Rede Dorothea Steiner: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Vertragsnaturschutzes und zur Deregulierung im Naturschutzrecht

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Anrede
Seit März 2002 ist das neue Bundesnaturschutzgesetz in Kraft, das die Rahmenbedingungen für einen zeitgemäßen, modernen Naturschutz festlegt. Auch der Bundesrat als Vertretung der Länder hat diesem Gesetz seinerzeit zugestimmt.

Drei Jahre waren Zeit, die neuen Regelungen in den Ländern entsprechend umzusetzen. Wie sieht das in Niedersachsen aus? Eine Änderung, die FFH-Gebiete betreffend, wurde im Mai 2003 als Einzelregelung vollzogen. Seitdem warten wir in Niedersachsen auf eine große Novelle des Naturschutzgesetzes.
Im März 2005 wurde dann aus dem Hause Sander tatsächlich ein "Gesetz zur Stärkung des Vertragsnaturschutzes und zur Deregulierung des Naturschutzes" dem Kabinett vorgelegt. Es gibt keine große Novelle, keine umfassende Anpassung an das Bundesnaturschutzgesetz, sondern die überfällige Anpassung des § 60, der Regelung für die anerkannten Naturschutzverbände, garniert mit Veränderungen zum Vertragsnaturschutz. So, meine Damen und Herren war das nicht gedacht.

Wir Grünen waren durchaus bereit, uns auf einige der vorgeschlagenen Änderungen einzulassen, z.B. bei der Regelung der Fristen, nach denen beim Auslaufen des Vertragsnaturschutzes eine erneute landwirtschaftliche Nutzung möglich sein soll. Überzeugt hat uns das Argument, dass dies die Bereitschaft bei Landwirten zum Vertragsnaturschutz erhöhen kann.
Wenig gefallen haben uns die Einschränkungen für den Schutz des mesophilen Grünlands durch das Gesetz. Wichtig ist bei diesem Gesetz für uns der § 60, der die Anerkennung von Naturschutz- und Umweltverbänden neu regelt – entsprechend dem Bundesnaturschutzgesetz.

Wir haben Entgegenkommen gezeigt und uns auf eine verkürzte Beratungsfrist im Ausschuss eingelassen, weil die notwendige Regelung der Verbändeanerkennung für uns wichtig war. Wir waren auch bereit, kurzfristig eingebrachte Änderungsvorschläge der Regierungsfraktionen abzuwägen. Dann ereilte uns – zwei Tage vor der Schlussberatung – ein Änderungsantrag der Landesregierung, weil man – anscheinend urplötzlich – festgestellt hat, dass man das Problem des Beifangs von pazifischen Austern im Nationalpark Wattenmeer noch schnell im Naturschutzgesetz regeln könnte. Ohne weitere Diskussion wollte man dem Ausschuss hier noch eine problematische Fischereiregelung unterjubeln und sie im Gesetz festschreiben.

Dieses Verfahren lässt für uns nur zwei Möglichkeiten der Interpretation offen: entweder ist das Umweltministerium bei der längst fälligen Umsetzung des Bundesgesetzes überfordert - vielleicht ist es ihm auch nicht wirklich wichtig - oder es ist der Landesregierung egal, ob ein Gesetzentwurf der Landesregierung im Fachausschuss ordentlich beraten werden kann. Das würde eine Missachtung des Parlaments zum Ausdruck bringen.

Vor diesem Hintergrund werden wir lediglich der Änderung des § 60 des Naturschutzgesetzes zustimmen, das vorliegende Gesamtkunstwerk werden wir aber ablehnen, weil wir mit einer scheibchenweisen Novellierung des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes nicht einverstanden sind. Wir fordern stattdessen die Landesregierung auf, bis zum Frühjahr 2006 eine umfassende Novelle des Naturschutzgesetzes vorzulegen, die den gesamten Änderungsbedarf berücksichtigt. Dies soll so erfolgen, dass die Ausschüsse des Parlaments die auch seriös beraten können.
Wir wollen nicht von vorneherein ausschließen, dass eine gemeinsame Position des Parlaments möglich sein wird. Aber mit dem Stil, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, Herr Sander, wie Sie hier verfahren sind, werden Sie keine breite Basis und keine Akzeptanz für neue Regelungen im Naturschutz finden. Aber vielleicht wollen sie das ja auch nicht. Sie sind möglicherweise noch nicht darauf gekommen, dass das Motto "Mit den Menschen", das sie vor sich her tragen wie eine Monstranz, etwa auch für gewählte Abgeordnete gelten könnte, die Ihrer Gesetzgebung zustimmen sollen.
Vielen Dank

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