Rede E. Hagenah: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes

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Landtagssitzung am 14.05.2003
Enno Hagenah, MdL
TOP 13: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Landesvergabegesetzes

Anrede,
durch die derzeit mögliche Tariftreueabsicherung im Vergaberecht werden Wettbewerbsnachteile gesetzes- und tariftreuer Unternehmen gegenüber unseriösen Niedriglohnkonkurrenten vermindert. Dies gilt nicht nur für den Baubereich.
Angesichts der Bedeutung der öffentlichen Hand als Auftraggeber im Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV) sollte eine Tariftreuregelung auch dort dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen in unserem Land insgesamt zu stabilisieren.
Mögliche Mehrausgaben für öffentliche Auftraggeber durch die Entlohnung nach den am Ort der Leistungserbringung gültigen Tarifverträgen werden durch positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt aufgefangen.
Dazu wollen CDU und FDP es gar nicht erst kommen lassen. Es wird nicht einmal abgewartet welche Wirkung das erst im vorigen Jahr beschlossene Gesetz denn in der Praxis wirklich hätte, sondern mit dem heute eingebrachten Gesetzentwurf wird der ÖPNV einfach aus dem Regelwerk wieder herausgeschmissen.
Ich verwende diese Formulierung mit Bedacht, denn die Beschäftigten haben durchaus diesen Eindruck. Da gab es in den vergangenen Wochen viele Gespräche mit Vertretern aus Regierung und Fraktion, und durchweg wurde auf Zeit gespielt und Verständnis bekundet. Die neue Landesregierung wollte wohl zumindest in den ersten Wochen des neuen Wirkens wenigstens im direkten Gespräch noch nicht Klartext reden.
Da ist es schon bezeichnend, dass genau einen Tag nach den leutseligen Auftritten auf den 1.Mai-Kundgebungen, am 2. Mai die Zeit reif war für diesen Antrag von CDU und FDP.
Sie gehen hier den gleichen krummen Weg wie vor Ihnen die SPD Landesregierung, die die Mehrheitsfraktion auch als parlamentarischen Arm zur Einbringung ihrer Gesetze mißbrauchte.
Schon im März und April kündigten Minister Hirche und Ministerpräsident Wulff diese Initiative in Briefen an verschiedene Arbeitgeber in der Verkehrswirtschaft an.
Trotz dieser Absicht ließen Sie den im Gesetz vorgeschriebenen Beirat zur Ermittlung der repräsentativen Tarifverträge auch im März noch arbeiten. Inzwischen liegen 22 von diesem Gremium anerkannte repräsentative Tarifverträge mit ihrer regionalen Zuordnung getrennt nach Straße und Schiene vor.
Das Gremium hat damit nachgewiesen, dass eine praktikable Umsetzung der Gesetzesvorgaben für den ÖPNV gegeben ist.
Sie begründen Ihren Antrag auch damit, dass im Bereich des öffentlichen Nahverkehres Wettbewerbsverzerrungen nicht bestehen.
Diese Behauptung ist unhaltbar. Es drängen inzwischen in Niedersachsen Anbieter in diesen Markt, die nur 9 € bis 10 € Brutto einschließlich aller Überstunden und Zuschläge für ihre Fahrer zahlen.
Es gibt erste niedersächsische "Betriebsvereinbarungen" mit Dumpinglöhnen die gültige Tarifverträge massiv unterlaufen.
Im Nachbarland Bremen haben CDU und SPD gemeinsam eine Tariftreuregelung nach dem niedersächsischen Vorbild beschlossen. Das was für Bremen gut ist, kann für Niedersachsen nicht so verkehrt sein. - Wird das Gesetz in Niedersachsen wie vorgeschlagen verändert, wird dies wegen der engen Verknüpfung im ÖPNV-Bereich zwangsläufig auch zu entsprechenden Konsequenzen in Bremen führen. Ein negativer Dominoeffekt für die Beschäftigten.
Anrede,
lassen Sie uns deshalb den öffentlichen Nahverkehr im Vergabegesetz belassen und zunächst Erfahrungen in der Praxis mit den bisher gefundenen Regelungen sammeln. Wir sind gern bereit, eine zeitliche Begrenzung nach einigen Jahren einzuziehen, um die Wirkung zu evaluieren und dann über eine Weiterentwicklung oder die Abschaffung vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen zu entscheiden. Eine Herausnahme jetzt ist nicht begründbar, schädlich für den Arbeitsmarkt und die Sozialstruktur in unserem Land.

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