weitere inhaltliche Diskussion dieses Antrags um die Zukunft der Wasserstrassen – sowohl im federführenden Ausschuss für AWuV, als auch im Unterausschuss Häfen und Schifffahrt, deren Mitberatung ich hiermit namens meiner Fraktion beantrage.

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