Rede Christian Meyer: Niedersachsens Menschen, Natur und Landwirtschaft vor der Agrogentechnik schützen

Anrede,

es gibt zurzeit mindestens zwei Themen die unseren Landwirten unter den Nägeln brennen.

Das eine ist der Milchstreik der Bauernbasis für faire Preise, deren Forderungen wir Grüne seit langem unterstützen und dem wir unsere Solidarität zeigen und viel Erfolg wünschen.

Das andere viele Landwirte und Verbraucher bewegende Thema sind die existenzbedrohenden Gefahren der Agrogentechnik.

Bereits im März 2008 demonstrierten Tausende Landwirte bundesweit gegen die fälschlich Grüne Gentechnik genannte Agrogentechnik. Der Bund deutscher Milchviehhalter, der den Milchstreik organisiert, spricht sich dabei zusammen mit dem Deutschen Bauernverband klar gegen die Agrogentechnik aus.

Ein Vertreter der Bauern hat dort sinngemäß gesagt: Die Konzerne würden jetzt eine schleichende Einführung über die Schiene mit genbelastetem Saatgut und Futtermitteln in der Landwirtschaft versuchen, nachdem sie beim Verbraucher gescheitert seien.

Mit patentierter Gentechnik werde am Ende aber nur der Profit der Konzerne steigen und die Lizenznehmer, also die Bauern, würden in die totale Abhängigkeit geführt. Dafür gebe es inzwischen weitweit dramatische Beispiele. Gentechnisch verändertes Futter führe auch zu vielen Gesundheitsproblemen bei Pflanzen und Tieren, die dann wieder nur mit konzerneigenen Produkten bekämpft werden. Noch gebe es diesen Teufelskreis bei uns nicht."

Die übergroße Mehrheit der Bauern will die Gentechnik nicht. Die Mehrheit der Verbraucher auch nicht.

Von der FDP und weniger scharf von der CDU wird die Agrogentechnik immer wieder als Heilsbringer gegen den Welthunger gebracht.

Dieser hat jedoch andere Ursachen, dazu zitiere ich aus einer Pressemitteilung des Agrarministeriums von vorgestern: "Die Welternährungskrisen sind nicht in erster Linie die Folge einer insgesamt zu geringen Nahrungsmittelproduktion auf der Welt, sondern vor allem Folge von Armut und fehlender Kaufkraft."

Und es geht bei der Gentechnik auch nicht um Ertragssteigerungen oder Klimaschutz, sondern um neue Abhängigkeiten und Gewinne der Saatgutkonzerne. Bundesminister Seehofer sagte am 20. April zu den rapide gestiegenen Futtermittelpreisen in den USA:

"Die Landwirte dort werden doch erpresst und die Entwicklungsländer auch. Dahinter steht das Interesse der Konzerne ihren genveränderten Sojamais zu verkaufen".

Auch der Deutsche Bauernverband fordert von seinen Landwirten den Verzicht auf Gentechnik.

Das liegt auch an den weiter ungeklärten Haftungrisiken für Landwirte. Eine Koexistenz zwischen genmanipulierten Flächen und gentechnikfreier Landwirtschaft, egal ob konventionell oder ökologisch ist nicht möglich. Im Gegenteil bedroht die Gentechnik die Existenz ganzer Familien. Erst am 30. Mai hat ein Gericht festgestellt, dass Honig, welcher Blütenpollen des gentechnisch veränderten Maises MON810 enthält, nicht verkehrsfähig ist. Auch geringste Spuren führen zum Verlust der Verkehrsfähigkeit, da der Genmais keine Zulassung als Lebensmittel hat. Damit ist die Imkerei im Umfeld von Genmais nicht möglich.

Nach Angaben des Deutschen Imkerbundes beträgt der volkswirtschaftliche Nutzen der Bestäubungsleistung allein in Deutschland rund zwei Milliarden Euro im Jahr. Das ist zehn Mal so hoch wie die Honigproduktion. Die Biene ist damit eines der wichtigsten Nutztiere. "Wenn die Biene stirbt hat die Menschheit noch drei Jahre zu leben", hat Albert Einstein einmal gesagt.

Die Risiken der Agrogentechnik sind nicht rückholbar und dürfen daher kein Spielball der Landesregierung und von Konzerninteressen sein.

Nicht umsonst haben mehrere Länder wie Polen, Ungarn oder Österreich Genmais verboten. Deutschland sollte sich diesen im Interesse seiner Landwirtschaft und Standortvorteile anschließen.

