Rede Elke Twesten: Einrichtung einer Muttermilchbank in Niedersachsen

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

wir haben uns zu diesem Antrag entschlossen, weil uns in diesem Zusammenhang  zwei Anliegen sehr wichtig sind:

Muttermilch ist eines der besten Erstnahrungsmittel. Deshalb ist es aus medizinischen Gründen richtig, Muttermilch für Frühchen und für Babys mit gesundheitlichen Problemen vorzuhalten. Gerade bei zu früh geborenen Kindern ist es den Müttern oft noch nicht möglich zu stillen. Besonders bei Frühgeburten hat sich der Körper der Mutter noch nicht auf die Milchproduktion eingestellt. Da aber gerade Frühgeborene besonders auf die ideale Versorgung mit Nährstoffen und Antikörpern angewiesen sind, kann diesen Babys auch die Milch anderer Frauen helfen.

Genau um diese Zielgruppe geht es uns. Für sie wollen wir auch in Niedersachsen eine sogenannte Muttermilchbank einrichten. Hier wäre es dann möglich, dass Frauen unter sterilen Bedingungen ihre überschüssige Muttermilch spenden können. Hier wäre der angemessene Rahmen, um die gespendete Milch professionell zu verarbeiten und zu lagern, bis sie aus medizinischen Gründen benötigt wird.

Während im Osten Deutschlands solche Muttermilchbanken gang und gäbe sind, haben sich im Westen mit München und Dortmund erst zwei Bundesländer auf den Weg gemacht, diese Chance für Frühchen zu nutzen. Auch wir in Niedersachsen könnten uns gut vorstellen, an einer geeigneten Kinderklinik ein Modell durchzuführen, das wir fachlich begleiten und evaluieren lassen.

Anrede,

unser zweites Anliegen besteht darin, die aus meiner Sicht gefährlichen Entwicklungen am freien Internet-Markt zu stoppen: Hier hat sich in den vergangenen Jahren das Geschäftsmodell „Muttermilch“ entwickelt, gesundheitlich gefährlich und aus Verbraucherschutzsicht eine Katastrohe! Der Verkauf von Muttermilch im Netz ist attraktiv, weil er durchaus hohe Gewinne abwerfen kann. Bis zu 100 Euro konnten Frauen auf der jetzt (endlich) geschlossenen Internet-Plattform „Muttermilch-Börse“ für 1 Liter Muttermilch verlangen. Das entspricht der halben Tagesration eines zwei Wochen alten Babys und der Tagesration eines fünf Monate alten Babys. Versorgt eine in Anführungszeichen „Milchverkäuferin“ ein weiteres Baby, kann sie so bis zu 700 Euro in der Woche verdienen. In aktuellen Inseraten der Börse „Muttermilch-kaufen“ werden „nur“ 5 Euro für 100 ml verlangt.

Nun gönnen wir jedem eine erfolgreiche Geschäftsidee. Die hier geht so aber nicht!

Alle Experten und Akteure – ob Ärzte, Hebammen, Verbände und Kommissionen – sind sich einig, dass der freie Handel risikoreich ist und warnen einhellig vor den gesundheitlichen Folgen für die Kinder. Für Bezieher von Muttermilch ist nicht prüfbar, ob die Milchverkäuferin an übertragbaren Krankheiten wie HIV oder Hepatitis leidet, noch ist erkennbar, ob Spuren von Alkohol, Drogen, Tabletten und Nikotin in der gekauften Milch enthalten sind. Außerdem schließt die private Produktion aus, dass bei der Verarbeitung, der Lagerung und dem Transport hygienische Standards und eine ausreichende Kühlung eingehalten werden.

Aus unserer Sicht müssen für Muttermilchspenden strenge Prüf- und Hygienevorschriften gelten. Eigentlich ähnlich wie bei einer Blutspende! Da kann ich aus gutem Grund auch nicht privat produzieren und vertreiben, wie es mir beliebt.  

Wir fordern, dass diese unsägliche Marktentwicklung gestoppt wird. Indem 1.) die Menschen aufgeklärt werden, welche Risiken für ihre Kinder mit privat gekaufter Milch verbunden sind, und 2.) auf Bundesebene geprüft wird, wie sich gesetzlich der private Handel schnellstmöglich unterbinden lässt. Wir halten es für möglich, im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes ein solches Verbot zu erwirken.

Anrede,

Muttermilch ist kein Life-Style-Produkt! Muttermilch kann aber wesentlich dazu beitragen, Frühchen und Neugeborenen den Weg ins Leben zu erleichtern. Und weil uns das so wichtig ist, wollen wir das bewährte Instrument Muttermilchbank aus den ostdeutschen Bundesländern auch hier in Niedersachsen einführen und bei einem erfolgreichen Verlauf ausweiten.

Danke!

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