Rede Anja Piel: Aktuelle Stunde (GRÜNE) zur Landeszentrale für politische Bildung

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

ich habe letztens mit einem Mann geredet, etwas älter als ich. Der sagte, er habe das Gefühl, alles um ihn herum werde immer komplexer und schneller. Man komme gar nicht mehr hinterher. Dieser Mann hat die Zeitung abbestellt. Einen Fernseher brauche er auch nicht, sagt er. Er lebe vegetarisch, spare Strom, mache Yoga – Politik aber gehe ihn nichts mehr an.

Es gibt auch Leute, die machen es genau anders herum. Die ziehen sich gerade nicht zurück, sondern nutzen die neuen Medien. Und einige lassen sich dort von Verschwörungstheorien einlullen, lassen sich von Leuten aufstacheln, die Hass sähen. Oder sie beschimpfen und bedrohen selbst andere.

Die einen ziehen sich also ins Private zurück. Die anderen nutzen das Internet als Kampfmittel – gegen Minderheiten genauso wie gegen das sogenannte „Establishment“.

Anrede,

gefährlich ist beides: der Rückzug ebenso wie der Feldzug im Netz.

Beide Phänomene stehen für eine Verunsicherung. Die Welt verändert sich an allen Ecken und Enden. Und die Medienlandschaft, die dabei helfen könnte, die Veränderungen in der Welt begreiflich zu machen, verändert sich selbst so stark, dass man leicht den Überblick verliert.

Nachrichten, die im Internet kursieren, haben keine Leitplanken. Keine Redaktion, die bestimmt, was in den Tagesthemen gesendet oder in der Süddeutschen gedruckt wird. Keine Journalistin, die vermittelt und einordnet.

Einige nutzen das, um Stimmungen zu steuern. Wer das technische Know how hat, kann Meinungsroboter installieren, die Lügen verbreiten oder Stimmungen zusätzlich verstärken.

Solche Manipulatoren brauchen allerdings auch Menschen, die sich manipulieren lassen. Fake News verbreiten sich deshalb so schnell, weil sie geteilt werden. Und geteilt werden sie, weil es Menschen gibt, die nicht genau hingucken – denen es vielleicht auch nicht so wichtig ist, ob es wahr ist, was da behauptet wird.

Manipulatoren haben insbesondere dann leichtes Spiel, wenn sich ihre Gegner zurückziehen. Denn: Wenn wir Unwahrheiten nicht als solche benennen, geben wir ihnen Legitimität. Marina Weisband hat das – übrigens bei Facebook – klug in Worte gefasst. Sie schreibt:

„Wenn du steif und fest behauptest, der Himmel sei grün, ist dein Ziel nicht, dass ich dir glaube. Dein Ziel ist, das so lange zu tun, bis ich sage: Das ist deine Meinung. Ich habe meine. Niemand kann objektiv sagen, welche Farbe der Himmel hat. So legitimiert man das offensichtlich Falsche.“

Anrede,

machen wir uns aber nichts vor. Fake-News können wir nicht verbieten. Wir werden das Problem auch nicht allein dadurch lösen, dass wir Hetze im Internet juristisch verfolgen. Sicher, was strafbar ist, muss verfolgt werden. Aber in einem freien Netz wird es immer auch Hetze und Lüge geben.

Eine freie und demokratische Gesellschaft braucht kritische Bürgerinnen und Bürger nicht nur auf der Straße. Sie braucht sie auch im Netz.

Menschen, die in der Lage sind, Nachrichten zu prüfen, kritisch zu lesen. Unsinn zu erkennen und sich-auch bei der Auseinandersetzung im Netz- respektvoll zu begegnen.

Aber diese Kompetenzen müssen immer wieder erlernt werden. Und genau dafür gibt es die neue Landeszentrale für Politische Bildung.

Die Landeszentrale wird in Zukunft die Arbeit und die Angebote vieler Akteure der politischen Bildung bündeln. Es gibt ja bereits Träger, die schon lange im Feld der politischen Bildung unterwegs sind. Denen machen wir keine Konkurrenz. Sondern wir schaffen einen Ort der Vernetzung.

Und: Die Landeszentrale wird Medienkompetenz zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen. 

Das Land Niedersachsen investiert mit dieser Landeszentrale in die eigenen Grundlagen: In kritische und aufmerksame Bürgerinnen und Bürger. In Bürgerinnen und Bürger, die sich den neuen Medien nicht verweigern, die sie aber verantwortungsvoll nutzen.

Anrede,

vor über zwölf Jahren hatten wir schon einmal eine Landeszentrale. 2004 haben CDU und FDP sie für überflüssig erklärt und geschlossen. Mitten in einer Zeit, in der junge Leute dringend darauf angewiesen waren, sich über die neuen Medien und Themen wie z.B. Cyber Mobbing auszutauschen. Mitten in einer Zeit der drastischen Entwicklungen der Nachrichten- und Medienlandschaft, die eine Landeszentrale hätte begleiten können und müssen.

Meine Damen und Herren von der Opposition,

Sie haben die Macht der neuen Medien damals unterschätzt und Sie haben nicht verstanden, wie wichtig Medienkompetenz ist.

Bestes Beispiel dafür war der Ministerpräsident, der das Ganze zu verantworten hatte. Dem hätte etwas mehr Medienkompetenz nämlich sicher nicht geschadet. Und es hätte ihm auch nicht geschadet, auf kritische Bürgerinnen und Bürger zu setzen, anstatt auf schöne Inszenierungen und Home Storys.

Gut, dass Sie hinsichtlich der Landeszentrale inzwischen an unserer Seite stehen. Gut, dass wir uns inzwischen über Fraktionsgrenzen hinweg einig sind, welch bedeutende Rolle die Landeszentrale für die politische Bildung in Niedersachsen einnehmen kann.

Anrede,

Die neue Landeszentrale wird nicht das Internet befrieden.  Aber sie hilft uns dabei, Verbündete zu finden für den Kampf gegen Hetze und Lügen im Netz.

Vielen Dank!

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