Anrede,

während die große Mehrheit der Landwirte und Verbraucher in diesem Lande gegen die Agrogentechnik Widerstand leistet, versucht sich diese Landesregierung als Cheflobbyist der Agrokonzerne. Da werden von der FDP Gefälligkeitsbekundungen für genmanipulierte Zuckerrüben abgegeben, das Landwirtschaftsministerium träumt von ganz tollen neuen Genpflanzen, die alle Probleme lösen könnten und Ministerpräsident Wulff sponsert ein Projekt zur praktischen Akzeptanzbeschaffung für Gentechnik an Schulen mit einer Million Euro aus Landesmitteln. Bei HannoverGen, so heißt das Projekt, können dann Schüler in einer Genfit-GmbH praktisch experimentieren, während ethische, religiöse und ökologische Risiken einfach ausgeblendet werden. Wenn man die Erwachsenen nicht überzeugen kann, agitiert die Landesregierung in einem einzigartigen Projekt die Kinder pro Gentechnik. Doch auch damit werden sie eine ernsthafte Debatte über die vielfältigen Risiken nicht unterbinden können.

Die Menschen sind da deutlich weiter als die Landesregierung:

Noch ist Niedersachsen weitgehend agrogentechnikfrei, ja die Anbauflächen für giftigen Genmais gehen sogar zurück. Das auch dank breiter Bündnisse aus der Bevölkerung aus Stadträten, Landwirten , Imkern und VerbraucherInnen. Da haben wir die Mehrheit auf unserer Seite und werden daher als Grüne auch weiterhin den Widerstand unterstützen.

Während andere Länder wie Hessen sich für gentechnikfrei erklären, scheut sich die Landesregierung nicht mit Polizeieinsätzen umstrittene Genversuche wie in Northeim durchzusetzen.

Im Naturschutzgebiet in der Elbtalaue beugt die Landesregierung wieder einmal EU-Recht und lässt den Anbau des für Schmetterlinge tödlichen Genmaises in der höchsten Schutzstufe des Biosphärenreservats zu. Dies ist ohne vorherige FFH-Verträglichkeitsprüfung eindeutig rechtswidrig und wir fordern Sie mit unserem Antrag auf, diesen unwürdigen Zustand endlich zu beenden und sich auf die Seite des Landkreises und der Region zu stellen, die den gefährlichen Genmais nicht haben will.

Die Gefahren der Agrogentechnik sind vielfach beschrieben. Man braucht nur bei Google Gentechnik und Risiken einzugeben und findet 603.000 Artikel und Studien.

Es ist einfach nicht wahr, dass Gentechnik zu Ertragssteigerungen und Umweltschutz beitragen könne. Im Gegenteil: Untersuchungen aus den USA zeigen, dass die Pestizidmenge auf Genpflanzenfeldern nicht zurückgeht, wohl aber die Artenvielfalt.

Anrede,

mit unserem Antrag wollen wir die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung zur Landespolitik machen. Die Landesregierung vertritt mit ihrer Agrogentechniklobbyismus nur eine kleine Minderheit von profitgierigen Saatgutkonzernen. Ich hoffe, daher dass dieser Antrag eine ebenso breite Mehrheit findet wie im hessischen Landtag!

Wir Grüne wollen ein Gentechnikfreies Niedersachsen und alle landespolitischen Spielräume dafür nutzen.

Ebenso wie auf Kirchenland, sollte auf landeseigenen Flächen Agrogentechnik ausgeschlossen sein

Ebenso wie in Brandenburg sollte der Anbau von GVO in Schutzgebieten und mindestens 800 Metern drumherum, generell untersagt werden

Ebenso wie in Bayern sollten die Landessortenversuche eingestellt werden

Ebenso wie in Bremen sollte die finanzielle Förderung der Agrogentechnik beendet werden

Und ebenso wie in Hessen sollte sich eine Landtagsmehrheit grundsätzlich für ein gentechnikfreies Niedersachsen zum Schutz unserer Landwirte und Verbraucher aussprechen

Ich weiß, dass auch viele ihrer WählerInnen unsere Kritik an der Agrogentechnik teilen. Nicht umsonst erklären sich immer mehr Regionen für gentechnikfrei. Daher darf Niedersachsen nicht zum letzten Refugium der Agrogentechnik werden.

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