Rede Anja Piel - Aktuelle Stunde GRÜNE: 3 Jahre Fukushima – Schrecken ohne Ende! Was lernen wir aus der andauernden Atomkatastrophe?

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

gestern berichtete die DPA, dass in der Atomruine von Fukushima erneut ein störanfälliges Filtersystem zur Beseitigung von radioaktiven Strahlen ausgefallen ist. Und das nur wenige Stunden nach Wiederanfahren des Systems…

Auch drei Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima ist die Lage vor Ort nicht unter Kontrolle.

Drei Jahre Fukushima – Schrecken ohne Ende für die Betroffenen!

Wir gedenken der Opfer der Tragödie rund um Erdbeben, Tsunami und der Havarie der Atomkraftwerke in Fukushima – ja. Unbedingt. Das Gedenken ist wichtig.

Aber wie werden wir unserer Verantwortung gegenüber den Opfern dieses Super-GAUs und den potentiellen Opfern möglicher Unfälle mit der Atomkraft gerecht?

Was haben wir aus der andauernden Katastrophe in Fukushima gelernt?

Es ist gut und richtig, drei Jahre nach Fukushima und fast 30 Jahre nach Tschernobyl endlich Katastrophenschutzpläne zu überprüfen und Zuständigkeit auf Landesebene zu bündeln, um für den Fall einer Katastrophe größtmöglichen Schutz für die Bevölkerung zu erreichen.

Doch werden wir damit der Lage gerecht?

Nein, denn wir können in Japan deutlich sehen: sollte etwa in Grohnde oder im Emsland – beide Akws sind aus den achtziger Jahren – etwas passieren, dann sind die Möglichkeiten, die Menschen dort vor den Folgen einer Strahlenkatastrophe tatsächlich zu schützen, sehr begrenzt.

Der einzige wirklich effektive Schutz vor diesen Katastrophen ist der Ausstieg aus der Atomkraft!

Doch obwohl Atomkraft eine nicht zu beherrschende Risikotechnologie ist, laufen die Meiler auch in Niedersachsen noch weitere acht Jahre – jedes Jahr werden die Atomreaktoren älter, jedes Jahr werden sie störanfälliger.

Aber auch wenn alles viel schneller gehen könnte, will ich zugeben: mich hat der breite Konsens für einen Atomausstieg gefreut und beeindruckt.

Und ich setze sehr viel Hoffnung in den Konsens für eine ergebnisoffene Endlagersuche.

Und darum wünsche ich mir, dass wir als Niedersachsen gemeinsam nach vorne denken. Wir sollten alle diejenigen, die die Bilder aus Fukushima und Tschernobyl bereits verdrängt haben, und schon wieder über Laufzeitverlängerungen nachdenken, daran erinnern, dass wir schonmal weiter waren.

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

auch wenn wir für die Opfer in Japan wenig tun können, so können wir doch in Deutschland und hier in Niedersachsen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, dass eine echte Energiewende der Katastrophe von Fukushima Rechnung trägt!

Wir können in Niedersachsen gemeinsam unseren Einfluss dafür geltend machen, dass die Suche nach einem geeigneten Standort für den strahlenden Müll endlich beginnt.

Wir Niedersachsen haben die Verantwortung, alles daran zu setzen, dass das Märchen vom billigen Atomstrom nicht weiter erzählt und damit der Ausbau der Erneuerbaren Energien gebremst wird.

Die Wahrheit ist: Die Kosten und Risiken der Atomenergie wurden über Jahrzehnte und werden noch viele Jahrzehnte lang den Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufgebürdet.

Atomstrom war nie billig, nur weil seine Kosten nicht in der Stromrechnung abgebildet werden.

Unsere Energieversorgung aber ist niemals nur Wirtschaft – sie wird als wichtiger Teil der Daseinsvorsorge immer auch politisch sein.

Die Erneuerbaren Energien bringen uns die Chance, Energieversorgung demokratisch zu gestalten, was bei Atomstrom nie möglich war.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen:

Die Reform des EEGs darf nicht zur Bremse werden:

Niedersachsens große Potenziale für Wind- und Sonnenstrom müssen auch weiterhin genutzt werden, und nicht nur die großen Stromerzeuger sollen davon profitieren können, sondern weiterhin auch Bürgerenergiegesellschaften, kleine und große kommunale Stadtwerke.

Die Energiewende bietet nicht nur die Möglichkeit, die Abhängigkeit von Ressourcen zu reduzieren, sondern auch erstmalig die Chance, dass nicht mehr die Kosten, sondern der Nutzen der Energieerzeugung auf viele verteilt wird.

Der Ausstieg aus der Atomenergie ist die Riesenchance, unseren europäischen Nachbarländern und natürlich auch den Menschen in Japan zu zeigen:

Wir stehen für eine Energiewende in der Hand der Bürgerinnen und Bürger, wir stehen für einen Klimaschutz von unten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen:

Es geht beim Atomausstieg in Deutschland und bei der Energiewende, ja auch bei dem Bemühen um ein transparentes Verfahren für eine ergebnisoffene Endlagersuche, nicht nur um uns.

Als wir Grüne 2011 bei unserem Bundesparteitag der Fraktion im Bundestag ein Votum gaben, dem Konsens für einen Ausstieg zuzustimmen, durfte ich vom Präsidium aus zahlreiche Gäste aus Japan und aller Welt begrüßen.

Ich erinnere mich sehr gut an all die Hoffnung, die an diesem Tag ausgesprochen wurde.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass diese Hoffnungen nicht enttäuscht werden!

Wir haben die Chance und die Verantwortung, zu zeigen, wie eine Energieversorgung in Europa erstmals ohne die Risiken der Atomkraft funktioniert, lassen Sie uns diese einmalige Chance nicht leichtfertig verspielen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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