Rede Anja Piel: Gesetzentwurf (Landesregierung) zum Nachtragshaushalt
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
wozu macht man eigentlich einen Nachtragshaushalt?
Wir haben in den vergangenen Jahren aus verschiedentlichen Gründen Nachtragshaushalte verabschiedet,
wir haben dabei zum Beispiel Mittel eingestellt für die Unterbringung von Flüchtlingen,
für die Folgen von Hochwasser und Soforthilfen.
Ja, und jetzt?
Jetzt geht es nicht um dringend nötige Hilfen oder unvorhergesehene Ereignisse.
Kaum hat die Große Koalition angefangen zu arbeiten, fängt sie an, Geld auszugeben. Und zwar massig.
Anrede,
nichts an diesem Nachtragshaushalt ist dringend nötig.
Darum hätte er ganz sicher auch in größerer Ruhe vorbereitet werden können.
Normal ist es, dass in den Fachausschüssen über die Maßnahmen in einem Haushalt unterrichtet wird.
Die Unterrichtungen mussten wir erst beantragen. Sonst hätten Sie dieses Konvolut hier einfach durchgewunken.
Sie schaffen mal eben 100 neue Stellen in den Ministerien.
Erklärungen zu den zusätzlichen Stellen wurden uns erst geliefert, nachdem wir sie abgefragt haben.
Und Zahlen wie beispielsweise die zur geplanten Gebührenfreiheit bei der Kinderbetreuung scheinen eher frei gegriffen als durchgerechnet.
Nebenbei lesen wir in Publikationen, dass Sie offenbar mit den Spitzenverbänden bereits über vielfach höhere Beträge reden als mit uns.
Hier ist doch was faul!
Ich will mir die Schimpfkanonaden eines Abgeordneten Hilbers zu solchem Vorgehen eines Finanzministers gar nicht vorstellen!
Ebenso wenig die Schnappatmung einer CDU in der Opposition, die einen so hastig zusammengestellten Nachtragshaushalt hätte diskutieren sollen.
Gut für Ihre Gesundheit, dass wir anders gearbeitet haben als Sie!
Wir erleben mit diesem Nachtragshaushalt erneut die dokumentierte Zusammenarbeit einer Großen Koalition, die vor allem dadurch zusammengehalten wird, dass genügend Geld da ist.
Genug Geld, um Wahlkampfversprechen einzulösen – wenigstens teilweise – und vielleicht – wie im Falle der Kindergartengebührenfreiheit – nicht sauber durchzufinanzieren.
100 Tage, 100 neue Stellen, das ist der Preis für eine Koalition, die Konflikte mit Stellenaufwuchs zukleistert, statt sie auszutragen.
Parallelstrukturen,
großzügige Tauschaktionen zwischen den Häusern, damit die Farbentreue hergestellt ist,
eine mangelhafte Parlamentsbeteiligung,
zwei Fraktionen, die ihre politischen Listen getrennt voneinander entwickeln und vorlegen,
all das ist nicht nur symptomatisch für diesen ersten Nachtrag. Das wird wahrscheinlich auch zukünftig der Stil sein.
Und wenn eine große Koalition in Berlin feststellt, dass sie eben nicht alles halten kann, was sie den Ländern versprochen hat – dann gibt es halt noch einen Nachtragshaushalt.
Diese große Koalition wird eine teure Zweckgemeinschaft, das ist schon mal klar.
Wir können nur hoffen, dass es in Niedersachsen keine Hochwasser gibt.
Wir können nur hoffen, dass sich die Einnahmen nicht verschlechtern.
Denn bei Ihrer Art des Haushaltens wären wir für solche Fälle schlecht gewappnet.
Vielen Dank.