Rede Christian Meyer: Entwurf eines Gesetzes für ein zukunftsweisendes Naturschutzrecht für Niedersachsen

Anrede,

wir legen heute einen aktualisierten "Gesetzentwurf für ein zukunftsweisendes Naturschutzrecht" vor, den wir bereits in ähnlicher Form in der letzten Wahlperiode eingebracht hatten. Zur Einbringung möchte ich meine Vorgängerin zitieren, deren Kompetenz Herr Dürr von der FDP ja letztens so gelobt hat:

"Das Maß ist voll. Wir warten seit Jahren auf die immer wieder vom Umweltministerium angekündigte große Novelle des Naturschutzgesetzes. Bereits 2005 hätte das Bundesgesetz mit den Änderungen von 2002 in niedersächsisches Landesrecht übertragen werden müssen. Niedersachsen hat seine Hausaufgaben im Naturschutz wieder mal nicht gemacht!" – so Kollegin Steiner.

Dieses Zitat macht schon deutlich, dass diese Landesregierung ein weiteres Jahr untätig war. Seit drei Jahren ist mittlerweile die Umsetzungsfrist abgelaufen.

Im letzten Jahr – mit Rücksicht auf die Wahl - haben Sie Ihre Novelle in der tiefsten Schublade verschwinden lassen, vor allem nachdem klar war, dass Minister Sander einen erneuten Kahlschlag beim Naturschutz und den Beteiligungsrechten der Verbände vollziehen wollte.

Anrede,

wir Grüne begreifen – anders als Sie – den Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt als positive Bereicherung für die Menschen.

Ich bin daher sehr dankbar, dass die Deutsche Bank unter Beteiligung des Ökonomen Stern kürzlich im Auftrag der Bundesregierung einmal die positiven Folgen eines intakten Naturhaushalts errechnet hat.

Demnach erbringt die Natur der Menschheit zum Beispiel durch Hochwasserschutz, Filterwirkung und ihre biologische Vielfalt allein in den Naturschutzgebieten Leistungen im Wert von 5 Billionen Dollar pro Jahr. Das ist mehr als die Wertschöpfung der weltweiten Automobil-, Stahl- und Softwareindustrie zusammen!

Ich hoffe, dieser Report zur Weltnaturschutzkonferenz wird ein ähnliches Umdenken einleiten wie der Stern-Report zu den Kosten des Klimawandels.

Anrede,

die Ökonomen zählen auch die Gefahren auf, die ein Nichtstun beim Naturschutz für das Bruttoinlandsprodukt hätte. Ich zitiere: "Die Wirtschaftsleistung werde stark belastet, wenn weiter so viel biologische Vielfalt wie bisher verloren geht". Das trifft auch uns in Niedersachsen.

Naturschutz ist daher gut für den Wohlstand der Menschen und wer immer nur von Einschränkungen durch den Naturschutz redet, macht keine nachhaltige und auch keine sozial gerechte Politik, denn die Armen leiden am meisten unter den Verlusten biologischer Vielfalt. 

Nicht nur deshalb ist ein positives und modernes Naturschutzrecht in Niedersachsen längst überfällig.

In unserem Gesetzentwurf haben wir das europäische Netz Natura 2000 durch eine weitgehende Übernahme des Bundesnaturschutzgesetzes hervorgehoben. Uns ist die Vernetzung von Biotopen wichtig. Wir wollen daher auf 25 Prozent der Landesfläche ein Biotopverbundsystem, um bedrohten Tierarten endlich das Überleben zu ermöglichen.

Und wir fordern: auf mindestens fünf Prozent der Landesfläche mehr Wildnis wagen!

Denn wir können schlecht von Brasilien oder Tansania verlangen, dass dort 50 Prozent der Landesfläche unter Naturschutz gestellt werden, wenn wir selbst keine Wildnisflächen haben.

Damit wollen wir auch ein Zeichen für die Weltkonferenz in Bonn setzen. Die Verpflichtung zum Erhalt der Biodiversität erhält Gesetzesrang.

