Rede Elke Twesten: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gleichstellungsgesetzes (NGG)

Landtagssitzung am 20.06.2012

Rede Elke Twesten, MdL

Anrede,

als Waltraud Schoppe von den Grünen 1990 zur ersten Frauenministerin in Niedersachsen berufen wurde, kündigte sich eine neue Zeit im Kampf für die Gleichstellung von Frau und Mann an.
Um der, in Deutschland historisch gewachsenen Benachteiligung von Frauen entgegen zu wirken, wurde 1994 unter der damaligen Rot-Grünen Koalition das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz (kurz: NGG) geschaffen, ein Gesetz vornehmlich mit dem Ziel, den Frauenanteil in der öffentlichen Verwaltung deutlich zu erhöhen - auf den Wert, der den Frauen gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil immer schon zusteht: 50 Prozent. Die halbe Macht den Männern und die halbe Macht den Frauen. So einfach ist das.

Aktuell stellen wir fest, dass sich der Anteil der Frauen in den Verwaltungen zwar erhöht hat, aber die eigentlichen Ziele des NGG noch lange nicht erreicht sind. Viel zu wenige Frauen in den höheren Besoldungsgruppen und auch im öffentlichen Dienst stoßen sich viele Frauen den Kopf an der berühmten gläsernen Decke und wundern sich, wieso ihre männlichen Kollegen sicher an Ihnen vorbeibefördert werden.

Und anstatt den Weg konsequent weiter zu verfolgen und den vor nunmehr 40 Jahren formulierten Gleichstellungsgedanken umzusetzen und diesen nicht nur als lästige legislative Pflichtübung wahrzunehmen, sondern als Topchance für eine gleichberechtigte Beschäftigung von Frauen zu erkennen, haben CDU und FDP in Niedersachsen eine Kehrtwende zurück in die Vergangenheit eingeläutet.

Die Regierungskoalition präsentierte uns ein Gleichstellungsgesetz, dass diesen Namen nicht verdient - die jetzt vorliegende Fassung bewegt sich weit weg vom eigentlichen Frauenförderaspekt in die falsche Richtung – denn das jetzt vorliegende Gleichberechtigungsgesetz sorgt dafür, dass Männern eine besondere Förderung zukommt, sobald ihr Anteil in den Behörden unter 45% sinkt.

Daher wäre es im Rahmen der lange überfälligen Novelle 2010 an der Zeit gewesen, dieses damals schon richtungweisende Gesetz zu modernisieren und an die veränderten Gegebenheiten anzupassen. Aber während die Nation von Gleichstellung redet ist es in Niedersachsen nicht mal gelungen, dem Kind einen neuen modernen Namen zu geben.

Bei dem Versuch einer umfangreichen Neugestaltung vor zwei Jahren haben Sie einen überholten Fachbegriff aus den neunziger Jahren aus der frauenpolitischen Mottenkiste beibehalten haben, ohne eine hierfür überzeugende Begründung abzuliefern.

Damals habe ich mich noch über Ihre Beratungsresistenz gewundert – heute allerdings, wo Ihre Partei Frauen mit einem Betreuungsgeld an den Herd zurückbeordern will, wundert mich das gar nicht mehr, es lässt allerdings tief blicken, welch ein antiquiertes Familienbild Sie, meine Damen und Herren aus CDU und FDP mit sich rumschleppen!

CDU und FDP haben das komplexe Problem der immer noch vorhandenen Benachteiligung von Frauen überhaupt nicht verstanden. Sie reduzieren diese Frage auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, aber es werden eben nicht nur Mütter benachteiligt.

So begrüßenswert es ist, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern, so wenig reicht das aus, die strukturelle Benachteiligung von Frauen im Beruf zu beseitigen, deswegen freuen wir uns, dass CDU und FDP mit dem nun vorliegenden Änderungsentwurf eine Chance bekommen, die handwerklichen Fehler aus 2010 zu beheben.

Ich bin sicher, die Beratung im Sozialausschuss bleibt spannend und freue mich darauf, dass am Ende ein modernes Gleichstellungsgesetz dabei rauskommt, das diesen Namen auch verdient!

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