Rede Andreas Meihsies: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Gemeindeordnung und der Niedersächsischen Landkreisordnung

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Anrede,
wir entscheiden heute abschließend über die Ausgestaltung der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) und der Niedersächsischen Landkreisordnung (NLO).
Die Alternativen liegen auf dem Tisch.
Der Gesetzentwurf meiner Fraktion setzt Maßstäbe für eine moderne Bürgergesellschaft.
"Die niedersächsische Gemeindeordnung setzt bürgerschaftlichem Engagement zu enge Grenzen.
Daher finden in Niedersachsen, z.B. im Vergleich zu Bayern, viel weniger Bürgerbegehren und Bürgerentscheide statt.
Wer das ehrenamtliche und bürgerschaftliche Engagement fördern will, muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend anpassen. Wir setzten uns aus diesem Grunde für eine Novellierung der NGO ein.
Planfeststellungs- und Bauleitverfahren sollten zukünftig auch in Niedersachsen als Themen und Anlässe für Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zulässig sein, da viele, die Bürger bewegende, Fragen von diesen Verfahren berührt werden.
In Bayern, Hessen und Sachsen sind diese Themenbereiche zugelassen.
Wir setzten uns dafür ein, im Rahmen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden die Anforderung des Kostendeckungsvorschlags zu streichen, da sie durch die Rechtsprechung eine zu hohe Hürde darstellt und nicht notwendig ist, was sich empirisch beweisen lässt.
Die nötigen Unterschriftenzahlen für ein Bürgerbegehren sind im Rahmen einer Novellierung der NGO auf das bayerische bzw. nordrhein-westfälische Niveau zu senken.
Das Zustimmungsquorum von 25 Prozent der Stimmberechtigten bei Bürgerentscheiden ist zu streichen oder zu senken. Es bietet sich eine Staffelung nach Einwohnerzahl der jeweiligen Gemeinde an, so wie in Bayern.
Für Bürgerentscheide sollen künftig die gleichen Bedingungen wie bei Wahlen gelten (Benachrichtigung, Briefabstimmung, Anzahl der Wahllokale).
Durch eine in der NGO neu einzuführende Fairnessklausel wird Chancengleichheit und eine ausgewogene Information der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet. Der Anspruch des § 22b NGO, Bürger an Meinungs- und Willensbildung zu beteiligen, bleibt unerfüllt. Ein Blick auf sämtliche Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Niedersachsen sowie ein Blick über die Grenzen in andere Bundesländer offenbart schwerwiegende Mängel, die der Gesetzgeber ausbessern sollte."
Anrede,
lassen Sie diese Sätze ruhig auf sich wirken.
Dies ist kein Zitat aus dem Wahlprogramm der grünen Partei; es ist ein Zitat aus einem Antrag des Oldenburger Stadtverbandes der CDU aus dem September 2003.
Minister Stratmann, Sie sind der Urheber dieses Antrages, der unter der Überschrift "Bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement fördern" von Ihnen persönlich eingebracht wurde .
Anrede,
das Gegenteil von dem, was Sie in Oldenburg propagiert haben wird heute von der CDU und der selbst ernannten Bürgerrechtspartei FDP beschlossen.
Die Chance für mehr Bürgerrechte, für mehr direkte Demokratie, für mehr bürgerschaftliches Engagement wurden von dieser Landesregierung nicht einmal im Ansatz genutzt.
Diese Landesregierung hat augenscheinlich Angst vor ihren Bürgern und betrachtet sie als Störenfriede.
Diese Landesregierung nimmt den Bürgern Beteiligungsrechte statt diese zu erweitern.
"In einem liberalen Rechtsstaat müssen die Menschen die Möglichkeit erhalten, die Gesellschaft zu gestalten und wichtige Entscheidungen zu treffen. Daher setzten wir uns sehr engagiert für die Stärkung der Bürgerrechte ein". So die FDP in Nordrhein-Westfalen.
Bei der niedersächsischen FDP ist mit der Zustimmung zu diesem Gesetz endgültig der Lack als Bürgerrechtspartei ab.
Als liberaler Arbeitskreis der CDU hat die FDP als Sachwalterin der Bürgerrechte kläglich versagt.
Anrede,
und mit den Bürgerrechten werden gleichzeitig noch schnell die Frauenbeauftragten mit abgewickelt. Angesichts dessen wirkt die landesweite Initiative der Sozialministerin von der Leyen für eine Balance Familie–Beruf nur noch wie schlechte Satire.
Fast 20 Umwandlungen bei den Frauenbeauftragten in die Ehrenamtlichkeit und Nebenämter stehen in der nächsten Zeit in ganz Niedersachsen an.
Diese angekündigte Abwertung der Position der Frauenbeauftragten zeigt noch einmal deutlich, wo die gut dotierten CDU-Herrenriegen in den Kommunen die Frauen am liebsten sehen: auf den billigen Plätzen im Ehrenamt.
Satt die Gerechtigkeitslücke bei der Verwirklichung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen zu schließen, wird diese Lücke noch vergrößert.
Anrede,
zwei Jahre nach dem Regierungswechsel in Niedersachsen ist der Lack ab von dieser Regierung.
So viel Bürgerfeindlichkeit, so viel Frauenfeindlichkeit findet die Zustimmung der Grünen nicht, wir lehnen ihren Gesetzentwurf ab!

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