Rede Christian Meyer: Konsequenzen aus dem Umgang mit den Bodenbelastungen an der Ems

Anrede

eigentlich erwarte ich zu diesem Punkt eine Entschuldigung. Als wir das erste Mal über die Dioxin-Problematik an der Ems sprachen, wurde lückenlose Information versprochen. Doch was wir seit Beginn des Skandals 2008 erleben mussten, ist eine einzige Kette des Vertuschens, Leugnens und Fehlinformierens.

Ein Beispiel:

Die Landesregierung und Sie Herr Thiele haben hier im Plenum und in der Öffentlichkeit jeglichen Zusammenhang zwischen Sommerstau und Dioxinbelastung vehement abgestritten.
Das Umweltministerium war sich schon wenige Tage nach dem Stau ganz sicher: "Der Fluss ist nicht die Ursache der Dioxinbelastung".
Und auch jetzt noch sagt Herr Staatssekretär Ripke in der taz vom 20.2.2009:
"Wir konnten keinen direkten Zusammenhang zum Emsstau feststellen."
 Und Herr Thiele sprach im Parlament von einer "Riesensauerei", einen Zusammenhang zwischen Dioxinfunden und Aufstauungen überhaupt nur zu denken. 

Noch im Januar weigerte sich die Landesregierung auf eine kleine Anfrage von mir, die Messergebnisse der Grasproben an der Ems vor und nach dem Sommerstau zu veröffentlichen, um ihre Behauptungen zu überprüfen.

Die Ostfriesenzeitung schrieb (bereits am 18.9.2008) zur Heimlichtuerei in der Verantwortungsgemeinschaft Ems: "Müssen Analysen erst passend gemacht werden? Dieses Abschotten scheint denen Recht zu geben, die mutmaßen, dass hier mehr verschleiert als aufgedeckt wird."

Dieses Verheimlichen hatte in der Tat einen tiefen Grund: Im Gegensatz zu dem, was sie öffentlich behauptet haben, waren alle ihre Messergebnisse verheerend für die Sommerstau-Lobbyisten. Bei allen gezogenen Grasproben erhöhte sich die Giftbelastung nach dem Stau deutlich über den Dioxingrenzwert. Teilweise um das Fünffache. Und das in nur drei Tagen.

Auch bei den Messungen der Bodenbelastungen in den Überschwemmungsgebieten – nicht nur an der Ems auch an der Weser – fanden sie im Durchschnitt fünfmal so hohe PCB und Dioxinwerte wie binnendeichs. Ihre Experten vom Laves kommen daher zu dem Schluss: "Daraus resultiert die Schlussfolgerung, dass Einträge über den Wasserpfad offensichtlich höhere Schadstoffeinträge verursachen als über den Luftpfad." Auf Deutsch, die Überschwemmungen verschärfen das Problem erheblich.

Schließen Sie eigentlich aufgrund Ihrer eigenen Ergebnisse und Schlussfolgerungen weiter jeglichen möglichen Zusammenhang mit den Sommerstaus komplett aus? Und warum nehmen Sie keine weiteren Proben in dieser Richtung, etwa bei der letzten Schiffsüberführung.

Wir fordern Sie auf, weitere Verschärfungen des Dioxinproblems durch Aufstauungen zu unterlassen. Es ist ein Skandal, dass sich die Landesregierung hier aus wirtschaftlichen Gründen unbekümmert zeigt.

Auch der von Ihnen viel gepriesene Verbraucherschutz ist nicht gewährleistet. Bei fünf von sechs Rindfleischproben an der Ems lag die PCB-Belastung deutlich über dem Auslösewert des Krebsgiftes. Bei einem Tier sogar über dem Summenwert aus Dioxinen und PCB. Trotzdem sehen Sie keinen Handlungsbedarf und fordern Halbtagsbeweidung belasteter Flächen zur Schadstoffreduzierung! Das ist Missachtung des Gesundheitsschutzes vor Krebsgiften.

In unserem Antrag kritisieren wir daher die mangelnde Information der Öffentlichkeit und Falschaussagen. Dabei bleiben wir.

Das Vertrauen in der Region ist massiv gestört. Die Bevölkerung hat das Gefühl, die Regierung will von vornherein jeglichen Zusammenhang mit dem Fluss und den Sommerstaus ausschließen und verweist auf immer neue Möglichkeiten. Letztes Jahr war es der Luftpfad, jetzt soll es überall vorhanden sein. Das erklärt nicht den deutlichen Anstieg des Giftes in den Überschwemmungsgebieten.

Und Sie tricksen bei den Grenzwerten. Sie sagen, das Sediment und der Boden an der Ems seien unbelastet. Fakt ist, dass es gar keinen Grenzwert für Sedimente und Böden gibt, sondern nur für Lebens- und Futtermittel. Und hier haben wir ganz erhebliche Überschreitungen überwiegend auf überschwemmten Flächen. Ich sage nicht, es kommt vom Fluss allein, aber man kann die nachgewiesene Verschärfung der Dioxinbelastung um das Dreifache durch den Sommerstau innerhalb von drei Tagen nicht abstreiten und ausblenden wie es die Landesregierung tut.

"Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen" ist weiter die Devise der Landesregierung zu Umweltproblemen.
In unserem Antrag fordern wir eine unabhängige Untersuchung der Giftproblematik, an der auch kritische Wissenschaftler beteiligt werden sollen.

Etwa Professor Kruse, ein führender Toxikologe. Dieser sagte im NDR am 11.11.2008: "Mir ist schon ungefähr seit 20 Jahren bekannt, dass die flussnahen Marschgebiete belastet sind - durch das Übertreten des Wassers aufs Land. (...) Wenn das Wasser wieder zurückgeht, bleiben die Giftstoffe liegen."
Das Herumstochern der Landesregierung findet er übrigens völlig daneben.

Wir wollen daher eine ehrliche Ursachenanalyse ohne Tabus und auch mit Konsequenzen für die Aufstauungen und Eingriffe an der Ems.
Die Landesregierung hat beim Verbraucherschutz und der Aufklärung des Giftskandals völlig versagt, daher brauchen wir endlich eine neutrale und systematische Ursachenforschung zum Schutz der Bevölkerung.

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