Rede Anja Piel: Auflösung des Niedersächsischen Landtages
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
ich will hier nicht mehr viel dazu sagen, wie es dazu gekommen ist, dass wir heute über den Antrag zur Auflösung des Landtages sprechen.
Nur so viel: Diese Vorgänge werfen kein gutes Licht auf die parlamentarische Kultur in Niedersachsen.
Es wirft kein gutes Licht auf die politische Kultur, wenn eine Abgeordnete, nachdem sie vor Ort im Wahlkreis von der Basis ihrer Partei nicht mehr aufgestellt wird, einfach die Partei und Fraktion wechselt.
Frau Twesten, im Juni dieses Jahres war von Ihrer grundsätzlichen Unzufriedenheit mit den Grünen noch herzlich wenig zu spüren. Sie schrieben damals in der Bremervörder Zeitung: - ich zitiere –
„Nachhaltig Grün: Wer mitgestalten will muss Position beziehen… Frieden, Freiheit, Umweltschutz und Gleichberechtigung: Für keine andere Partei sind diese Ziele so grundlegende Bausteine ihrer DNA wie für die Grünen. Und nie waren diese Ziele wichtiger als jetzt (…) Keine andere Partei wird aktuell gerade so sehr gebraucht wie die Grünen.“
Das stammt aus Ihrem Beitrag! Der ist noch keine zwei Monate alt und heute (!) sitzen Sie überzeugt in den Reihen der CDU.
Den Wechsel in der Gesinnung verstehe ich nicht, das spielt aber auch keine Rolle. Und sicher ist, Sie sind als Abgeordnete frei in Ihren Entscheidungen.
Aber glaubwürdiger wäre es gewesen, wenn Sie mit dem Wechsel der Partei ihr Mandat niedergelegt hätten. Nicht mir, nicht uns zuliebe. Sondern dem Ruf der parlamentarischen Demokratie in Niedersachsen zuliebe.
Anrede,
es wirft kein gutes Licht auf den Landtag, wenn der Verdacht aufkommt, dass dieser Wechsel auf Angebote zurückgeht. Die Beteiligten wissen selbst, was an den Vorwürfen dran ist – ich weiß es nicht.
Es wirft übrigens auch kein gutes Licht auf den Landtag, wenn der Eindruck entsteht, die Opposition nutze diese Situation, um obendrein noch eine unfaire Kampagne gegen den Ministerpräsidenten zu starten.
Wenn Sie, Herr Bode und Herr Toepffer, Ihre Oppositionsrolle wahrnehmen wollen, ist das völlig in Ordnung. Aber dann bleiben Sie doch bitte redlich.
Nicht nur, dass Sie bereits seit der Unterrichtung im Wirtschaftsausschuss 2016, dass MP Weil seine Regierungserklärung zu VW von den Juristen des Konzerns hat rechtlich prüfen lassen. Sie, Herr Bode und der ehemalige Ministerpräsident McAllister, haben sich offenbar ganz selbstverständlich von VW in die Feder diktieren lassen! Das zu verschweigen wirft nicht nur ein schlechtes Licht auf die politische Auseinandersetzung und Arbeit in Niedersachsen. Das ist Heuchelei.
Wir werden die Gelegenheit haben, dies genauer zu betrachten.
Anrede,
kein gutes Licht auf die politische Kultur wirft übrigens auch die Diskussion über den Termin der Neuwahlen.
Ich verzichte hier darauf, aus den internen Runden zu berichten. Ich kann aber in Richtung von Herrn Thümler und Althusmann nur eines sagen: Ich finde es erschütternd, dass Sie nach der umfänglichen Information durch die Landeswahlleiterin immer noch so tun, als wäre der 24. September der geeignetere Wahltermin.
Vielleicht wäre er praktischer für Sie gewesen. Aber hätte das denn für alle funktioniert??
Wollten sie tatsächlich Fristen, etwa für die Briefwahl, verkürzen? Eine solche Verkürzung trifft doch vor allem die älteren Menschen. Und es trifft die mit Handicaps, die etwa aufgrund einer Sehbehinderung darauf angewiesen sind, dass die Briefwahl auch barrierefrei möglich ist.
Der 15. Oktober ist der schnellstmögliche Wahltermin, der rechtssicher umsetzbar ist. Und darum ist dieser Wahltermin vernünftig. Und darum haben wir uns dafür eingesetzt!
Ich mache mir keine Illusionen: Der Wahlkampf, der jetzt beginnt, wird hart. Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, haben ja bereits den Pfad der Redlichkeit verlassen.
Wir von den Grünen wollen unsere erfolgreiche Arbeit fortsetzen. Wir haben viereinhalb Jahre gemeinsam mit der SPD gut gearbeitet. Wir sind jetzt erst recht hoch motiviert, unsere politischen Projekte weiter voranzutreiben.
Eine ganze Reihe von Gesetzesvorhaben, die bereits in den parlamentarischen Beratungen sind, werden wir jetzt in dieser Wahlperiode nicht mehr beschließen können. Die Wählerinnen und Wähler wissen aber, worauf sie sich verlassen können, wenn sie am 15. Oktober Grün wählen:
- Ein Wassergesetz, mit dem wir die Wasserqualität in Niedersachsen verbessern werden.
- Ein Transparenzgesetz, damit sich Bürgerinnen und Bürgern besser informieren können.
- Ein Gleichberechtigungsgesetz, das den Namen auch verdient.
- Ein Agrarstruktursicherungsgesetz, das die bäuerliche Landwirtschaft sichert.
Anrede,
jetzt ist es besonders wichtig, dass die Mehrheitsverhältnisse im Parlament wieder dem Willen der Wählerinnen und Wähler entsprechen.
Darum meine Bitte: Fernab von allen Sachdebatten, die ich sehr schätze, sorgen Sie mit uns gemeinsam wieder dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger am 15. Oktober in großer Zahl zur Wahl gehen.
Wenn Teile dieses Parlament sich aber aufführen wie die Akteure der Serie House of Cards, sind die Bürgerinnen und Bürger zurecht frustriert von der Demokratie.
Lassen Sie uns das gemeinsam verhindern.
Herzlichen Dank!