Nun ein überraschendes Lob für die Landesregierung: Wie ich einer Pressemitteilung entnehmen konnte, haben die Landesforsten im Beisein von Minister Ehlen den von uns geforderten und von Ihnen im letzten Plenum kritisierten "Countdown 2010" gegen das Artensterben feierlich unterzeichnet und sich die dort festgelegten Ziele zu eigen gemacht. Das freut uns, wenn grüne Anträge schon vor dem Ende der Beratung umgesetzt werden. Was Minister Ehlen kann, sollte Umweltminister Sander doch auch können -  oder??

Ich weiß: Einsicht und Vernunft sind bei Herrn Sander etwa so häufig wie das statistische Eintreten eines hundertjährigen Hochwassers, aber vielleicht kann ihn ja das Agrarministerium, das er so gerne gehabt hätte, überzeugen.

Besonders wichtig ist uns auch der Ausschluss des Anbaus genmanipulierter Pflanzen in Schutzgebieten. Was sich die Landesregierung mit dem Genmaisanbau im Biosphärenreservat Elbtalaue zurzeit leistet, ist ein beispielloser europaweiter Skandal. Während Brandenburg Abstandsflächen für giftigen Genmais von 800 Metern zu Schutzgebieten vorschreibt, duldet der Umweltminister in Niedersachsen diese massive Bedrohung der natürlichen Vielfalt in Niedersachsen sogar in der höchsten Schutzzone des Biosphärenreservats. Nach dem Kettensägenmassaker des Wiederholungstäters Sander ist das ein weiterer Skandal der Rücksichtslosigkeit.

Anrede,

wir werden im Ausschuss zu bereden haben, ob die neuen Erkenntnisse der Kanzlerin zum Naturschutz und die Juister Thesen der CDU zum Artenschutz nur Lippenbekenntnisse sind, oder ob wir wirklich gemeinsam den Schutz unserer Lebensgrundlagen vorantreiben wollen. Wenn die CDU wirklich grüner werden will, wie die HAZ kürzlich titelte, muss sie sich endlich von ihrem Umweltminister verabschieden und einen neuen Geist in Niedersachsen einziehen lassen.

Immer mehr Unternehmen und Menschen begreifen die biologische Vielfalt als Schatz, den wir nicht leichtfertig verspielen dürfen. Niedersachsen braucht daher eine vorwärtsweisende Naturschutzpolitik, statt sich ständige Rückschritte durch die Kurzzeitökonomen von der FDP zu leisten.

Und wenn Sie wirklich Politik mit den Menschen machen wollen, diesen Anspruch tragen Sie ja wie eine Monstranz vor sich her, dann müssen Sie den Menschen auch mehr Mitsprache beim Naturschutz geben und sie nicht hinter Bauzäunen aussperren wie bei den Genfeldern in Northeim.

Wir wollen daher in unserem Gesetzentwurf den Naturschutz bürgerfreundlicher machen und die Beteiligungsrechte deutlich stärken. Wir wollen unbürokratischen Zugang zu allen umweltrelevanten Daten und kein Verstecken von Informationen durch die Privatisierung von Landesbetrieben.

Anrede,

als letzten und neuen Punkt in unseren Entwurf haben wir auch eine Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufgenommen. Es geht dort um das Halten gefährlicher Wildtiere. Nach Schätzungen werden derzeit in Privathaushalten fast 250.000 Riesen- und 100.000 Giftschlangen gehalten. Allein über den Flughafen Frankfurt werden jährlich fast eine Million Reptilien, Amphibien, Spinnen und Skorpione importiert. Deren Fang, Einfuhr und Haltung ist ein großes Problem für den Artenschutz und gefährdet auch immer mehr Menschen.

Im Herbst 2007 hat daher Hessen die Haltung gefährlicher Wildtiere in Privathand verboten. Wir schlagen vor diese Regelung auch in Niedersachsen als Beitrag für mehr Sicherheit und für den Schutz bedrohter Wildtiere übernehmen.

Anrede,

Sie merken, bei Grünen ist der Schutz der biologischen Vielfalt nicht nur während der Weltnaturschutzkonferenz Schwerpunktthema.

Wenn wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse ernst nehmen, kommen wir um eine positive Neubewertung des Naturschutzes nicht herum.

Wir Grüne stehen dafür ein und legen ihnen hiermit einen guten Gesetzentwurf für ein zukunftsfähiges, modernes Naturschutzrecht vor!

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