Rede Elke Twesten: Flächendeckende Geburtshilfe in Niedersachsen nachhaltig sichern und Arbeit der Hebammen endlich würdigen
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
prüfen, prüfen, nochmals prüfen, am Ende könnte es möglicherweise heißen: was gegeben wurde, war zu wenig und kam zu spät. Das kann’s nicht sein, das darf nicht sein.
So hat auch die gestrige Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages deutlich aufgezeigt:
Die Situation der Geburtshilfe in Deutschland ist unhaltbar. Die freie Wahl, wie und wo Frauen ihre Kinder zur Welt bringen, existiert heute nur noch auf dem Papier….
Die Situation der Hebammen ist desaströs.
Unterbezahlte Leistungen und horrend steigende Haftpflichtprämien haben innerhalb weniger Jahre dazu geführt, dass knapp ein Drittel der Hebammen ihren Beruf aufgegeben hat. Seit Jahren reden wir
und prüfen und prüfen…... und es passiert so gut wie nichts –
viel - zu - wenig - Die Haftpflichtproblematik der Geburtshelferinnen wurde unter der schwarz-gelben Bundesregierung viel zu lange ignoriert.
Jeder Gesundheitsminister nahm sich mediencharmant des Themas an und ließ es ganz schnell wieder fallen. Die Verhandlungen scheitern regelmäßig, die Versicherungen, die sich eine nach der anderen aus der Geburtshilfe zurückziehen, sitzen schon mal gar nicht mit am Tisch.
Wenn wir allerdings die Geburtshilfe in der Fläche erhalten wollen – und das ist unser gemeinsames Ziel - müssen wir ran an das Thema, Farbe bekennen und Lösungsmöglichkeiten einfordern –
Wegducken geht nicht mehr
Ich selbst bin enttäuscht von den Ergebnissen der interministeriellen Arbeitsgruppe auf Bundesebene:
- Den Regressverzicht im Kranken- und Pflegebereich will Minister Gröhe lediglich prüfen, eine Umsetzung ist nicht in Sicht. Gleichzeitig steigt der Handlungsdruck.
- Der sogenannte Sicherstellungszuschlag ab Juli 2015 für Hebammen mit weniger Geburten hört sich vermeintlich gut an,
- ist aber in der Ausgestaltung völlig ungeklärt und würde das eigentliche Problem der Haftpflichtfrage insgesamt nicht lösen
- Immerhin konnte Herr Minister Gröhe die Versicherungen bewegen, die Geburtshilfe bis 2016 zu versichern.
- De facto ist dies aber nur eine Verlängerung der Galgenfrist inklusive einer dicken Kröte, die da heißt, noch einmal mehr 20 Prozent für die Haftpflicht zu zahlen! Das sind mehr als 6.000 Euro von 2015 an bei einem Durchschnittsstundenlohn von 8,50 Euro!
- Dieses Geld haben die unterbezahlten Hebammen nicht. Das Problem ist, unter verschärften Bedingungen, lediglich um ein Jahr verschoben, nicht gelöst – welch ein Hohn!
Kurzfristig mag es naheliegend sein, die Prämien über eine Vergütung abzufedern. Was wir wirklich brauchen, ist ein Instrument, die Prämien effektiv zu senken und zwar schnell –
hier ließe sich der Haftungsfonds umsetzen. Damit hätten wir Zeit gewonnen, um eine langfristig machbare Lösung für alle Berufsgruppen rund um die Geburtshilfe zu entwickeln. Hier kann die Überführung in die Berufshaftpflicht eine verlässliche und zukunftsfähige Option sein.
Wenn das nicht gelingt, können wir einpacken, dann haben wir schlicht keine Hebammen in der Fläche mehr, dann ist uns dieser Jahrtausende alte Berufsstand weggebrochen und ich verweise auf meine Eingangsworte…. Ich erinnere also nochmal: Ein Drittel aller Hebammen hat innerhalb von sechs Jahren in Niedersachsen den Beruf aufgeben müssen.
Gut, dass wir im Niedersächsischen Landtag diesen Handlungsdruck wahrnehmen
Gut, dass es uns über die Fraktionsgrenzen hinweg gelungen ist, mit unserer gemeinsamen Initiative einen Handlungsauftrag an die Landesregierung zu richten und eine deutliche Forderung nach Berlin zu senden.
Wir haben genug geprüft – wir wissen, wo die Reise hingehen soll, wir wissen, was wir wollen und was wir nicht wollen, lassen Sie uns handeln und das bitte schnellstmöglich!