Rede Anja Piel: Aktuelle Stunde (GRÜNE) zur Milchkrise

- Es gilt das gesprochene Wort -

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Anrede,

die aktuelle Entwicklung der Milchpreise ist dramatisch. Der Preisverfall begann spätestens 2006, mit der Aufstockung der Milchquote. Inzwischen hat sich die Lage aber derart zugespitzt, dass ein Liter Milch nur noch um die 20 Cent kostet.

Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Björn Thümler, hatte noch 2014 für Christian Meyers Forderung nach einem EU-weiten Mengenregulierungssystem für die Milch- und Fleischerzeugung nur höhnische Worte übrig. Ich zitiere: „Meyers angebliche Überkapazitäten sind Ammenmärchen!“

Kollege Thümler,

die meisten Ammen verstehen von Milch vermutlich mehr als Sie. „Meyers Ammenmärchen“ ist für die Milchbäuerinnen und -bauern längst bittere Realität. Denn unbestritten haben wir es derzeit mit massiven Überproduktion zu tun.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie machen es sich nach wie vor zu leicht mit der Einschätzung, es handele sich ausschließlich (ich zitiere aus Ihrem Antrag) um einen weltweiten Nachfragerückgang und Marktversagen im Inland, verursacht durch einen übermächtigen Lebensmitteleinzel-handel, der von nur noch fünf Unternehmen dominiert wird.

Anrede,

das eigentliche Problem ist ganz einfach: Die Milchmenge in der EU ist seit Wegfall der Milchquoten um 6,1 Millionen Tonnen beziehungsweise 3,8% angestiegen. Und Deutschland ist leider Teil dieser Fehlentwicklung.

Anrede,

um zu verstehen, dass ein zu hohes Angebot den Preis ruiniert, muss man nicht mal Betriebswirtschaft studiert haben, dafür reicht auch schon eine solide kaufmännische Ausbildung.

Aber: Politische Verantwortung ist an dieser Stelle mehr, als einfach auf die Selbstregu-lierung des Marktes zu hoffen. Das können auch Sie (Ansprache Opposition) nicht wirklich wollen.

Meine Damen und Herren,

Sie wissen genau wie ich: In der Landwirtschaft herrscht ohnehin kein freier Markt. Subventionen fließen nicht erst seit gestern. Wenn aber gefördert wird, so liegt es in unserer politischen Verantwortung, wie und was gefördert wird.

Bei der Milchproduktion allein auf die den Markt zu vertrauen, wäre aber auch falsch, weil Landwirte eben mehr sind als nur Unternehmer.

Nein, Niedersachsens Milchbauern schützen unsere Allgemeingüter! Sie leisten einen wichtigen Beitrag zum Grundwasser-, Hochwasser- und Klimaschutz, ebenso auch zum Tier- und Artenschutz.

Das können sie aber nur, wenn sie nicht um Ihre Existenz fürchten müssen, sondern wenn gesichert ist, dass sie mit ihren Erträgen ihre Familien ernähren können, die Zukunft ihrer Kinder und die Pflege ihrer alten Leute organisieren können! Hierfür zu streiten, ist unsere und – mit Verlaub – auch Ihre Pflicht, meine sehr geehrten Abgeordneten von der CDU und FDP.

Anrede,

die rot-grüne Landesregierung und insbesondere unser Landwirtschaftsminister arbeiten hart daran, in Niedersachsen die Fehler der Vergangenheit auszugleichen. Mit dem politisch gewollten Prinzip „Wachse oder Weiche“ haben sich die Höfe in Deutschland zwischen 1999 und 2015 in Deutschland halbiert!

Anrede,

mit dem Weidemilchprogramm, der Ausgleichszulage für Grünland und diversen Agrarumweltprogrammen können wir in Niedersachsen zielgerichtet fördern und gleichzeitig die Produktionsmengen reduzieren. Auch die Förderprämie für die Umstellung von konventioneller auf eine ökologische Produktion kann und soll niedersächsischen Unternehmen eine wirtschaftliche Perspektive bieten.

Aber das reicht noch lange nicht. Lösungen müssen aus Berlin und Brüssel kommen.

Anrede,

ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen.

Ein vernünftiger Ansatz zur Mengenregulierung wäre etwa das indexbasierte Marktverantwortungs-programm. Sind die Preise aufgrund von Überkapazitäten nicht mehr kostendeckend, wird zuerst auf freiwillige Mengenreduktion gesetzt. Erst wenn das nicht hilft, zieht die verpflichtender Mengenreduktion. Dieses Mengensteuerungssystem ist abgestuft und tritt also nur in Krisenzeiten in Kraft. Das wäre ein guter Kompromiss.

Anrede,

es ist klar, dass eine solche Steuerung nur auf europäischer Ebene erfolgen kann. Und dafür muss sich der Bundesagrarminister, Herr Schmidt, in Brüssel einsetzen.

Und Sie wiederum, meine Damen und Herren von der CDU, tragen die Verantwortung, diese Forderung an den Kollegen Ihrer Schwesterpartei auch mal heranzutragen. Das sind Sie den niedersächsischen Landwirten schuldig!

Anrede,

unser Agrarminister Meyer setzt sich in Berlin und Brüssel für unsere Landwirte ein – so man ihn denn lässt. Wenn nun Niedersachsen nicht mit seinem Minister beim Milchgipfel vertreten ist, haben Sie natürlich zweifellos als Opposition ein Zeichen gesetzt. Ob Sie damit den Michbauern einen Gefallen getan haben, bezweifle ich sehr.

Vielen Dank!

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