Rede Dorothea Steiner: Aktuelle Stunde der CDU - Spült Trittins Hochwasserschutz Niedersachsens Landwirte von der Scholle?

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ripke, werte Kollegen von der CDU-Fraktion, vor eineinhalb Jahren, als die Erfahrungen des Hochwassers an der Elbe noch frischer waren, waren sich alle Fraktionen im Landtag einig, dass vorbeugender Hochwasserschutz in viel stärkerem Maße in Angriff genommen werden muss. Damals wurden auch entsprechende Absichtserklärungen und Bitten an die Landesregierung gerichtet.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Sie brauchen sich nur an dieses einzige Jahrhundert- oder Jahrtausendhochwasser zu erinnern. Dabei haben 20 Menschen ihr Leben verloren. Die materiellen Schäden lagen allein in Deutschland bei über 9 Milliarden Euro. Sie können natürlich spekulieren, wie die Statistik funktioniert, ob sich das Jahrhundert- oder Jahrtausendhochwasser immer an die Hundertjahresperioden hält oder ob es wie es die statistische Wahrscheinlichkeit sagt auch eher kommen kann.
Wir wissen inzwischen, dass der Klimawandel in Mitteleuropa die Häufigkeit von Starkregen erhöht hat. Wir wissen auch, dass sich diese Starkregen nicht immer über der Elbe ausregnen werden, sondern es auch weiter westlich passieren kann, nämlich in Niedersachsen.
Um Konsequenzen daraus zu ziehen, gibt es seit März einen Regierungsentwurf der rot-grünen Bundesregierung in Berlin zum vorbeugenden Hochwasserschutz. Das ist nicht etwa, wie Sie es immer darzustellen belieben, eine Kopfgeburt von Jürgen Trittin, sondern das ist ein Regierungsentwurf, der jetzt in den Bundestag geht.
(Anneliese Zachow [CDU]: Nun mal ganz langsam!)
Auch dieses Gesetz wird Hochwasser- und Starkregenereignisse nicht verhindern. Es soll die Schäden durch Hochwasser minimieren. Um nichts anderes geht es. Das wissen Sie auch.
Von der SPD-Fraktion und von der Grünen-Fraktion gibt es seit September letzten Jahres Anträge mit dem Ziel, den vorbeugenden Hochwasserschutz in Niedersachsen auszubauen. Eine fachliche Anhörung, die hier angemessen gewesen wäre, wurde uns von den Regierungsfraktionen verweigert. Heute gibt es eine Aktuelle Stunde als Ersatz. Wie gut, wie intensiv, wie konsequent und auf welchem Niveau in Aktuellen Stunden diskutiert wird, das hat uns Herr Ripke gerade vorgeführt.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Die CDU gefällt sich in der Rolle, selber als Retter der Landwirtschaft aufzutreten und den Bundesumweltminister zum Öko-Buhmann zu machen.
(Bernd Althusmann [CDU]: Ist er ja!)
Gucken Sie sich doch einmal die Überschrift an: "Spült Trittins Hochwasserschutz Niedersachsens Landwirte von der Scholle?"
(Bernd Althusmann [CDU]: Sie kennen den offenbar besser als wir!)
Ich sage Ihnen, wer die Landwirte von der Scholle spült: Das Hochwasser nämlich. Es spült nicht nur die Landwirte von der Scholle, sondern es schwemmt Schadstoffe ein und führt zur Bodenerosion. Das alles ist unbestritten. Dort liegen die Ursachen, und dort muss man ansetzen. Also greifen Sie nicht den Minister an, der für Hochwasserschutz eintritt, sondern überlegen Sie selber, welche Maßnahmen Sie befürworten, um effektiven, vorbeugenden Hochwasserschutz zu gewährleisten.
Wir alle wissen, dass es seit langem Ziel der Gesetzgebung auch in Niedersachsen ist, Überschwemmungsgebiete auszuweisen und diese Gebiete von intensiver Nutzung frei zu halten. Das Verbot von Grünlandumbruch zu Ackerland steht selbst im Niedersächsischen Wassergesetz, und das seit langem. Aber die Ausnahmen, die gestattet werden, sind zur Regel geworden. Damit wird die Intention des Gesetzgebers auf den Kopf gestellt. Genau dies kehrt unter anderem das geplante Artikelgesetz des Bundes um. Aber darin ist ja nicht nur von Landwirtschaft die Rede, sondern es geht auch um ein Bauverbot in Überschwemmungsgebieten. Das ist angesichts der Politik der Kommunen, die das zwar theoretisch auch bekunden und als Absicht erklären, praktisch aber konterkarieren, absolut notwendig. Das müssen auch Sie einsehen. Deswegen kann ich nun nicht verstehen, warum ausgerechnet Herr Ripke dem Bundesumweltminister Unfähigkeit zu praktischer Politik vorwirft. Es ist wohl eher umgekehrt.
Bauverbot in Überschwemmungsgebieten, Verbot von Ölheizungen und langfristiger Umstieg von Ackerbaunutzung auf weniger intensive Nutzung - das ist das Ziel dieser Gesetzgebung. Stellen Sie es jetzt nicht so hin, als würden die Landwirte schon morgen ihre Existenzen verlieren.
(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: 2013!)
Die Umstellung auf eingeschränkte landwirtschaftliche Nutzung soll bis 2013 erfolgen. Das heißt, man kann sich neun Jahre lang darauf einstellen. Bis dahin das garantiere ich Ihnen werden Sie im Rahmen der veränderten EU-Agrarpolitik auch entsprechende Grünlandprämien haben, sodass es sich auch lohnt, Grünland anstelle intensiver Agrarwirtschaft zu haben.
(Beifall bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)
Auch da werden die Länder noch die Möglichkeit zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen und zu einer flexiblen Handhabung haben, aber eben nur in Teilbereichen der Überschwemmungsgebiete.
(Unruhe bei der CDU und FDP)
Das werden wir in der nächsten Plenarsitzung anlässlich der Beratung über die Anträge der Fraktionen der SPD und der Grünen zu diesem Thema anständig diskutieren. Ich kann nur an die Fraktionen von CDU und FDP appellieren: Machen Sie doch die Einsichten in die Notwendigkeiten nicht immer vom sinkenden Pegelstand abhängig. - Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

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