Rede Anja Piel: 70 Jahre Niedersachsen

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- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

das Jubiläum, das wir heute noch einmal feiern, mag in Bayern oder Sachsen, sagen wir, niedlich wirken.

70 Jahre Niedersachsen.

Wo andere auf eine tausendjährige Geschichte zurückblicken, sich in Lokalpatriotismus und Folklore ergehen, und eine gemeinsame Identität feiern, blicken wir auf gerade mal 70 bundesrepublikanische Jährchen zurück. Auf die Geschichte eines Landes, das durch einen Verwaltungsakt der britischen Militär-Regierung gegründet wurde. Und das sich nun wirklich nicht durch Homogenität auszeichnet – weder landschaftlich, noch kulturell oder historisch.

Anrede,

im Niedersachsenlied heißt es:

„Eine feste Burg und Wehr

Fest wie unsre Eichen

halten alle Zeit wir stand,

Wenn Stürme brausen

Übers deutsche Vaterland.“

Mit Verlaub: Es verhält sich in Wirklichkeit etwas anders.

Niedersachsen ist erst das Produkt eines Sturmes. Eines Sturmes, den Deutsche entfacht haben. Ein Sturm, der Europa verwüstet hat.

Die Gründung des Landes Niedersachsen fällt in die unmittelbare Nachkriegszeit.

Es ist die Zeit der Gründung der Bundesrepublik.

Es ist die Zeit der Verabschiedung des deutschen Grundgesetzes.

Und es ist die Zeit der Entstehung der Parteien. SPD und FDP gründeten 1947 Landesverbände. Bis sich die CDU dagegen zu einem gemeinsamen niedersächsischen Verband zusammentat hat es, bezeichnenderweise, bis 1968 gedauert!  1968 hat eben einige Umwälzungen hervorgebracht.

Anrede,

wenn wir das Gründungsjubiläum unseres Bundeslandes feiern, dann feiern wir auch die neue demokratische und föderale Struktur der Bundesrepublik. Wir erinnern daran, dass das politische System, in dem wir jetzt leben, seit 70 Jahren ein Versprechen einlöst. Das Versprechen von Frieden, Stabilität und Freiheit, von Wohlstand, von Offenheit und Rechtsstaatlichkeit.

Das ist alles andere als selbstverständlich. Zwei Jahre vor Gründung des Landes Niedersachsen herrschte Krieg. Und es starben in den Konzentrationslagern in Auschwitz und Bergen-Belsen Menschen. Dass hierauf eine Zeit des Friedens und der Demokratie folgte, die uns heute erlaubt, 70 Jahre Niedersachsen zu feiern, ist überhaupt nicht selbstverständlich.

Anrede,

und das lernen wir nicht nur mit Blick auf die Geschichte. Das lernen wir auch mit Blick auf die Gegenwart. Den Verfassungsstaat mit seinem Bekenntnis zu Freiheit, Demokratie und Menschenrechten müssen wir alle immer wieder verteidigen.

Wir müssen sie ganz besonders jetzt verteidigen. Denn das, wofür der Neuanfang in Niedersachsen steht, stößt heute bei einigen auf Misstrauen und Ablehnung. Rechtspopulistische Parteien für diesen Mangel an Vertrauen nur ein Symptom.

Anrede,

Niedersachsen haben immer wieder bewiesen, dass engagierte und politische Menschen sind.

Ich erinnere etwa an die Unterstützung von Geflüchteten.

Nach dem Krieg kamen Menschen, nach der Wende kamen Menschen. Für die Boat-People in den 70er Jahren hat sich insbesondere Ernst Albrecht eingesetzt. Die vielen Helferinnen und Helfer von heute setzen diese Tradition der Offenheit fort. Menschlichkeit hat die Mehrheit in Niedersachsen!

Anrede,

ich erinnere auch an die ausdauernden und erfolgreichen Proteste gegen Rechtsextreme, etwa in Bad Nenndorf. Der Hass, der von einigen ausgeht, trifft auf den Widerstand vieler. Auch hier: Menschlichkeit hat die Mehrheit.

Und ich will auch an den wichtigen, und wie ich finde auch richtigen, Protest von Tausenden gegen intransparente Entscheidungen für das Atomendlager in Gorleben erinnern. Die Menschen passen auf. Und sie setzen sich zur Wehr, wenn sie sich nicht angemessen repräsentiert fühlen.

Anrede,

ich wünsche mir, dass die Niedersachsen und die niedersächsische Politik sich auch in Zukunft so wach und einsatzbereit zeigt, wie sie es in der Vergangenheit so oft getan hat.

Können wir das? Um es mit dem neuen Slogan des Landes Niedersachsen zu sagen: Klar. Klar können wir das. Klar, denn: Niedersachsen packt an.

Vielen Dank!

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