Rede E. Hagenah: Abschaffung der Zweckentfremdungsverordnung

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Anrede,
Regionalplanerische und städtebauliche Vorgaben gehören im Grundsatz nicht zu den überflüssigen Vorschriften, von denen unsere Gesellschaft befreit werden muss.
Ich bin überzeugt, dass mir eine Mehrheit hier im Hause dabei sogar zustimmen kann. Denken Sie zum Beispiel an die durch Planung erhaltene Urbanität der europäischen Großstädte im Vergleich zum ungeplanten Chaos der Städte in anderen Regionen der Welt.
Warum wollen Sie dann aber die Zweckentfremdungsverordnung unbedingt loswerden? Wissen alle hier im Hause, die gleich zustimmen wollen wirklich, was sie gleich beschließen? Ich habe Motivationsforschung betrieben, Sie können ja nicht alle knallharte Immobilienhai-Lobbyisten sein.
Vielleicht ist ja ein Grund für Ihre schnelle Entscheidung, dass dieses sinnvolle Instrument der Stadtplanung einen so abstoßenden Namen hat. Das klingt nach Gängelung und Bürokratie. Würde diese Vorgabe analog zum Denkmalschutz zum Beispiel Wohnungsschutzgesetz genannt, wäre vielen die Abschaffung im Handstreich sicher nicht so leicht gefallen.
Wohnraumschutz ist aber genau das, was mit dieser Verordnung bewirkt wird, und das brauchen wir in vielen Innenstädten und Aufwertungsquartieren auch heute noch.
In einer DPA Meldung vom 12.09. wird eine Studie vorgestellt: "In Südniedersachsen gibt es zu viele und zu große Geschäfte. In Northeim und Bad Gandersheim z.B. steht jeder dritte Laden leer”¦. Während die Verkaufsfläche je Einwohner im Bundesgebiet 1,3 Quadratmeter beträgt, liege sie in Südniedersachsen um fast 25% höher, ”¦. Dennoch werde weiter gebaut." Sie sehen, der von Ihnen propagierte Wettbewerb führt zu enormen schädlichen Effekten die letztlich mit erheblichem öffentlichen Geld repariert werden müssen.
Die Entscheidung zur Aufhebung der Zweckentfremdung ist kommunal- und sozialpolitisch kurzsichtig. Hier wird eine notwendige Steuerfunktion der Kommunen aus ideologischen Gründen ohne wirtschaftliche Notwendigkeit ersatzlos gestrichen. Kollege Beckmann von Haus und Grund Hannover kann heute zwar eine lange Schlacht siegreich abschließen, aber in vielen Städten werden durch diese falsche Entscheidung die Probleme wachsen.
Das in der Anhörung unter anderem von der Stadt Hannover eingeholte Einverständnis ist unter dem Vorbehalt einer neuen kommunalen Steuerungsfunktion gegeben worden. Dabei steht aber noch in den Sternen, ob und wann das je umgesetzt werden kann. Damit fehlt die Voraussetzung für die vermeintliche Zustimmung der Kommunen, auf die sie sich berufen.
Der jetzt vorliegende Beschluss ist eine übers Knie gebrochene Entscheidung, die in vielen Kommunen Schaden anrichten wird, weil die Wohnungsdurchmischung in den Zentren zurückgehen und die Verödung der Kernbereiche damit voranschreiten wird.
- es gilt das gesprochene Wort -

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