Rede Anja Piel: Unterrichtung der Landesregierung zu VW

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

ich danke zunächst dem Ministerpräsidenten, Stephan Weil, für seine klaren Worte.

Vielleicht hätten Sie, meine Damen und Herren in der Opposition, gern markigere Ansagen, umfassende Deutungen und weitreichende Prognosen gehört. Aber auch wenn man damit gerade jetzt Schlagzeilen produzieren könnte, bin ich sehr dankbar, dass es Herrn Ministerpräsidenten Weil darum hier nicht geht.

Anrede,

ich denke, es ist klar geworden, dass die Landesregierung ihrer Verantwortung für VW nachkommt und dass Stephan Weil und Olaf Lies tun, was sie im Aufsichtsrat dieses Unternehmens eben leisten können, um VW bei der Bewältigung dieser Krise zu unterstützen. Und genau darauf kommt es jetzt an!

Anrede,

es hilft ganz sicher nicht, ständig neue Unsicherheiten zu schüren. Es hilft dem Unternehmen VW nicht. Es hilft aber ganz besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von VW nicht, die ohnehin existentiell von dieser Krise betroffen sind.

Anrede,

aktuell sind besonders Beschäftigte aus der Leiharbeit und im Bereich der Werkverträge betroffen. Gleichwohl haben Meldungen bezüglich eines umfangreichen Stellenabbaus in der Verwaltung für viel Unruhe bei der gesamten Belegschaft gesorgt.

Auszubildende bangen in diesen Tagen, ob sie am Ende ihre Lehre noch auf einen Arbeitsvertrag hoffen dürfen. Und für alle Betroffenen geht es nicht allein ums Geld, sondern um die ganze Lebensgestaltung – die in der Region, das wissen Sie, stark durch VW geprägt ist.

Anrede,

diese Unsicherheiten und Ängste nehmen wir ernst. Wir stehen für Solidarität mit den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen im VW-Konzern, die für manipulierte Abgas-Werte nun wirklich nichts können!

Anrede,

was macht VW so stark? Worauf sollte sich das Unternehmen zurückbesinnen, um seine Stärke zurückzugewinnen?

Der Konzern VW war in der Vergangenheit auch deswegen so stark und erfolgreich, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf der einen Seite und die Führungsspitze auf der anderen Seite eng und verlässlich zusammengearbeitet haben.

In Sachen Mitbestimmung spielt VW schon lange in der Champions League.

In dieser beispielhaften Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung sind grundlegende Entwicklungen und Erfolge gelungen, die diesen Konzern an die Weltspitze der Automobilindustrie gebracht haben.

Umso wichtiger ist es, dass auch in der aktuellen Krisenzeit der Vorstand seinen Teil der Verantwortung erkennt und annimmt.

Und ich bin froh, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat gestern Abend offenbar noch auf eine Lösung verständigt haben.

Es hätte einfach nicht ins Bild gepasst, wenn einerseits Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter gehen müssen, der Abbau von Stellen in der Verwaltung verkündet wird und das Ende der Folgen für die einzelnen Beschäftigten noch nicht abzusehen ist, zugleich aber die Vorstände nicht einmal auf ihre Boni in Millionenhöhe verzichten wollen!

Anrede,

damit wir uns nicht falsch verstehen: Rechtlich ist unstrittig, dass die Zahlungen den Vorständen vertraglich zugesichert sind. Ich bezweifle nur, dass es klug gewesen wäre, darauf zu bestehen.

Anrede,

und auch hier verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Es geht bei den Boni nicht um moralische Empörung. Es geht um Strategie. Das, was VW gegenüber den meisten großen Betrieben auszeichnet, der Markenkern dieses Konzerns, ist das Miteinander von Belegschaft und Management.

Das sollte doch gerade jetzt nicht auf’s Spiel gesetzt werden!

Anrede,

Ich kann Ihnen auch sagen, wo das Geld viel besser angelegt ist. Darin waren Bernd Osterloh und ich uns bei meinem Besuch in Wolfsburg vor Kurzem sehr einig:

Besser angelegt ist es in der Zukunft aller Beschäftigten.

Denn, meine Damen und Herren, der Mobilitätsmarkt verändert sich. VW kann die Krise als Chance nutzen und sich erneuern.

Die Forderung des Betriebsrats nach einem Zukunftspakt, kann dabei zum Leitbild werden. Der Standort, die Beschäftigten und die Zukunft des Unternehmens lassen sich mit einem solchen Pakt sichern. Wir werten es als gutes Zeichen, dass der Vorstand die Offensive „als sehr gute Vorlage für die weitere Arbeit“ wertet und „ausdrücklich das Verhandlungsangebot für einen langfristigen Zukunftspakt" begrüßt. (Das sagte der Personalvorstand der Marke Volkswagen, Karlheinz Blessing, am 7.4.2016 im NDR).

Anrede,

Ökologie und Ökonomie sind keine Gegensätze – schon lange nicht mehr. Wer am Markt – ungeachtet der aktuellen Abgasaffäre – bestehen will, muss sich klarmachen, dass nur eine moderne und nachhaltige Mobilität mittelfristig den Fortbestand eines Konzerns auf dem Automobilmarkt sichern kann.

Wer erfolgreich an der Weltspitze mitmischen will, sollte den Anspruch haben, Vorreiter in den einzelnen Segmenten der neuen Geschäftsfelder zu werden.

Das heißt: intelligentere Mobilität, Multimodalität, mehr Elektromobilität.

Krise als Chance. Wenn der VW-Konzern die Abgasaffäre als Chance nutzt, das Gesamtunternehmen schneller und umfassender auf die Mobilität von morgen auszurichten, dann ist das Spiel noch zu gewinnen. Derselbe Teamgeist, der Generationen von VW Mitarbeiterinnen und Mitarbeiternn dazu gebracht hat, mit ihrem Unternehmen durch Höhen und Tiefen zu gehen, ist jetzt mehr denn je gefragt.

Wir wünschen deshalb allen Beteiligten Kraft für die Herausforderungen der kommenden Wochen und Monate, und der Führungsspitze Weisheit bei allen anstehenden Entscheidungen.

Solidarität ist vor allem dann wichtig, wenn nicht der Erfolg, sondern Lasten geteilt werden.

Vielen Dank.

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