Rede Elke Twesten: Runder Tisch Prostitution - Handlungsmöglichkeiten für Niedersachsen entwickeln
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Das Thema Wohnmobil-Prostitution hat vor ungefähr einem Jahr insbesondere in meiner Region, im Elbe-Weser Dreieck entlang der A1 hohe Wellen geschlagen, die CDU Fraktion forderte daraufhin recht populistisch und undifferenziert die Einrichtung weiterer Sperrgebietsverordnungen, anschließend forderte Alice Schwarzer ein Prostitutionsverbot, um ihr neues Buch zu promoten und wir hatten einen, sozusagen heißen Herbst.
Als der CDU-Antrag erstmals bei mir auf dem Tisch lag, mutete er wie ein diffuser Rundumschlag an, ich fragte mich, was genau soll damit wohl erreicht werden. Zeit also, das Thema sauber abzuschichten:
Wir haben daraufhin Im November 2013 eine umfangreiche und hochgradig besetzte Anhörung initiiert: Wer über dieses Thema redet, sollte sich zumindest auskennen.
Und so möchte ich mich an dieser Stelle zuerst insbesondere bei all denjenigen bedanken, die kenntnisreich und sehr dezidiert zu einer realen Sichtweise auf die Situation der Prostituierten in NDS beigetragen haben. VertreterInnen der verschiedenen PDs, des LKAs NDS, der AG kommunaler Spitzenverbände und der VertreterInnen der Prostituiertenverbände.
Eines der wichtigsten Ergebnisse: die Einrichtung von Sperrgebieten ist nicht geeignet, Prostitution in all ihren Erscheinungsformen einzudämmen, wäre de facto nur eine Verdrängung der (Love-Mobile) Prostituierten in immer entlegenere Gebiete, die PD Lüneburg hat daraufhin bereits im Dezember eine entsprechende Empfehlung für ihren Zuständigkeitsbereich ausgesprochen und von der Einrichtung weiterer Sperrgebiete abgesehen.
Sowohl die sich dann anschließende deutschlandweite Debatte als auch die Ergebnisse der Anhörung im Besonderen waren für uns Anlass und Auftrag, sich mit dem eigentlichen Thema zu beschäftigen und den CDU-Antrag der Sachlage anzupassen und die überfällige Umsetzung des 2002 beschlossenen Prostitutionsgesetzes voranzutreiben. Gerne wird hier und da mal behauptet, das Gesetz sei gescheitert. Fakt ist, nach einer ersten Evaluierung im Jahre 2007 fällt die aktuelle Bilanz ernüchternd aus - nur wenige Frauen nutzen ihre Rechte, das Prostitutionsgesetz hat seine Ziele nur zu einem sehr begrenzten Teil erreicht und wurde bis heute nicht konsequent weiterentwickelt.
Demnach besteht Handlungsbedarf –
Der Beschluss des Bundesrates vom 11. April 2014 zu Maßnahmen zur Regulierung von Prostitution und Prostitutionsstätten zeigt konkret auf, wo gehandelt werden muss. Es heißt darin u.a. auch, dass die öffentliche und mediale Debatte durch Vorurteile, fehlendes Wissen und Skandalisierung geprägt ist. Der Bundesrat spricht sich für eine sachliche Debatte und differenzierte Maßnahmen aus und wendet sich vor allem gegen die pauschale Gleichsetzung von Prostitution und Menschenhandel.
Wir in Niedersachsen wollen eine sachliche Debatte, und dabei brauchen wir zunächst Wissen und einen genauen Überblick über die aktuelle Situation in Niedersachsen. In Landkreisen und Kommunen gibt es zahlreiche Arbeitsgruppen zum Thema, auf Landesebene fehlt jedoch ein solches Gremium, deswegen wollen wir jetzt einen Runden Tisch einrichten, Handlungsrichtlinien für das Land erarbeiten, unsere Gestaltungsmöglichkeiten wahrzunehmen. Mit Blick auf die Genese des jetzt vorliegenden Antrags wollen wir das Thema Prostitution in all ihren Erscheinungsformen aufgreifen und nicht auf die Love-Mobile-Problematik reduzieren.
Und Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU haben diesen Anspruch offensichtlich nicht begriffen, wie sonst ist es zu erklären, dass Sie von Ihrem ursprünglichen Ansatz abweichen, jetzt einen vollkommen überflüssigen Änderungsantrag aus dem Ärmel zaubern, weil Sie nicht zugehört haben, weil Sie lieber in den pauschalen Sturm der Entrüstung zurückverfallen.
Das ist nichts anderes, als ein hilfloser Versuch vor dem allgegenwärtigen Phänomen Prostitution die Augen zu verschließen.
Der ÄAntrag ist genauso diffus und moralisierend wie Ihr erster Aufschlag – aus den Augen aus dem Sinn, verbessert die Situation der Prostituierten nicht!
Sie meine Damen und Herren der CDU, haben sich heute mit Ihrem ÄAntrag auf´s Abstellgleis manövriert, scheinheiliges Gezeter bringt die sachliche Auseinandersetzung nicht voran!
SPD/Grüne und die FDP werden sich gemeinsam des Themas in seiner ganzen Bandbreite widmen, wir werden jetzt nicht mehr nur reden, sondern handeln, eine sachliche Debatte mit Betroffenen und Beteiligten führen und differenzierte Maßnahmen entwickeln.
Dafür danke ich den Kolleginnen und Kollegen schon einmal an dieser Stelle.
Beschlussempfehlung: Runder Tisch Prostitution - Handlungsmöglichkeiten für Niedersachsen entwickeln